Nach Kristin Alheits Weggang hat der 73 Jahre alte Pensionär Klaus Seyfert auf einmal einen Vollzeitjob im Rathaus - als Bürgermeister.
Pinneberg. Klaus Seyfert ist kein Typ, der vor einer schwierigen Aufgabe zurückschreckt. Aber seinen Sommer hatte sich der 73 Jahre alte Pinneberger doch ganz anders vorgestellt. Mit seiner Frau wollte der pensionierte Polizeibeamte nach Worpswede reisen, im heimischen Garten die Hecken schneiden, in den Häusern der verreisten Kinder nach dem Rechten sehen. Und jetzt, jetzt ist Klaus Seyfert Bürgermeister.
Es ist keine stundenweise Urlaubsvertretung, sondern ein Vollzeitjob. Und so will ihn der amtierende Verwaltungschef der Kreisstadt Pinneberg auch ausfüllen. "Ein Bürgermeister muss vorangehen", lautet sein Credo. "Klare Ansage, klarer Kurs." Dass er das Ruder auf der Brücke der Verwaltung übernehmen musste, und das gleich für viele Monate, war für Klaus Seyfert überraschend gekommen. Am 2. Juni war bekannt geworden, dass die bisherige Bürgermeisterin Kristin Alheit, SPD, vom neuen schleswig-holsteinischen Ministerpräsidenten Torsten Albig als Sozialministerin in dessen Kabinett berufen wird. Am 12. Juni wurde die Sozialdemokratin vereidigt - da war Seyfert schon ein paar Tage lang mitten im Übergabegeschäft. "Eine solche kurzfristige Übernahme war für eine Stadt dieser Größe eigentlich nicht ausreichend", sagt der CDU-Politiker. "Das war nicht gut." Er wehrt sich aber gegen die Darstellung, im Rathaus herrschten chaotische Zustände.
+++ Bürger wählen am 11. November Bürgermeister +++
"Aber es nützt nichts, es muss weitergehen", so der Erste Stadtrat, dessen Arbeitstag von gegen 8.30 bis gegen 18 Uhr läuft, plus abendliche Sitzungen und Repräsentationspflichten, vor allem am Wochenende. Weitergehen wird es für ihn bis mindestens Anfang des Jahres. Am 11. November soll ein neuer Bürgermeister von den Bürgern direkt gewählt sein. Die Stelle ist mit der Besoldungsgruppe B 4 bemessen. Das entspricht fast 90.000 Euro brutto (ohne Zuschläge) im Jahr. Klaus Seyfert bekommt im Moment 40 Euro am Tag.
In den kommenden Tagen soll über eine geänderte Entschädigungssatzung beraten werden, um Seyfert für seine Arbeit annähernd angemessen zu bezahlen. In Rellingen zum Beispiel bekommt der "Ersatz-Bürgermeister" ab der fünften Woche im Amt knapp 2500 Euro monatlich. Ob er Urlaubsansprüche habe? "Das weiß ich noch gar nicht", sagt Klaus Seyfert. "Aber ich muss in der kommenden Zeit sowieso ohne Urlaub auskommen." Was sein Entgelt angehe, "habe ich mich da völlig rausgehalten".
Seine eigenen finanziellen Ansprüche stellt der 73-Jährige zurück, die Finanzen der Stadt aber hat er fest im Blick. "Auf uns wartet die Erarbeitung eines schwierigen Haushalts", sagt Seyfert. "Ich lege einen Schwerpunkt meiner Arbeit auf diesen Sektor." Pinneberg müsse "in Sachen Finanzen gucken, dass wir uns ein bisschen besser aufstellen". Geld ausgeben, um später Geld zu verdienen, will Pinneberg durch den Kauf und die Entwicklung der früheren Eggerstedt-Kaserne. Der Vertragsabschluss zum Kauf des Areals für rund 3,55 Millionen Euro soll in Seyferts Amtszeit fallen. "Wir werden mit voller Kraft in diese Richtung arbeiten", sagt der Christdemokrat.
+++ Perrefort bewirbt sich um Amt der Bürgermeisterin +++
Überhaupt will Seyfert Tempo machen. Zum Beispiel dabei, endlich die Entwicklung in der Pinneberger Innenstadt voranzutreiben. "Wir reden seit geraumer Zeit, und nichts passiert", sagt der Bürgermeister unter anderem zur geplanten Verlagerung des Sonnabends-Wochenmarktes gen Drostei und den dafür notwendigen Umbau in der City. "Wir müssen bei der Innenstadt-Gestaltung endlich mal weiterkommen."
Klaus Seyfert ist keiner, der schmutzige Wäsche wäscht. Er sagt jedoch: "Mein Führungsstil ist anders als der von Frau Alheit." Er fordert sowohl Verwaltung wie Politik dazu auf, sich stärker mit der Stadt zu identifizieren: "Wir haben alle das Ziel, für Pinneberg das Beste herauszuholen." Es gelte, untereinander Vertrauen zu haben. Seyfert bricht eine Lanze für "seine" Verwaltung: "Hier wird gute Arbeit geleistet." Sein Gefühl sage ihm, dass er innerhalb der Verwaltung akzeptiert werde. "Ich bin für jeden jederzeit erreichbar."
Einen Computer hat er noch nicht im Amtszimmer, das er von Kristin Alheit übernommen hat. Lieber ein direktes Gespräch als lauter Botschaften per E-Mail, so ein Motto Seyferts. Die Wände sind noch kahl, der Schreibtisch aber schon richtig voll. Und wird in absehbarer Zeit nicht leerer werden. "Nach einem halben Jahr brauche ich wohl Erholungsurlaub, aber dann kommt ja bald schon die Kommunalwahl", sagt Seyfert.
Der Übergangs-Bürgermeister hat sich entschieden, in den kommenden Monaten im Rat sein Stimmrecht für die CDU-Fraktion auszuüben und vor allem bei der Kommunalwahl 2013 wieder um einen Ratssitzung zu kandidieren.