Henstedt-Ulzburg. Vereinschef Carsten Schittkowski zieht erste Bilanz. Er unterstützt Plan einer Männerspielgemeinschaft von SVHU und HSV Norderstedt

Am 1. November 2015 hatte das Vakuum an der Führungsspitze des SV Henstedt-Ulzburg ein Ende. Ein Vierteljahr nach dem Rückzug von Marc Sinnewe übernahm Carsten Schittkows­ki, 44, das Amt des Vorsitzenden. Der Industriemechaniker und Betriebswirt kam vom Ahrensburger TSV, wo er zuletzt als Trainer das erste Basketball-Frauenteam in die 1. Regionalliga Nord geführt hatte. Mittlerweile ist der gebürtige Bottroper seit drei Monaten am Ruder des rund 5200 Mitglieder starken Großvereins – Zeit für eine erste Bilanz.

Hamburger Abendblatt: Herr Schittkowski, was hatte Sie zum Wechsel zum SVHU bewogen? Und haben Sie sich das Leben an der Vereinsspitze so wie in Henstedt-Ulzburg vorgestellt?

Carsten Schittkowski: Ich bin 15 Jahre lang als Basketball-Profitrainer unterwegs gewesen, in Bertrange in Luxemburg, in Chicago/Illinois, war Manager des Hamburger Basketballverbands. Ich brauchte neuen Input; ich merkte, da ging nichts mehr. Ich habe dann mit Partnern eine Merchandising Agentur gegründet; das war anfangs schön, aber nicht so erfüllend, dass es langfristig sein konnte. Ich hatte damals Kontakt zu Marc Sinnewe, hörte, dass er aufhört und habe die Ausschreibung gesehen. Das war interessant: Ein Verein, in dem ich Semiprofessionalität vorfinde.

Welche Erfahrung aus dem Vereinsleben bringen Sie mit?

Schittkowski : Ich bin mit 13 Jahren in die DJK Adler 07 Bottrop eingetreten und habe bald ehrenamtlich gearbeitet. Ich war seitdem in der Feuerwehrjugend, der Waldjugend, habe am Partnerstädteprogramm mitgearbeitet. Ehrenamtliche Vereinsarbeit ist für mich Erfüllung und Freude.

Was haben Sie vorgefunden, was sind Ihre Pläne für die Zukunft?

Schittkowski : Wir sind ein tolles Team, das gilt für die Mitarbeiter der Geschäftsstelle und auch für meine Vorstandskollegen Horst Werner und Kurt Wagner. In einem Verein wie dem SVHU müssen verschiedene Befindlichkeiten und Charaktere unter ein Dach gebracht werden. Ich habe intakte Abteilungen vorgefunden, die sehr gut arbeiten und Willens sind, in neue Richtungen zu gehen und anzupacken. Selbstverständlich gibt es auch Probleme, die auf der Vorgeschichte der drei Gründungsclubs SV Henstedt-Rhen, des FC Union Ulzburg und des MTV Henstedt beruhen. Dazu sage ich: Mich hat nur ein Verein angestellt. Ich lebe im SVHU. Es gilt, alle Mitglieder abzuholen und ein Wir-Gefühl zu schaffen.

Wie soll das gelingen?

Schittkowski: Der SVHU hat kein wirkliches Zentrum, da müssen wir baulich etwas machen. Künftig gilt für die Kommunikation, dass wir zuerst die Mitglieder informieren, dann erst kommen Gemeinde und Politik, dann die Presse. Es soll Schluss sein mit dem Eindruck, wir würden im Elfenbeinturm vor uns hin arbeiten. Es wird vierteljährliche Infoabende geben, auf denen wir die Mitglieder unterrichten. Die Distanz zwischen Vorstand und Mitgliedern muss schrumpfen.

Was halten Sie von der These „Ohne Leistungssport kein Breitensport“?

Schittkowski : Wir machen in jeder Sparte Breitensport, ohne Breitensport gibt es keinen Leistungssport. Teamsport ist nicht ohne Solidaritätsumlage zu finanzieren. Wir müssen aber verstärkt daran arbeiten, dass Abteilungen Etats einhalten und für höheren Bedarf eigene Sponsoren akquirieren. Hält eine Abteilung nachhaltig den Finanzrahmen nicht ein, müssen wir handeln.

Im November ist kurz nach Ihrem Amtsantritt der Vorstand der Handballsparte zurückgetreten. Sie leiten mit Finanzvorstand Horst Werner kommissarisch die Abteilung; die früheren Funktionsträger, die nicht unumstritten waren, sind aber wieder als Beauftragte in ihren bisherigen Tätigkeitsfeldern aktiv. Warum diese Lösung und nicht ein konsequenter Neubeginn?

Schittkowski : In alten Positionen arbeitet keiner. Wir haben Beisitzer, die wir berufen haben, die beim Kontakt in die Abteilung helfen und haben da auf bewährte Kräfte zurückgegriffen. In der elften Kalenderwoche wird ein neuer Vorstand gewählt, und wir haben für jede Position Mitglieder gefunden, die sich in die Ämter einbringen wollen.

Es gibt Unruhe um die Zweitliga-Handballer. Die Deckungslücke der SV Hen­stedt-Ulzburg Spielbetriebsgesellschaft mbH beträgt 100.000 Euro, es droht die Insolvenz. Aber es gibt einen Vorvertrag über eine Spielgemeinschaft im Männerbereich mit dem HSV Norderstedt, nachdem Gespräche mit dem HT Norderstedt gescheitert sind. Ziel ist, über mehr Zuschauer und neue Sponsoren den Fortbestand des Leistungshandballs zu sichern. Was halten Sie davon?

Schittkowski : Ich glaube, dass infrastrukturell in Henstedt-Ulzburg ein Fortbestand eines Zweitliga-Handballteams im Männerbereich nicht machbar ist, das gilt für die Halle und die Wirtschaftskraft. Es ist unmöglich, einen Etat von einer Million aus der hiesigen Wirtschaft aufzustellen. Das ist nicht böse gemeint, das ist Fakt. Wir werden super unterstützt in allen Bereichen unseres Sports. Es gibt nur Wenige, die nicht bereit sind, uns zu helfen – aber viele sind am Maximum. Für ein Projekt Bundesliga braucht man große Sponsoren. Schaut man sich in Hen­stedt-Ulzburg und Umgebung um, fällt mir keine Firma ein, die eine halbe Million Euro auf den Tisch legen kann.

Das HandballTeam Norderstedt soll Ihnen das Versprechen abgerungen haben, es werde mit dem SV Henstedt-Ulzburg eine SG in Norderstedt nur dann geben, wenn der HSV Norderstedt keine Jugendarbeit macht. In dem Fall hätte der HSV mangels Mitgliedern aber doch keine Chance auf Hallenzeiten in Norderstedt. Ist diese Lösung im Sinn des SVHU?

Schittkowski : Ja, wir haben uns mit Herrn Palm vom HT Norderstedt verständigt, dass es im Leistungsbereich keine Jugendarbeit beim HSV Norderstedt geben soll. Damit der HSV Hallenzeiten erhält, kann er mit den D- bis F-Jugendlichen arbeiten; C- bis A-Jugend übernimmt der SVHU. Darauf habe ich mich mit „Frogs“-Geschäftsführer Olaf Knüppel telefonisch geeinigt.

Doch warum spricht man überhaupt mit dem HTN?

Schittkowski : Ich habe dieses Gespräch gesucht. Es ist wichtig, dass man mit allen größeren Handballabteilungen in der Umgebung spricht. Wenn man als Verein die Chance hat, sich an ein solches Projekt dranzuhängen, egal, ob als Partner oder nicht, dann sollte man die Chance ergreifen. Ich würde mich freuen, wenn wir als SVHU, HSV Norderstedt und HT Norderstedt dieses Bundesliga-Projekt gemeinsam leben.

Das HTN hatte aber doch von sich aus die Verhandlungen über eine Spielgemeinschaft beendet...

Schittkowski: Das ist Schnee von gestern. Das HTN ist der größte Zusammenschluss von Handballern in Norderstedt. Also gehört es für mich dazu.

Es heißt, dass der SVHU den Zweitliga-Handballern in der kommenden Saison nur noch zwei Trainingszeiten am Abend zur Verfügung stellt. Warum diese Maßnahme?

Schittkowski : Die SG zwischen dem
SV Henstedt-Ulzburg und dem HSV Norderstedt ist die Kooperation zweier Vereine, also muss auch der andere Club dafür sorgen, dass das Team trainieren kann. 17 Uhr geht künftig nicht mehr, eine Jugendzeit können wir nicht für ein Erwachsenenteam abgeben.

Es gibt zwei Szenarien für die außerordentliche Abteilungsversammlung der Handballer, die heute um 19 Uhr im großen Saal des Bürgerhauses stattfindet. Die Mitglieder geben grünes Licht für die Gründung einer Spielgemeinschaft mit dem HSV Norderstedt...

Schittkowski : Die außerordentliche Versammlung kann nur ein nicht bindendes Votum abgeben. Die Versammlung ist nach den Gesprächsergebnissen der letzten Tage eigentlich irrelevant geworden. Der Vorstand des Gesamtvereins unterstützt diese SG.

Wie geht es im Fall der Zustimmung weiter?

Schittkowski : Wir arbeiten zurzeit den Vertrag zwischen dem SVHU und HSV Norderstedt aus, bis zum 15. Februar muss er unter Dach und Fach sein.

Und was passiert, wenn der Antrag abgelehnt werden sollte?

Schittkowski : Dann wird der Vorstand aufstehen und sagen, dass er Zweitliga-Männerhandball in Hen­stedt-Ulzburg nicht mehr unterstützt. Wenn die Mitglieder dagegen sind, schließen wir das Thema ab. Der SVHU ist mit 51 Prozent der Anteile Hauptgesellschafter der Spielbetriebsgesellschaft, wir müssen da klar Flagge zeigen. Es ist ja schon entschieden, dass es künftig allein in Henstedt-Ulzburg keinen Zweitliga-Männerhandball mehr geben wird. Natürlich finde ich es nicht toll, ein Zugpferd abgeben zu müssen. Aber aus wirtschaftlichen Gründen geht es nicht anders.