Hamburg. Regionalliga-Kicker gewinnen zwar das Derby gegen die U23-Mannschaft des FC St. Pauli mit 2:0, beklagen aber drei weitere Verletzte.

So weit ist es nun schon gekommen. „Gute Besserung!“ Diese wohlgemeinten Genesungswünsche des Gegners nahm Thomas Seeliger, Trainer von Fußball-Regionalligist Eintracht Norderstedt, mit auf den Heimweg nach einer denkwürdigen Partie beim FC St. Pauli II.

Die Krankenakte des Patienten Eintracht Norderstedt ist mittlerweile derart dick geworden, dass es keine Überraschung gewesen wäre, wenn sich der Coach beim Verlassen des Presseraums einen Muskelfaserriss zugezogen hätte. Vier weitere Ausfälle, das ist die Bilanz aus dem Lazarett – umso erstaunlicher, dass die verbliebenen einsatzfähigen Akteure auf dem Rasen trotzdem eine blitzsaubere Auswärtspartie ablieferten und einen 2:0 (2:0)-Derbysieg einfuhren.

Seeliger hatte schon vor Anpfiff erstmals umstellen müssen. Der für die Startelf vorgesehene René Jozic klagte über Unwohlsein, Juri Marxen rückte dafür auf die Rechtsverteidigerposition. Das wiederum nur kurz: Marxen landete nach einem Sprung bei der Landung auf einem Gegner, knickte mit dem linken Sprunggelenk um. Zwar versuchte er, den Schmerz herauszulaufen, doch nach einer Viertelstunde ging nichts mehr. Der 20-Jährige sprach von einer Überdehnung und „drei bis vier Wochen“ Ausfallzeit.

Damit nicht genug: In der 28. Minute setzte sich David Karg auf den Boden und winkte ab. Schon zuvor hatte sich der Mittelfeldmann am Spielfeldrand mit Physiotherapeutin Vanessa Blunk ausgetauscht, doch der rechte Oberschenkel des Deutsch-Spaniers verweigerte bald komplett den Dienst.

Damit blieb nichts anderes übrig, als Björn Nadler ins kalte Wasser zu werfen. Dieser sollte nach fast einem Jahr Verletzungspause eigentlich mit Kurzeinsätzen behutsam an die Regionalliga herangeführt werden – doch daraus wird nun nichts.

Nadler ist ein besonderer Typ Kicker, für den Fußball auch immer Genuss sein soll. „Es fühlt sich verdammt gut an, wieder Teil dieser Mannschaft zu sein. Ich war überrascht, dass ich so lange gespielt habe. Am Ende war es purer Wille.

Seinen Instinkt hat der 30-Jährige während seiner langen Leidenszeit aber nicht verloren. Fast genau ein Jahr nach seiner schweren Sprunggelenksverletzung vom 12. Oktober 2014 meldete sich Nadler in der 45. Minute endgültig zurück, verwertete einen Abpraller per Kopf zum 2:0-Pausenstand. „Ein gigantisches Gefühl.“

Weil Angreifer Jan Lüneburg – übrigens auch ein Dauer-Sorgenkind mit Oberschenkelproblemen – sechs Minuten zuvor mit einem Rechtsschuss aus spitzem Winkel das 1:0 erzielt hatte, und weil der St.-Pauli-Nachwuchs leidenschaftslos und lethargisch wirkte, konnte Eintracht Norderstedt den Vorsprung souverän verwalten.

Wir müssen jetzt unsere Wunden lecken“, sagte Thomas Seeliger, dem in der 54. Minute der Atem stockte, als Haris Kevac zu Boden ging, sich das rechte Knie hielt und sofort seine Auswechslung signalisierte. „Ich glaube, dass es keine kleine Verletzung ist“, vermutete Seeliger frustriert, ohne explizit von einem Kreuzbandriss zu sprechen. Kevac: „Das Knie tut weh und ist geschwollen, aber ich glaube nicht, dass es so schlimm ist. Sonst könnte ich nicht gehen.“ Vielleicht hat die Eintracht also ausnahmsweise mal Glück gehabt...


Tore:
0:1 Jan Lüneburg (39.), 0:2 Björn Nadler (45.).
Eintracht Norderstedt:
Springer – Marxen (15. Bojadgian), Aniteye, Rose, Lindener – Koch – Kevac (54. Kunter), Karg (28. Nadler), Schluchtmann, Kummerfeld – Lüneburg.
Zuschauer:
468.
Die Spitzengruppe der Regionalliga Nord:
1. VfB Oldenburg (31 Punkte), 2. ETSV Weiche Flensburg (28), 3. Eintracht Braunschweig II (26), 4. Eintracht Norderstedt (24).
Die Tabelle der Regionalliga Nord