Die Sperrung der nördlichen Startbahn des Hamburger Flughafens lässt die Anwohner in Quickborn die ungewohnte Ruhe genießen.

Quickborn. Ein ganz neues Lebensgefühl hat Annika Jansen und Benjamin Kleinow ergriffen. So entspannt saßen die beiden nach Feierbabend lange nicht mehr gemeinsam im Strandkorb auf ihrem Grundstück im Himmelmoorweg in Quickborn. Was plötzlich fehlt, macht ihren Garten zur ungewohnt friedlichen Oase der Stille. Über ihr Haus hinweg düsen normalerweise im Schnitt täglich fast 200 lärmende Flugzeuge in Start- und Landemanövern vom und zum Flughafen Fuhlsbüttel. Seit vergangenem Montag aber ist die Start- und Landebahn in Richtung Norden aufgrund von Sanierungsarbeiten für zwei Wochen gesperrt. Quickborn und Hasloh sind somit wie Norderstedt flugfreie Zone. "Es ist unglaublich angenehm, endlich können wir uns mal zehn Minuten am Stück unterhalten, ohne dass wir von dem Lärm zu einer ungewollten Gesprächspause gezwungen werden", sagt Kleinow.

Der gebürtige Hamburger ist erst vor vier Monaten zu seiner Freundin nach Quickborn gezogen. Frisch aus dem geschäftigen Winterhude kommend, erwartete er in seiner neuen Heimat die beschauliche Ruhe einer Kleinstadt, wurde aber schnell eines Schlechteren belehrt "In Stoßzeiten ist es hier durch die Flugzeuge lauter als der Straßenlärm in Hamburg", sagt er.

Die vorübergehende Stille in ihrem Garten genießen die beiden Quickborner in vollen Zügen bei ausgedehnten Sonnenbädern, ungestörten Lesemarathons und völlig krachfreier Gartenarbeit. Zum Grillabend am Wochenende können sie ihre Freunde aus Hamburg einladen, ohne dass diese sich vom ersten Flieger beim Start oder Landeanflug über den Lärm in der vermeintlichen Kleinstadtidylle beschweren könnten.

"Die Flugzeuge schweben manchmal so tief, dass man denkt, die Fluggäste könnten erkennen, was wir auf den Grill schmeißen", beschreibt Annika Jansen die gefühlte Höhe der Tiefflieger über ihrem Garten. Sie wohnt schon seit 28 Jahren in Quickborn und hat sich an den Fluglärm gewöhnt. Das ändert aber nichts daran, dass ihr die Ruhe am Himmel in diesen Tagen positiv auffällt und sie sie genießen kann.

Auch Antje Bajus, 69, genießt die ungewohnte Ruhe. Die Rentnerin lebt mit ihrem Mann seit 30 Jahren in der Quickborner Kleiststraße, direkt in der Einflugschneise zum Hamburger Flughafen. "Das ist sonst unerträglich und im Laufe der Jahre immer schlimmer geworden", sagt sie. Vor allem morgens zwischen 7.30 und 10 Uhr sowie ab 16 Uhr bis in den späten Abend sei es kaum auszuhalten. "Das ist die Hölle. Ich leide sehr unter dem Fluglärm. Ohne Ohrstöpsel kann ich das nicht ertragen", sagt Antje Bajus. "Nur meinen Mann stört das nicht so. Der ist nämlich schwerhörig." Aber jetzt sei es das richtige Quickborn. "So wir man sich das immer gewünscht hat hier zu leben." Doch übernächste Woche ist schon wieder vorbei mit der Ruhe.

Dann donnert wieder zwischen 6 Uhr und 23 Uhr durchschnittlich alle sechs Minuten ein Flieger über ihr Haus. "Wir wollen doch nur eine gerechtere Verteilung des Fluglärms", sagte Antje Bajus. Dass die Menschen in Alsterdorf nur einen Bruchteil des Lärms der Quickborner aushalten müssten, weil die dortige Bahn kaum benutzt werde, sei nicht nachzuvollziehen. "Ich finde, es ist zumutbar für die Hamburger, auch ihr Päckchen vom Lärm zu tragen."