Mit 90 Jahren noch einmal entwurzelt zu werden, ist furchtbar. Erst recht, wenn der Betroffene nur noch schwer gehen und fast gar nicht mehr sehen kann. Der Fall von Jochen Valett geht mir an die Nieren. Nicht nur, weil sein letzter Wille nichts zählt. Nicht nur, weil dieses Gefühl der Hilflosigkeit zurückbleibt, weil es keinen Ausweg aus dieser verfahrenen Situation mehr zu geben scheint. Nein, da ist dieses Gefühl, dass Valett nur einer von vielen alten, kranken Menschen ist, die in unserer Gesellschaft keinen Platz mehr haben.

Ab ins Heim - diese Aussicht droht nicht nur dem pflegebedürftigen Valett. Wie entlarvend ist doch das Schreiben des Amtes Horst-Herzhorn in diesem Zusammenhang! Ein blinder Mann, der im Alter auf sein Zuhause pocht, wird von einer öffentlichen Einrichtung als Störung betitelt, die es zu beseitigen gilt. Irgendwie wegorganisieren. Da ist sogar die Rede davon, die Sicherheit müsse wieder hergestellt werden.

Unsere Gesellschaft scheint sich also sehr viel sicherer zu fühlen, wenn alte Menschen weg von der Straße sind. Das bekommt der blinde Valett auch noch schriftlich mitgeteilt. Was dieses Amt macht, ist grausam.

Wer glaubt, die neuen Eigentümer des Hauses seien ungerecht, der greift zu kurz. Sie als hartherzige Übeltäter abzuurteilen, mag von Valetts Standpunkt aus verständlich sein - er braucht einen Schuldigen.

Doch letztlich kann man dem Käufer-Ehepaar nicht die Verantwortung für das Schicksal von Jochen Valett aufbürden. Da sind wir alle als Gesellschaft in der Pflicht.