Henstedt-Ulzburg. Eskalation: Marburger Bund klagte vor Arbeitsgericht, weil die Klinik in Henstedt-Ulzburg Leiharzt einer Zeitarbeitsfirma einsetzt
Drei Tage schon ist ein Teil der Ärztinnen und Ärzte der Paracelsus-Klinik in Henstedt-Ulzburg im unbefristeten Streik. Und nun haben sie die nächste Eskalationsstufe in der Tarifauseinandersetzung mit der Klinikleitung gezündet. Ihre Gewerkschaft, der Marburger Bund, hatte am Freitag beim Arbeitsgericht in Neumünster einen Eilantrag auf Unterlassung gestellt. Denn die Klinik hat zur Aufrechterhaltung des Betriebes über eine Zeitarbeitsfirma einen Anästhesie-Arzt beschäftigt. Diesen Einsatz wollte der Marburger Bund gerichtlich verhindern.
Am Nachmittag jedoch zog der Marbuger Bund den Eilantrag zurück. Der Vorsitzende des Marburger Bundes, Michael Wessendorf, sagte nach der Verhandlung vor dem Arbeitsgericht: „Was legal ist, ist noch lange nicht in Ordnung. Wo bisher Patientenleistungen durch Ärztinnen und Ärzte der Paracelsus-Klinik erbracht wurden, werden diese plötzlich durch Leihärzte übernommen. Es ist nicht akzeptabel, dass durch Kooperationsverträge mit Drittanbietern die Arbeitskampfmaßnahmen neutralisiert werden und dies auch noch mit dem Einsatz von Leiharbeitskräften. Unserer Meinung nach sind das Methoden, die einem Strohmanngeschäft gleichen.“
Ärztestreik Paracelsus-Klinik: Marburger Bund ruft Leihärzte zur Solidarität auf
Die Ärztinnen und Ärzte der Paracelsus Klinik würden trotz des unbefristeten Streiks verantwortungsbewusst handeln und würden die Notfallversorgung der Patientinnen und Patienten der Paracelsus-Klinik aufrechterhalten. „Wir erwarten vom Arbeitgeber, dass er auch verantwortungsbewusst mit den Ärztinnen und Ärzten umgeht und bereit ist, ernsthaft Tarifverhandlungen zu betreiben.“
Der Marburger Bund Schleswig-Holstein appellierte an Drittanbieter, Kooperationspartner und Leiharbeitnehmer im ärztlichen Bereich, sich solidarisch mit den streikenden Ärztinnen und Ärzten der Paracelsus Klinik Henstedt-Ulzburg zu zeigen.
Die Klinikleitung hatte zuvor den Eilantrag gegen den Zeitarbeits-Mitarbeiter harsch kritisiert und dem Marburger Bund vorgeworfen, sich „klar gegen die Patientenversorgung und den Behandlungsauftrag der Klinik“ zu wenden. Aus Sicht der Klinik stellte das Verhalten des Marburger Bundes eine weitere nicht nachvollziehbare sowie unverhältnismäßige Eskalation in der Tarifauseinandersetzung dar. Klinik-Geschäftsführer Sebastian Margaschewski verurteilte das Vorgehen der Gewerkschaft, welches letztlich den Patientinnen und Patienten sowie den Mitarbeitenden schade.
Paracelsus-Klinik: „Unverhältnismäßige Eskalation!“
„Für uns hat die Sicherstellung der Patientenversorgung der uns anvertrauten Patientinnen und Patienten oberste Priorität und aus diesem Grund werden wir uns vor dem Arbeitsgericht zur Wehr setzen“, sagte Margaschewski am Freitagmorgen vor der Verhandlung. „Gleichzeitig möchte ich mich ausdrücklich bei allen Mitarbeitenden bedanken, die uns mit Ihrem Einsatz ermöglichen, unserem Behandlungsauftrag nachzukommen.“
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Den Vorwurf, man wende sich gegen die Patientenversorgung und die Mitarbeitenden der Klinik, wies der Marburger Bund zurück. Man habe schon zu Beginn des Streikes der Klinikleitung ein Angebot über eine Notdienstvereinbarung gemacht. Die streikenden Ärztinnen und Ärzte waren bereit, in einer am Wochenenddienst orientierten Besetzung weiterhin die ganze Woche über in der Klinik zu arbeiten. Doch die Klinikleitung habe diese Vereinbarung nicht unterzeichnet.
Ärztestreik: Auswirkungen auf die Behandlungen
Unterdessen läuft der Betrieb in der Paracelsus-Klinik unter Einschränkungen. „Ein Streik ist immer ein Einschnitt in das Klinikgeschehen und in die eingespielten Arbeitsabläufe, der sich bemerkbar macht“, teilt Sprecherin Maren Maak mit. „Um die Patientenversorgung möglichst umfassend aufrechterhalten zu können, wurden ambulante oder nicht medizinisch dringliche Operationen in Abstimmung mit den Patientinnen und Patienten auf einen späteren Zeitpunkt verschoben.“
Ungeachtet der für alle Seiten herausfordernden Situation würde die Klinik alles daran setzen, die Versorgung der ihr anvertrauten Patientinnen und Patienten bestmöglich zu gewährleisten. „In der Klinik sind alle erforderlichen Dienstschienen des ärztlichen Bereichs, um eine rund um die Uhr Versorgung zu gewährleisten, sichergestellt. In besonderen Belastungssituationen haben wir als Klinik auch die Möglichkeit, streikende Ärztinnen und Ärzte für den Dienst einzuteilen, wovon wir auch Gebrauch machen. Die akut notwendige Patientenversorgung, zum Beispiel bei Notfällen, ist zudem jederzeit ohne Einschränkungen gewährleistet.“
Klinikleitung fordert zu Verhandlungen auf
Klinik-Geschäftsführer Sebastian Margaschewski fordert den Marburger Bund auf, den Streik unverzüglich zu beenden und an den Verhandlungstisch zurückzukehren sowie wieder konstruktive Tarifverhandlungen zu führen. Das vorliegende Angebot von Paracelsus berücksichtige, dass alle ärztlichen Beschäftigten, die dem Tarifvertrag des Marburger Bundes unterliegen, als Vollzeitkraft eine Inflationsausgleichsprämie in Höhe von 3000 Euro in diesem Jahr erhalten, Teilzeitbeschäftigte eine Inflationsausgleichsprämie unter Berücksichtigung ihrer vertraglich festgelegten Arbeitszeit.
Neben dieser Inflationsausgleichsprämie gebe es zusätzlich in diesem Jahr rückwirkend ab April 2024 eine lineare Erhöhung der Entgelttabelle um 3 Prozent und eine weitere Erhöhung ab Dezember 2024 um 4 Prozent, dies entspreche einer Erhöhung von insgesamt 7 Prozent, so die Klinikleitung. Zusätzlich werde es ab März 2025 eine weitere Erhöhung um 3 Prozent und ab Dezember 2025 nochmals eine weitere Erhöhung um 5 Prozent geben. Rechne man beide Jahre zusammen, dann kommt man auf die geforderten 15 Prozent vom Marburger Bund. Diese tarifliche Regelung soll bis zum 31. Dezember 2025 gelten, also 24 Monate.
Ärztestreik Paracelsus-Klinik: „Kompromiss tut beiden weh!“
Die vom Marburger Bund vertretenen Ärztinnen und Ärzte hatten gefordert, dass die Gehälter auf Hamburger Tarifniveau angeglichen werden und um 15 Prozent steigen sollen, dazu setzt sich die Gewerkschaft für einen Inflationsausgleich ein. Den Vorwurf, nicht verhandlungsbereit zu sein, gibt Michael Wessendorf, Vorsitzender des Marburger Bundes Schleswig-Holstein, an die Paracelsus-Klinik zurück.
„Wir waren bereit, an unsere Grenze zu gehen, damit ein ausbalancierter Abschluss zustande kommt. Denn: Ein echter Kompromiss tut am Ende immer beiden Seiten weh. Aber der Arbeitgeber hat kurz vor dem Ziel die Tür zugeschlagen, indem er gesagt hat, dass sein Angebot nicht verhandelbar sei.“