Somit ist die Gewinnmarge des Müllentsorgers ähnlich hoch wie die der Deutschen Bank. Dabei dürfen die Müllgebühren nur die Kosten decken.
Kreis Pinneberg. Werden die Bürger im Kreis Pinneberg abgezockt bei den Müllgebühren? Die ZDF-Sendung Frontal 21 in dieser Woche legt diesen Schluss nahe. Die Fernsehreporter haben von einem Wirtschaftsprüfer bundesweit neun Müllverbrennungsanlagen untersuchen lassen und festgestellt, dass die Betreiber "Millionenprofite" machten. Die Umsatzrendite dieser Müllentsorger, die zum großen Teil in privater Hand sind, lagen mit 22 bis 43 Prozent weit über den Werten, wie sie die Deutschen Bank (14 Prozent), BMW oder Siemens (je acht Prozent) erwirtschaften. Solche Gewinnmargen auf Kosten der Gebührenzahler seien illegal, zitiert das ZDF einen Verwaltungsrechtler. Gebühren dürften grundsätzlich nur kostendeckend sein.
Unter den Müllverbrennungsanlagen, deren Kosten "deutlich zu hoch" seien, waren auch Anlagen der Firma Remondis. Europas größter Abfallentsorger ist seit zehn Jahren mit 49 Prozent an der Gesellschaft für Abfallbehandlung (GAB) beteiligt, die in Tornesch-Ahrenlohe die Müllverbrennungsanlage betreibt. 51 Prozent der Anteile hält der Kreis Pinneberg. Mit den Vorwürfen der ZDF-Sendung konfrontiert, sagt GAB-Chef Gerd Doose: "Im Kreis Pinneberg wird niemand abgezockt." Kreissprecher Marc Trampe betont: "Die Müllgebühren entsprechen den tatsächlichen Kosten. Mit durchschnittlich 15,78 Euro pro Monat und Haushalt liegen sie landesweit im Mittelfeld. Sie sind seit 2006 konstant."
Natürlich erwirtschafte auch die GAB Gewinne, räumt Doose ein. "Wir sind ein abfallwirtschaftlicher Gemischtwarenladen." Das 200-Mitarbeiter-Unternehmen entsorgt nicht nur Restabfälle und verbrennt sie. Auch Plastikmüll in gelben Säcken wird hier sortiert und entsorgt, Bioabfälle aufbereitet, Sperrmüll eingesammelt. Insgesamt seien es 300 000 Tonnen Abfälle, die die GAB pro Jahr entsorgt. Aus dem Kreis Pinneberg sind es 60 000 Tonnen Restabfall, 20 000 Tonnen Biomüll und 9000 Tonnen Sperrmüll. Der Tornescher Ofen, der seit 40 Jahren läuft, hat eine Jahreskapazität von 80 000 Tonnen. Die GAB erwirtschafte einen Jahresumsatz von 43 Millionen Euro mit einem Gewinn von 5,5 Millionen Euro, berichtet Doose. Das entspricht einer Umsatzrendite von 13 Prozent.
Die Gewinne werden an die beiden Gesellschafter ausgeschüttet, sodass sich der Kreis Pinneberg jedes Jahr über eine Finanzspritze von 2,75 Millionen Euro freuen kann. Doose: "Aber wir tragen das alleinige Risiko, wenn die Müllmengen steigen, eine Maschine ausfällt oder die ganze Anlage erneuert werden muss." Eine neue Müllverbrennungsanlage koste heute etwa 200 Millionen Euro. Dass das Unternehmen Gewinne macht, hält Doose "für das Normalste auf der Welt. Darauf beruht unser ganzes Wirtschaftssystem. Sonst können wir nicht investieren." Zudem hatte Remondis die GAB-Anteile 2003 für 20 Millionen Euro erworben. Dieses Investment werde sich erst in etwa fünf Jahren refinanziert haben.
Der Kreis bediene sich bei der Abfallentsorgung der GAB, erklärt Sprecher Trampe. Dafür erhält das Unternehmen ein Entsorgungsentgelt von zurzeit 20,9 Millionen Euro. Der Vertrag ist gerade wieder bis 2018 verlängert worden. Die Müllgebühren aller 146 300 Haushalte im Kreis machen 26,6 Millionen Euro aus. Die 5,7 Millionen Euro Differenz werden für die Müllabfuhr des Kreisunternehmens Hameg (4,5 Millionen Euro) sowie die Personalkosten für die 13 Mitarbeiter in der Verwaltung aufgewendet, erläutert Trampe. Gebührenberechnung, Abfallberatung, kostenloser Abtransport von Sperrmüll und Sonderabfällen gehörten dazu. Die Gebühren für den Kreis Pinneberg glichen somit nur die tatsächlichen Kosten aus, versichert Trampe. Das an die GAB gezahlte Entsorgungsentgelt steigt vertragsgemäß nur um ein Prozent an. Trampe: "Der Kreis hat dafür das ganze unternehmerische Risiko an die GAB übertragen."