Für die Liebsten nur das Beste: Das Abendblatt stellt in einer Serie Kindergärten aus dem Kreis vor. Heute: Der Heilpädagogische und Nachbarschaftskindergarten in Appen-Etz.

Appen. Die Eltern von Michael haben im Kindergarten Appen-Etz einen Platz für ihren Sohn gefunden. Der Vierjährige ist sowohl körperlich als auch geistig entwicklungsverzögert. Michael kann sich nicht selbstständig bewegen und ist somit auf die Pflege der Heilpädagogin Elke Stoffers angewiesen. „Für uns ist es komplett normal, auch solche schwerbehinderten Kinder aufzunehmen. Wir machen alles zum Wohle des Kindes, aber auch zum Wohle der Eltern, denn wir wissen, dass wir sie damit entlasten“, sagt Hartmut Brodersen, der Leiter der Einrichtung.

„Dennoch leben wir in einer Gesellschaft, in der viele Menschen ihre behinderten Mitbürger immer noch nicht als vollwertige Mitglieder akzeptieren.“ Das Bild des behinderten Menschen sei immer noch mit Vorurteilen und mit Ängsten verbunden, weiß auch Hartmut Brodersen zu berichten.

„Früher hießen wir Sonderkindergarten der Lebenshilfe Pinneberg. Wie schrecklich das heute doch klingt. Das hängt uns immer noch nach“, so der Leiter des Kindergartens in Appen-Etz. Es waren vor allem diese Einrichtungen, die dazu dienten, behinderte Kinder von der Gesellschaft zu isolieren.

Aus der Isolation hin zur Integration kam der Kindergarten, der mitten im Waldgebiet vor den Toren der Kreisstadt liegt, Anfang der 80er-Jahre. Die Idee stammte aus Skandinavien. Die Länder galten bei der Integration behinderter Kinder und Jugendlicher lange Zeit als Vorbild, da sie in einem gut ausgebauten Wohlfahrtsstaat mit kleinen übersichtlichen Schulen schon früh mit der Integration begannen. „Wir wollten mal sehen, was passiert, wenn die Regelkindergartenkinder aus der Nachbarschaft mit ‚unseren‘ gemeinsam spielen. Es waren 15 Familien und unsere Pädagogen, die den Anstoß zur Gründung dieser Spielgruppe gaben. Mit viel Öffentlichkeitsarbeit versuchten die Vorurteile zu revidieren.“ Der wöchentliche Spielkreis war ein Erfolg, „denn die Kinder zeigten uns, wie unkompliziert das Miteinander sein kann!“

„Wilde 13“ hieß die erste integrative Gruppe – die erste ihrer Art im Kreis Pinneberg –, die 1982 gegründet wurden. Betreut wurden zehn „Regelkinder“ und drei Kinder mit unterschiedlichen Behinderungen. Auf Wunsch konnten Kinder mit Bussen abgeholt und nach Hause gebracht werden. Es folgte die Änderung des Namens zum „Heilpädagogischen und Nachbarschaftskindergarten Appen-Etz“. „Man rannte uns die Türen ein. Wir konnten keine Kinder mehr aufnehmen“, blickt Brodersen zurück. Heute fördert der Kindergarten Appen-Etz 68 Mädchen und Jungen im Alter ab drei Jahren bis zum Schuleintritt in vier integrativen Gruppen und zwei heilpädagogischen Kleingruppen mit jeweils sieben Kindern.

Erst 1994 wurde ins Grundgesetz im Artikel 3 aufgenommen, dass niemand wegen seiner Behinderung benachteiligt werden dürfe. Ende 2006 wurde von der Generalversammlung der Vereinten Nationen (UN) eine Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderung verabschiedet. Dieses Übereinkommen fordert Inklusive, also die gleichberechtigte Teilhabe aller Menschen am gesellschaftlichen Leben. Inklusion ist ein Menschenrecht.