Norderstedt. Für die 54-Jährige ist die Arbeit mit den geistig behinderten Sportlern der Norderstedter Werkstätten Hobby und Berufung zugleich.

Wenn die Sportler der Norderstedter Werkstätten unterwegs sind, ist Maike Rotermund (54) stets an ihrer Seite. Sie organisiert die Anreise, kümmert sich um die Unterkunft und betreut die Aktiven während der Wettkämpfe vor Ort – seit 34 Jahren ist sie für die Belange von Menschen mit Behinderung zuständig. In dieser Zeit hat sie dafür gesorgt, dass die Mitarbeiter der Werkstätten als begleitende Maßnahme oder nach Feierabend regelmäßig Sport treiben und Wettkämpfe bestreiten können – was sie leistet, ist unbezahlbar.

Heute sind die von Rotermund betreuten Frauen und Männer Stammgäste bei den nationalen und internationalen Special Olympics, den Sportfesten für Menschen mit geistigem Handicap. Außerdem ist Maike Rotermund stellvertretende Vorsitzende des 2006 gegründeten Integrativen Sportvereins Norderstedt, in dem Menschen mit und ohne Behinderung gemeinsam aktiv sind.

Zu den Werkstätten kam die aus Fried­richsgabe stammenden Pädagogin eher zufällig. „Ich bin Erzieherin und wollte mit Kindern arbeiten. Damals war aber nichts frei, die Jobs waren rar gesät. Das Arbeitsamt bot mir die Stelle bei den Werkstätten an. Das war im Nachhinein ein Glücksfall für mich“, erinnert sich Maike Rotermund. Dass die vermeintliche Notlösung genau die Tätigkeit wurde, die sie immer wollte, lag an ihrem unermüdlichen Einsatz, ihrer Kreativität und Hartnäckigkeit.

„In den ersten beiden Jahren habe ich eine Montagegruppe geleitet. Der damalige Einrichtungsleiter hat mich dann gefragt, ob ich hier einen Sportbereich aufbauen will. Bis dahin gab es bis auf ein wenig Freizeitfußball keine Angebote.“ Den Anfang machten einfache Sport- und Bewegungsgruppen. Mittlerweile sind die Athleten in den Bereichen Leichtathletik, Schwimmen, Basketball, Floorball, Tischtennis, Fußball, Radsport und beim Sportabzeichentraining aktiv. Trainiert wird im Sommer im Waldstadion des SV Friedrichsgabe und im Winter in den Werkstätten und in diversen Hallen in Norderstedt. 2007 nahm eine Norderstedter Delegation erstmals an den Sommerweltspielen der Special Olympics in Shanghai teil. Es folgten Auftritte in Athen (2011) und Los Angeles (2015).

Für Maike Rotermund sind die Arbeit mit den Werkstättenmitarbeitern und der gemeinsame Sport der Mittelpunkt ihres Lebens. Dieser Tätigkeit ordnet sie alles andere unter. Viel Zeit für private Dinge bleibt kaum. Das ist für sie aber völlig in Ordnung, denn sie bekommt von ihren Schützlingen auch viel zurück. Ein Traumjob also? „Sport ist mein Hobby, die Arbeit macht mir Spaß“, sagt sie, „und für den Ärger werde ich bezahlt.“

Berührungsangst kennt die Übungsleiterin nicht. „Meine Leute geben immer hundert Prozent. Die Sportler sind ehrlich, es gibt keinen Neid. Jeder gönnt dem anderen den Erfolg.“ Rotermunds Einsatz hat auch dazu geführt, dass die Menschen mit geistiger Behinderung einen ganz anderen Stellenwert in der Gesellschaft bekommen haben. Ein Beispiel: „Früher haben sich die Eltern Leute geschämt, wenn sie ein behindertes Kind hatten. Jetzt unterstützen sie uns sogar aktiv.“

Ganz auf sich allein gestellt ist die frühere Sprinterin und Fünfkämpferin bei der Betreuung der Sportler übrigens nicht. Einrichtungsleiter und ISN-Vorsitzender Matthias Schneeloch unterstützt die Pädagogin ebenso wie ehrenamtliche Helferinnen und Helfer, die beim Training und bei Wettkämpfen an ihrer Seite sind. „Dafür möchte ich mich ganz herzlich bedanken. Ohne die Hilfe würde das nicht funktionieren“, sagt Maike Rotermund.

In diesem Jahr gewannen die Norderstedter bei den Special Olympics Winter World Games in Österreich sechsmal Edelmetall. Das nächste Highlight sind die nationalen Sommerspiele in Kiel (14. bis 18. Mai). Erwartet werden 6000 Aktive und Betreuer. Die Wettbewerbe in der Landeshauptstadt sind gleichzeitig die Qualifikation für die internationalen Special Olympics, die 2019 in Abu Dhabi stattfinden.