Der chinesische Pianist ist am Sonnabend, 29. September, in Schenefeld zu Gast. Im Interview verrät er, wie er zur westlichen Klassik kam.
Schenefeld. Klassik-Fans im Kreis Pinneberg dürften den chinesischen Pianisten Haiou Zhang bereits kennen. Der 28-Jährige war schon mehrmals im Forum in Schenefeld zu Gast. Mit Auftritten von Berlin bis Paris und Toronto bis São Paulo gehört er mittlerweile zu den erfolgreichsten chinesischen Pianisten seiner Generation. Bevor er am 29. September erneut im Forum auftritt, verrät er im Interview, wie er als Chinese zur westlichen Klassik kam, welche Werke das Publikum bei seinem Auftritt in Schenefeld zu hören bekommt und was er sich für seine Karriere noch vorgenommen hat.
Hamburger Abendblatt: Herr Zhang, stimmt es, dass Ihre Musik mittlerweile sogar im Bordprogramm der Lufthansa zu hören ist?
Haiou Zhang: Ja, da habe ich mich schon mehrmals gefunden. Letztes Jahr war Liszt-Jahr und es gab Hunderte Liszt-Veröffentlichungen, aber meine CD war die einzige, die bei der Lufthansa und KLM ins Bordprogramm aufgenommen wurden. Darüber habe ich mich sehr gefreut. Wenn ich selber fliege, gucke ich aber lieber einen George-Clooney-Film oder so, denn die Liszt-Stücke kenne ich ja in und auswendig.
Sie fliegen mittlerweile ziemlich viel um die Welt. An welches Highlight seit Ihrem letzten Besuch in Schenefeld erinnern Sie sich besonders?
Zhang: Eigentlich erlebe ich jeden Tag Highlights. Vor kurzem habe ich das erste Mal mit dem Faust Quartett gespielt, das war ein großartiges Erlebnis. In Kanada bin ich in der ehemaligen Börse aufgetreten und in São Paulo habe ich an zwei Abenden für 4000 Menschen in dem "Sala São Paulo" gespielt, einem der grandiosesten Konzertsäle, die ich je gesehen habe. Da fliegt man zwölf Stunden ans andere Ende der Welt, spielt dort zwei ausverkaufte Konzerte und bekommt 15 Minuten Standing Ovations. Das ist ein Erlebnis, das man sich immer wieder gerne in Erinnerung ruft.
Sie sind in China geboren und aufgewachsen. Wie sind Sie zur westlichen Klassik gekommen?
Zhang: Als ich sechs Jahre alt war habe ich von meiner Verwandtschaft eine Mozart-Kassette geschenkt bekommen. Ich hatte zwar keine Ahnung, was das ist, aber ich habe gleich gemerkt, dass diese Musikart mir sehr gefällt und auf unglaubliche Art und Weise mit mir synchronisiert.
Vielleicht waren Sie in einem früheren Leben mal klassischer Komponist in Deutschland?
Zhang: Das weiß ich nicht. Aber diese Musik sprach mich einfach an. Ich war als Kind nie richtig laut, sondern immer sehr zart, musikalisch gesagt "pianissimo". Vielleicht hat Mozart mir deswegen so gut gefallen. Ich kann nicht sagen, dass ich Popmusik nicht mag, aber Klassik ist einfach meine Sprache. Mit neun habe ich dann angefangen Klavier-Unterricht zu nehmen. Alle meine Tanten und Onkel haben damals zusammengeschmissen, damit wir das Klavier bezahlen können.
Nur ein Jahr später haben Sie sich am "Central Conservatory of Music" in Peking beworben, die gleiche Schule, die auch Lang Lang besuchte.
Zhang: Mein Klavierlehrer war davon überzeugt, dass ich die Aufnahmeprüfung probieren soll, also sind wir einfach nach Peking gefahren. 13 Stunden hat die Fahrt gedauert. In Peking angekommen, haben wir bei einer Professorin geklingelt und ich habe ihr vorgespielt. Ab da bin ich alle zwei Wochen zum Klavierunterricht nach Peking gefahren, um mich auf die Prüfung vorzubereiten.
Klingt, als hätten Sie von Anfang an alles getan, um Ihren Traum zu verwirklichen.
Zhang: Ja und meine Eltern auch. Nach einem halben Jahr hat meine Mutter ihren Beruf als Kinderärztin aufgegeben, um mit mir nach Peking zu gehen. Dort haben wir im Abstellraum einer Grundschule gewohnt. Von 180 Bewerbern aus ganz China war ich im am Ende einer der vier, die angenommen wurden. Nach acht Jahren habe ich das Konservatorium mit Auszeichnung abgeschlossen und bin an die Hochschule für Musik und Theater in Hannover gegangen.
Ohne ein Wort Deutsch zu sprechen. Mit welchen Erwartungen sind Sie damals nach Deutschland gekommen?
Zhang: Ich hab damals gedacht, in Deutschland hören alle Menschen Klassik. Aber das stimmt natürlich nicht. Dabei liegen hier ja die Wurzeln der klassischen Musik. Ich finde, zu New York zum Beispiel passt Michael Jackson oder Popmusik, aber wenn ich in diese schönen, deutschen Altstädte komme, denke ich sofort an Klassik.
Was haben Sie denn heute zum Frühstück gehört?
Zhang: Heute gab es kein Frühstück! Bis jetzt habe ich heute nur meinen Handyklingelton gehört, eine fantastische Jazz-Sängerin aus New York namens Blossom Dearie. Ich höre privat auch gerne Jazz und Blues, aber der größte Teil meiner CD-Sammlung ist tatsächlich Klassik. Viel Mozart und Liszt natürlich, aber auch russische Komponisten wie Skrijabin mag ich gerne.
Was werden Sie in Schenefeld spielen?
Zhang: Das Programm ist sehr vielfältig. Ich werde die Chromatische Fantasie und Fuge in d-Moll von Bach spielen. Ein grandioses Werk, aber auch eine ziemlich große Herausforderung für jeden Pianisten. Außerdem spiele ich Mozarts bekannte d-Moll-Fantasie, die kennt eigentlich fast jeder. Dieses Jahr ist Debussy-Jahr, deswegen habe ich außerdem drei Préludes von Debussy ausgesucht. Und dann spiele ich noch die b-Moll-Sonate von Chopin, die den unbeschreiblichen Trauermarsch enthält.
Sie sind in den vergangenen Jahren regelmäßig in Schenefeld aufgetreten. Was verbinden Sie mit diesem Ort?
Zhang: Ich war schon drei oder viel Mal in Schenefeld, und meine Konzerte wurden jedes Mal gefeiert. Deswegen komme ich immer gerne wieder. Marita Peemöller vom Kulturverein Forum Schenefeld ist mittlerweile eine Freundin von mir. Sie veranstaltet seit 17 Jahren Konzerte und Theaterstücke in Schenefeld und dieses Jahr hat sie wieder ein sehr gutes Programm, unter anderem mit den Berliner Symphonikern.
Ihr Kollege Lang Lang hat bereits in der Carnegie Hall gespielt. Was ist Ihr großes Ziel für die Zukunft?
Zhang: Ich würde gerne mal in der Elbphilharmonie spielen, wenn sie fertig ist!
Karten für Haiou Zhangs Konzert am 29. September im Forum in Schenefeld, Achter de Weiden 30, kosten zwischen 15 und 21 Euro. Erhältlich sind sie unter Telefon 01805/44 70, bei allen bundesweiten Theaterkassen und unter www.forum-schenefeld.de