Für die Liebsten nur das Beste: Die Abendblatt-Regionalausgabe Pinneberg stellt immer montags Kindergärten aus dem Kreis vor. In dieser Folge: Der Waldorfkindergarten in Relingen
Rellingen. „Waldorfkindergarten? Das sind doch die mit der Eurythmie, diesem komischen Ausdruckstanz. Du wirst den Namen Hamburger Abendblatt wohl erst tanzen müssen, bevor die dich da reinlassen“, frotzelte die Freundin. Von anderer Seite kam: „Da lernt man ja nichts, die sind doch weltfremd!“ Auch Petra Habedank, eine der sechs Pädagoginnen des Waldorfkindergartens in Rellingen, kann viel von Vorurteilen berichten. „Zu viel heile Welt, das hören wir oft.“
Wieso weckt der Begriff Waldorf nach wie vor bei vielen das Bild eines typischen Ökokindes, das in einer heilen Welt aufwachsen soll?
„Der erste Eindruck kommt sicherlich daher, weil wir kein herkömmliches Spielzeug haben“, erzählt Frau Habedank. Und tatsächlich findet man in den Gruppenräumen viele Körbe mit Steinen, Holzstücken oder Bändern. Es ist Spielzeug, das Kinder „mit allen Sinnen erleben können, um kreativ zu werden“.
Das Konzept des Waldorfkindergartens geht zurück auf die Lehren Rudolf Steiners (1861–1925), dem Begründer der Menschenkunde Anthroposophie und des anthroposophischen Erziehungskonzepts, der Waldorfpädagogik.
Der Natur- und Geisteswissenschaftler sah in jedem Kind eine einmalige, unantastbare Individualität. Im Zentrum seiner Pädagogik steht die Nachahmung. Kernelemente sind aber auch feste Rhythmen im Tages- und Wochenablauf, die den Kindern Sicherheit verleihen sollen, ebenso wie vielfältige Sinneserfahrungen, viel Bewegung und ein starker Bezug zu den Jahreszeiten.
Es ist 7.30 Uhr in der Jahnstraße 5, die ersten Kindern trudeln ein. Jedes Kind wird begrüßt. Nach dem Umziehen steht das erste Freispiel auf dem Programm. An den Tischen kann gebastelt werden, es gibt Holzfiguren, die Puppen- oder die Kuschelecke. Die Erzieherinnen sind Beobachter, sie greifen nur bei Streitigkeiten ein. „Die Kinder sind frei, um nachzuahmen, was sie in der Welt der Erwachsenen beobachten. Der eine Junge wird zum Bauarbeiter, ein anderer zum Polizist, die Mädchen spielen gerne Frisör. Ein Stück Holz wird zum Handy oder einem Auto. Sie spielen uns nach und können sich daher leichter in der Erwachsenenwelt zurechtfinden“, berichtet Habedank. Der Tag ist so strukturiert, dass sich Freispiel und rhythmisch-musikalische Teile wie das Reigenspiel mit seinen Tanzelementen abwechseln, häufig unterstützt von Gesang, „der die Kindern zur Ruhe bringt“, so Habedank.
Nach dem Frühstück geht’s hinaus in den Garten zum zweiten Freispiel. Auch hier finden die Kinder nur wenig vorgefertigte Spielsachen. Nach einer Stunde Toben klingt der Vormittag ruhig aus: Während des Stuhlkreises werden Geschichten erzählt oder ein Spiel gespielt. Die Vormittagskinder werden von den Eltern abgeholt, die Nachmittagskinder bereiten sich auf das Mittagessen vor. Mit einer Geschichte geht der Tag schließlich zuende.
Es gibt viel Schönes und Gutes im Waldorfkindergarten: die künstlerischen und handwerklichen Tätigkeiten, das Leben mit der Natur und mit Naturmaterialien sind die Schwerpunkte dieser Pädagogik. Systematische vorschulische Bildung wie beispielsweise mit dem Würzburger Sprachprogramm gibt es hier nicht.