Der Kölner Künstler Gunter Demnig hat weitere Gedenksteine für Nazi-Opfer verlegt. Jetzt entsteht hierzu eine passende Internet-Seite.

Pinneberg. Ein Mensch ist erst vergessen, wenn sein Name vergessen ist." Das sagt der Künstler Gunter Demnig aus Köln. Er hat das Kunstprojekt Stolpersteine ins Leben gerufen, das inzwischen an 670 Orten europaweit initiiert wurde. Im Kreis Pinneberg findet sich eine zweistellige Anzahl Stolpersteine. Die Messingtafeln mit den Namen und den Daten der Nazi-Opfer werden im öffentlichen Raum verlegt, stets vor den letzten freiwillig gewählten Wohnanschriften der Männer und Frauen.

In Elmshorn wurden am Sonnabend fünf neue Stolpersteine verlegt, insgesamt sind es nun 21. In Quickborn, wo am Freitag eine Ehrung erfolgte, existieren sechs dieser kleinen Gedenkstätten. In Uetersen wurden am Freitag die ersten drei Stolpersteine verlegt. Auch in Pinneberg, Tornesch, Helgoland sowie in Barmstedt wurde diese Form des Erinnerns bereits praktiziert. Jede Gedenktafel kostet 120 Euro, die Finanzierung übernimmt ein örtlicher Pate. Dies können etwa Vereine oder Parteien, aber auch Privatpersonen sein. In der Regel übernimmt Demnig selbst die Verlegung, die mit einem auf die jeweiligen Person zugeschnittenen Rahmenprogramm ergänzt wird.

+++ Auch diese Menschen wurden geehrt +++

Gedacht wird mit den Stolpersteinen allen verfolgten, ermordeten Opfern des Naziregimes - Juden, Sinti und Roma, politisch und religiös Verfolgte, Zeugen Jehovas, Homosexuelle und Euthanasie-Opfer. Weil eine Familienzusammenführung angestrebt ist, können auch überlebende Angehörige einbezogen werden. Die Inschrift umfasst den Namen der Person, Geburts- sowie Sterbedatum sowie Angaben zum Ort des Todes.

Um weitere biografische Angaben zu den Nazi-Opfern einer breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen, soll eine zentrale Internet-Seite für den Kreis Pinneberg geschaffen werden. Einzelne Seiten sind bereits freigeschaltet - so etwa unter der Adresse www.stolpersteine-elmshorn.de , wo der Elmshorner Opfer gedacht wird. Die zentrale Homepage für den Kreis soll an das dunkle Kapitel des Dritten Reiches erinnern. Das Projekt unter dem Namen "Orte der Erinnerung" ist für Menschen offen, die sich mit der Geschichte ihres Landes auseinandersetzen wollen und die sich bewusst sind, dass Teile der Vergangenheit noch nicht aufgearbeitet sind. Die Webseite soll interaktiv gestaltet sein und beleuchten, was zwischen 1933 und 1945 im Kreis Pinneberg passiert ist.

+++ Stadtverordneter der KPD +++

Erläutert werden soll, wie sich das Leben vor Ort gestaltete, wer die Täter und wer die Opfer waren. Im Idealfall können wissenswerte Informationen aus der Nazi-Zeit direkt auf die Straßen der jeweiligen Orte projiziert werden. So können Interessierte sofort erfahren, was wann in ihrer Nähe passiert ist. Zeitbalken ordnen das Geschehen in den überörtlichen Rahmen ein, Bilder können - wenn vorhanden - angesehen und Geschichten auf eine lebendige Weise erzählt werden.

Initiator des Projektes ist der Arbeitskreis "Spurensuche im Kreis Pinneberg 1933 - 1945". Dahinter steht ein kreisweiter Zusammenschluss von Personen, Initiativen und Institutionen, die an einer Aufarbeitung der Nazi-Zeit im Kreis Pinneberg interessiert sind. Dabei handelt es sich unter anderem um Mitglieder aus dem Arbeitskreis zur Erforschung des Nationalsozialismus in Schleswig-Holstein, der Geschichtswerkstatt der SPD Uetersen, dem Industriemuseum Elmshorn, der Initiative Selbstbewusstes Quickborn, der Arbeitsgemeinschaft "Stolpersteine für Elmshorn" sowie der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes/Bund der Antifaschisten.

+++ Attacke auf den SS-Führer +++

Es soll erarbeitet werden, wo die Menschen gelebt haben, die aufgrund ihrer politischen oder religiösen Einstellungen verfolgt oder aufgrund ihrer "Andersartigkeit" stigmatisiert worden sind. Ein Kapitel wird sich damit befassen, wie das jüdische Leben während der NS-Zeit im Kreisgebiet ausgesehen hat, welche Rolle die Kirchen dabei spielten und wie sich die Lehrer in den Schulen verhalten haben. Es sollen die Straße und Plätze im Kreis aufgeführt werden, die während der Nazi-Diktatur umbenannt worden sind. Auch die Orte, an denen die Machthaber ihre Treffpunkte hatten, werden genannt - ebenso wie die Plätze, an denen es Widerstand und Verweigerung gab.

+++ Kämpfer gegen die Nazis +++

Die Initiatoren haben bewusst das Medium Internet ausgewählt, weil es für die Nutzer kostenlos und weltweit abrufbar ist. Zudem bietet eine Website die Möglichkeit, durch die Präsentationsarten Text, Ton, Bild und Film ein umfassendes und interaktives Angebot zur Verfügung zu stellen, das insbesondere junge Leute interessiert und das ständig aktuell gehalten werden kann.

Die Internetplattform soll sich an der bereits bestehenden Webseite "Spurensuche Bremen 1933 - 1945" orientieren, die im Oktober 2010 unter der Adresse www.spurensuche-bremen.de online gegangen ist. Kern der Website sind historische Ortskarten, die mit Google maps verknüpft sind, auf denen einzelne Module auf historische Begebenheiten und Ereignisse hinweisen. Nach der Auswahl eines Moduls wird ein Textfeld aufgerufen, das eine nähere Beschreibung sowie eventuell vorhandene Fotos, Dokumente oder Filmquellen bietet.

Für das Projekt im Kreis Pinneberg werden dringend Autoren und Rechercheure gesucht, die sich ehrenamtlich dieser Aufgabe widmen. Teilnehmen können Schüler, Studenten sowie Erwachsene jeden Alters. Sie sind eingeladen, sich mit der Geschichte ihres Ortes zu befassen und eigene Beiträge beizusteuern. Eine Redaktionsgruppe wacht über die Einhaltung vorher festgelegter redaktioneller Normen und schaltet die Ergebnisse frei. "Was wir auch sehr dringend brauchen, sind Sponsoren, die sich an der Finanzierung des Projektes beteiligen", sagt Mitinitiator Rudi Arendt aus Elmshorn. Er ist telefonisch unter 04121/7 48 78 oder per E-Mail zu erreichen.

rudiarendt@t-online.de