Sauerstoffgehalt rutscht unter die kritische Grenze. Andere große Gewässer im Kreis Pinneberg nicht betroffen
Wedel. Im Wedeler Mühlenteich sind mehr als 100 Fische gestorben. Nach Auskunft von Gerhard Seggelke, Chef der Umweltleitstelle im Rathaus, war der Sauerstoffgehalt des Gewässers wegen der langen Hitzeperiode unter die kritische Grenze geraten.
Ausgerechnet der Starkregen Ende vergangener Woche gab den Fischen nach Ansicht des Experten im Rathaus den Rest. Denn statt mehr Sauerstoff spülten die kurzzeitigen Regenfluten viel Staub und Dreck in das flache Gewässer.
Wedel bleibt trotz der Hitzeperiode bislang der einzige kritische Punkt in den öffentlichen Gewässern im Kreis Pinneberg. Im nahen Moorrege ist Dieter Gering, Vorsitzender des Fördervereins Naturbads Oberglinde, von der Badewasserqualität voll überzeugt. Mit 65 000 Quadratmetern Fläche ist der Badesee, der auch von Anglern genutzt wird und den auch Rinder zum Abkühlen nutzen, etwa sechs Mal so groß wie der Mühlenteich. Zudem ist die ehemalige Tonkuhle nach inoffiziellen Messungen bis zu zwölf Meter tief. Der Wedeler Mühlenteich kommt nur auf maximal zwei Meter Wassertiefe.
Das letzte große Fischsterben in Wedel ist 18 Jahre her. Seggelke, der schon damals in der Umweltleitstelle der Stadtverwaltung arbeitet, erinnert sich, dass auch 1992 der niedrige Sauerstoffgehalt Schuld gewesen war.
1960 gehörten Au und Mühlenteich zu den dreckigsten Flüssen Deutschlands
Auch 1956 und 1958 berichtete das Hamburger Abendblatt über zwei große Fischsterben in Wedel. 1960 galt die Wedeler Au, die den Mühlenteich speist und dann vom unteren Lauf der Au durch ein Stauwehr nahe der Wassermühle beziehungsweise Bundesstraße 431 getrennt ist, als einer der schmutzigsten Flüsse Deutschlands.
Erst mit dem Bau des Großklärwerks in Hetlingen entspannte sich Mitte der 70er-Jahre die Situation sowohl in der Wedeler Au als auch in Pinnau und Krückau. Bis dahin hatten die drei Flüsse erhebliche Schmutzwasserfrachten zu verkraften.
In den 80er-Jahren finanzierten Stadt und Land erhebliche Renaturierungsmaßnahmen für die Wedeler Au. Das Flussbett wurde wieder kurvenreicher, um auch die natürlichen Filter der Au zu reaktivieren und neue Lebensräume für Tiere und Pflanzen zu schaffen. 1988 ließ die Stadt den Mühlenteich ausbaggern.
Im Jahr 2000 begann in Wedel zudem eine intensive biomechanische Reinigung des Mühlenteichs. Schlamm wurde ausgebaggert und in der Nähe aufgebracht. Mehr als zwei Jahre lief eine Belüftungsmaschine im Mühlenteich und sorgte für reichlich Sauerstoff im See.
Jetzt müssen sich die Verantwortlichen in der Stadt mit der europaweit gültigen Wasserrahmenrichtlinie beschäftigen. Das bedeutet unter anderem, dass möglichst wieder eine direkte Verbindung des Oberlaufs mit dem letzten Teil der Wedeler Au geschaffen werden soll. Wie das umgesetzt werden kann, ist noch offen.
In der Elbe gibt es bislang nur Probleme vor dem Blankeneser Ufer
Für die jetzt verendeten Fische kommt jede Hilfe, auch die mögliche Abkühlung in den kommenden Wochen zu spät. Nachdem zahlreiche Spaziergänger und Anwohner im Rathaus das Fischsterben beschrieben hatten, fischten Kräfte der Freiwilligen Feuerwehr die Kadaver, hauptsächlich Brassen, aber auch einen "kapitalen Hecht" (Seggelke), aus dem Weiher. Sie wurden in Kunststofftonnen erst einmal luftdicht verpackt und zum Bauhof transportiert. Dort hoffen die Verantwortlichen, dass die übel riechenden Tierkadaver möglicht schnell zur Tierkörperbeseitigungsanlage nach Neumünster gebracht werden.
Währenddessen ist auf der großen Elbe zwischen Wedel und Seestermühe noch alles im Lot. Nach Angaben von Thomas Gaumert aus der Geschäftsstelle der Flussgebietsgemeinschaft Elbe hat sich auch die Situation im kritischen Abschnitt der Elbe vor Blankenese entspannt. Über die Gründe dafür rätseln die Experten.
Allerdings gelten weiterhin die Auflagen für die großen Kraftwerke, mit weniger Kühlwasser aus der Elbe auszukommen und gegebenenfalls den Produktionsprozess zu drosseln - die Elfische - und -fischer danken es.