Der Mittelständler Witte Pumps verlässt Uetersen und investiert sechs Millionen Euro in der Nachbarstadt. Den Umzug nach Tornesch will das Unternehmen 2014 innerhalb von einer Woche erledigen.
Tornesch/Uetersen. Ein schlechtes Gewissen hat Sven Wieczorek nicht. Und das, obgleich er der Stadt, in der sein Unternehmen jahrzehntelang beheimatet war, nun den Rücken kehrt. „Ich freue mich auf Tornesch“, sagt Wieczorek.
Der Geschäftsführer der Witte Pumps & Technology GmbH wäre eigentlich gerne an seinem alten Standort geblieben. In Uetersen. Doch das Unternehmen wächst seit Jahren. „Wir haben geprüft, ob wir an unserem Uetersener Firmengelände am Esinger Steinweg noch investieren und expandieren können. Das war leider nicht der Fall“, sagt Wieczorek. Am Freitagvormittag hat der Geschäftsführer beim offiziellen Spatenstich mit WEP-Geschäftsführer Harald Schroers, Torneschs Bürgermeister Roland Krügel und dem ausführenden Bauunternehmen Goldberg Bau besiegelt, was in Uetersen für kräftige Aufregung gesorgt hatte: Den Umzug des Unternehmens in die Nachbarstadt Tornesch.
Sechs Millionen Euro investiert das zu den weltweit führenden Firmen für maßgeschneiderte Zahnradpumpen zählende Unternehmen in seinen neuen Firmenstandort im Business-Park Tornesch. Wie bei den anderen Ansiedlungen in dem Gewerbegebiet hat auch hier die WEP Wirtschaftsförderungs- und Entwicklungsgesellschaft mbH den Prozess begleitet. „Wir haben mit Witte vor etwa zwei Jahren die Alternativen für das Unternehmen geprüft“, sagt Schroers. Quickborn, Elmshorn und andere Gebiete seien im Gespräch gewesen. „Entscheidend bei der Standortsuche war letztlich, dass die Wege für die Mitarbeiter, die hier aus der Region kommen, kurz bleiben. Die Mitarbeiter sollten sich wohl fühlen und weiterhin schnell zur Arbeit gelangen können“, sagt Schroers. Der Weg von Uetersen nach Tornesch, ein Katzensprung.
Für Wieczorek ist der Auszug aus Uetersen eine logische Konsequenz, wenn das Unternehmen weiterhin finanziell gesund bleiben soll. „Unser Unternehmen hat in den vergangenen drei Jahren seinen Umsatz auf etwa 20 Millionen Euro verdreifacht. Und wir erwarten ein weiteres Wachstum, so dass wir uns Optionen offenhalten müssen. Wir haben hier an unserem neuen Domizil in Tornesch 3000 Quadratmeter Fläche auf einem fast quadratischen Gelände. Wir können komplett auf die Zukunft ausgerichtet unsere Planungen angehen“, sagt der Firmenchef.
1500 Quadratmeter für eine erste Erweiterung und 900 Quadratmeter für eine zweite stünden bereit, zudem könne das neue Gebäude dank der modularen Bauweise später von zwei auf drei Stockwerke aufgestockt werden. „Wir können hier wirklich flexibel agieren, und die direkte Autobahnanbindung ist für uns ein weiteres Plus“, urteilt Wieczorek. Denn viele der Komponenten, die das Unternehmen produziert, kommen entweder aus dem Hamburger Hafen oder werden dorthin geliefert.
Noch vor dem Winter will Goldberg Bau das Dach auf den Neubau setzen. Im Juni oder Juli 2014 sollen dann die knapp 50 Mitarbeiter ihre neue Arbeitsstätte in Tornesch in Betrieb nehmen können. „Der Umzug wird für uns vollkommen problemlos verlaufen“, sagt Wieczorek. Vor einem Jahr liefen die Planungen für den Neubau und den Umzug an. Während sich viele Unternehmen Gedanken darüber machen, wie sie ihre Maschinen und Akten, die Möbel und Werkfahrzeuge von A nach B bringen, geht Witte den einfachen Weg.
„Wir kaufen für unser neues Werk in Tornesch praktisch alles neu. Große Maschinen werden wir somit nicht transportieren müssen. Der eigentliche Umzug, das sind Akten, Software und natürlich die Mitarbeiter. Und das wickeln wir innerhalb einer Woche ab“, erklärt der Unternehmer. Dadurch, dass alles neu gekauft wird, muss das Unternehmen auch nicht überlegen, wie die Produktion in der Übergangsphase funktionieren wird. Die alten Komponenten, die in Uetersen noch bis kommendes Jahr genutzt werden, sie seien dann größtenteils abgeschrieben oder veraltet. Sollte sich der Umzug verzögern, weil der Bau wegen Frost im Winter zum Beispiel nicht vorankommt, dann werde man eben in Uetersen abwarten, bis auch das letzte Telefon angeschlossen ist.
In Uetersen ist der Unmut über den Umzug nach wie vor vorhanden. Als im Dezember bekannt wurde, dass die Firma in die Nachbarstadt umziehen wird, warf die CDU der Bürgermeisterin eine verfehlte Wirtschaftspolitik vor. Uetersens Gewerbesteuereinnahmen würden aufs Spiel gesetzt und die Stadt signalisiere, dass sie keine Wirtschaftsperspektive habe, wenn sie Witte nicht am Ort halten könne. Für Wieczorek war die Aufregung überraschend. „Ich hatte nicht gedacht, dass es so hohe Wellen schlagen wird“, sagt er. Außerdem sei alles doch gar nicht so schlimm.
„Wenn der Bürgerentscheid zur Fusion am 22. September ansteht, hoffe ich, dass die Bürger für die Fusion stimmen. Dann wäre das Thema der Steuereinnahmen für Uetersen auch schon wieder Vergangenheit, denn dann wären wir wieder in Uetersen und damit zu Hause“, sagt der Firmenchef. Und dann wäre auch die Frage, ob er nicht ein schlechtes Gewissen wegen des Umzugs haben müsse, hinfällig.