Der Medienunternehmer Christoph Meier-Siem hat für Uniformen nichts übrig. Trotzdem hat ausgerechnet dieser Waffenskeptiker das Quickborner Schützenfest vom Auslaufmodell zum Publikumsmagneten gemacht.

Quickborn Den erfolgreichen Medienprofi nimmt man Christoph Meier-Siem sofort ab. Mit seinen gepflegten Cowboystiefeln, Jeans und der nachlässig gestylten Mähne erfüllt der Hamburger Medienunternehmer und Professor für Kommunikation, an der Hamburger Hochschule für Musik und Theater geradezu das Klischeebild seiner Zunft.

Da überrascht es, dass ausgerechnet dieser nonchalante Mittfünfziger ein eher ländliches Hobby pflegt, und zwar mit Leidenschaft. Er ist nicht nur ein begeisterter Schützenbruder, sondern gleich Chef eines der größten Schützenvereine Schleswig-Holsteins. Seit 2001 leitet er den annähernd 400 Mitglieder starken Schützenverein Quickborn-Renzel von 1928.

Dabei hat der bekennende Antimilitarist nicht mal etwas für Uniformen und Abzeichen übrig. „Ich war weder bei der Bundeswehr noch habe ich ein intensives Verhältnis zu Waffen“, sagt Meier-Siem. Entsprechend selten ist er in seiner maßgeschneiderten grünen Amtsjacke zu sehen.

Trotz dieser Aversion gegen Waffen und Abzeichen holte der Hamburger das Schützenfest vor mehr als zehn Jahren aus seinem Dornröschenschlaf. Vor allem mit Unterstützung des damaligen Bürgervorstehers und heutigen Verwaltungschefs Thomas Köppl baute er es zu einem zehntägigen Volksfest aus, das als Publikumsmagnet und Quickborner Aushängeschild weit in die Region strahlt. Wenn Tausende von Bürgern und Besuchern vom Freitag, 13., bis Sonntag, 22. September, das Eulen- und Schützenfest feiern, dann stecken nicht zuletzt Meier-Siems Ideen und Kontakte hinter dieser Entwicklung. Er selbst betont die starke Unterstützung aus der Quickborner Ehrenamtsszene. „Hier sind einfach gute Leute. Oft telefonieren wir nur, und dann läuft es.“

Die Geschichte der ungewöhnlichen Passion beginnt mit einem Zufall. „Ein Freund hat mich 1996 auf den Schießstand mitgenommen“, sagt Meier-Siem. Eher widerstrebend sei er der Einladung gefolgt – und entdeckte die Faszination des Schießsports als Entspannungstraining. „Wenn ich schieße, bekomme ich den Kopf frei“, sagt er. „Manche machen Transzendentale Meditation oder Tai Chi. Ich schieße.“

Zu seiner eigenen Überraschung war er ein Naturtalent. Ihn packte der Ehrgeiz. Er trainierte dreimal pro Woche auf dem Schießstand nahe der Autobahn, wurde schließlich Deutscher Meister in der Großkaliber-Kategorie 45 ACP. Gleichzeitig entdeckte der überzeugte Großstädter den Charme ländlich geprägten Gemeinschaftssinns. Er engagierte sich im Verein, die Schützen wählten ihn zum Chef.

Meier-Siem liebt an seinem Ehrenamt vor allem das Miteinander in Quickborn: „Ich finde es toll, wie die Menschen hier sich kennen und helfen. Das ist eine viel intensivere Nachbarschaft als in Hamburg.“ Als Meier-Siem 2001 das Ruder übernahm, standen die Schützen mit ihrem Gelände abseits des Stadtzentrums allerdings nicht nur geografisch, sondern auch sozial ziemlich weit am Rand. Stadtbevölkerung und Verein hatten wenige Berührungspunkte. Entsprechend bescheiden war das Interesse der Nicht-Schützen am Schützenfest. „Damals war es eine Ein-Tages-Veranstaltung. Kaum jemand wollte noch den kurzen Festumzug sehen, der aus ein paar verträumten Schützen bestand, oder verirrte sich ins Festzelt. Es war absehbar, dass das Fest in dieser Form sterben würde“, sagt Meier-Siem.

Gemeinsam mit seinen Mitstreitern krempelte er die Ärmel hoch, modernisierte sowohl den Verein als auch das Fest. Seine Idee: Quickborn mit den Schützen besser verzahnen. Mit tatkräftiger Unterstützung der Vereinsmitglieder entstand eine neuer Luftgewehrstand, ein neuer Parkplatz, ein modernes Vereinsheim. Aus einem Gelände mit dem antiquierten Charme der 60er-Jahre wurde eins der modernsten Schießsportzentren der Region.

Das Festzelt verlegte er vom abgelegenen Gelände am Holstenstadion auf den zentralen Rathausmarkt, holte mit einem neuen Wirt auch ein größeres und vor allem gepflegteres Zelt nach Quickborn. „Das Discozelt damals war ziemlich unansehnlich und verspakt.“ Prügeleien unter betrunkenen Jugendlichen waren an der Tagesordnung. Die Mehrheit der Bürger mied diese Party.

„Heute sind Quickborns Schützen Kult“, sagt Meier-Siem. Schon beim Weinfest zum Auftakt des Eulen- und Schützenfestes feiern mehr als 700 Besucher im Festzelt am Rathaus, zur Ü-30-Party mit TV-Discjockey Kuno Dreysse erwarten die Veranstalter 2000 zahlende Gäste. Der Festumzug mit vier Musikzügen, der Feuerwehr und Vertretern zahlreicher Vereine ist vier Kilometer lang. Anders als vor Meier-Siems Zeiten schmücken viele Bürger dafür extra ihre Häuser.

Viele Impulse haben der Schützenchef und seine Mitstreiter gesetzt, vom Feuerwerk am zweiten Festwochenende über den Budenzauber am Freizeitsee, das Weinfest bis zum üppigen Bühnenprogramm vor dem Rathaus. Doch so richtig zum Volksfest wurde das Fest, weil Motivator Meier-Siem viele örtliche Vereine ins Boot holen konnte. Vom Sportverein über die Musikschule bis zum Lions Club und den politischen Parteien mischen sie alle mit bei der Programmgestaltung, beim Festumzug und auf dem Eulenmarkt rund ums Rathaus und am Freibad. Genau das war Meier-Siems Ziel: „Es geht nur, wenn alle zusammenarbeiten.“