Norderstedt. Uefa zeichnet Tschechiens Trainingsstätte im Edmund-Plambeck-Stadion aus. Wer das Geläuf in drei Wochen auf Vordermann gebracht hat.
- Am Donnerstag absolviert Tschechien die erste Übungseinheit in Norderstedt.
- Das einzige öffentliche Training während der EM findet einen Tag später statt.
- Im Hamburger Volksparkstadion, in dem fünf EM-Partien stattfinden, gibt‘s Probleme.
Das Nationalteam von Tschechien wird während der Fußball-Europameisterschaft in Deutschland, die am Freitag, 14. Juni, beginnt, sein sogenanntes Base Camp im Steigenberger Hotel Treudelberg in Lemsahl-Mellingstedt beziehen. Die Trainingsstätte der Mannschaft von Coach Ivan Hasek befindet sich allerdings zehn Kilometer weiter westlich: Ihre Übungseinheiten absolviert die Truppe während des Turniers in Norderstedt im Edmund-Plambeck-Stadion.
Dort bekommen die prominenten Gäste nicht etwa einen roten, sondern einen grünen Teppich ausgerollt. Die 105 x 68 Meter große Rasenfläche befindet sich drei Tage vor dem EM-Auftakt in einem Top-Zustand, ist vom europäischen Fußball-Verband Uefa mit vier von fünf Sternen ausgezeichnet worden und somit in Länderspiel-Verfassung. Die Tschechen werden optimale Trainingsbedingungen vorfinden.
Anders ist die Lage im Hamburger Volksparkstadion, wo der Vize-Europameister von 1996 zwei Gruppenspiele gegen Georgien (Sonnabend, 22. Juli, 15 Uhr) und die Türkei (Mittwoch, 26. Juni, 21 Uhr) bestreitet und am kommenden Sonntag die Niederlande um 15 Uhr auf Polen treffen. Dort musste der gerade erst verlegte Rollrasen wegen von der Uefa festgestellten Qualitätsmängeln wieder ausgetauscht werden.
Große Herausforderung für Eintracht Norderstedts Greenkeeper
Maßgeblich für die komfortable Situation verantwortlich ist Greenkeeper Oliver Schaper. Der 52-Jährige hat sein Handwerk im Golf-Club Hamburg Wendlohe gelernt, machte dort von 1998 bis 2000 eine Ausbildung zum Fachagrarwirt Greenkeeping. Seit 2005 arbeitet er für den Fußballclub Eintracht Norderstedt.
Die „Wiese“, wie er die Rasenfläche im „EPS“ fast schon liebevoll nennt, in einen EM-würdigen Zustand zu bringen, entpuppte sich als eine der größten Herausforderungen in seinem Berufsleben. Denn was Schaper am 18. Mai, dem Tag, als das Stadion für den normalen Fußballbetrieb gesperrt wurde, vorfand, war ernüchternd. Die hohe Spielfrequenz mit den Regionalliga-Heimpartien von Eintracht Norderstedt und dem zweiten Team des FC St. Pauli, die Begegnungen der Uefa-Youth-League von Schachtar Donezk, die ungewöhnlich feuchte Witterung im Herbst, Winter und Frühling hatten deutlich sichtbare Spuren hinterlassen.
Noch Mitte Mai befand sich der Platz in einem sehr schlechten Zustand
„Der Platz befand sich in einem sehr schlechten Zustand“, erinnert sich Oliver Schaper, der umgehend mit den Renovationsarbeiten begann. Denn es gab mit einem knapp bemessenen Zeitplan im Nacken jede Menge zu tun. Der Boden musste unter anderem gestriegelt und vertidrainiert werden. Diese Methode der Tiefenbelüftung dient dazu, um Luft unter das Gras zu bringen und den Austausch von Gasen zu fördern. Es wurde gesät und gedüngt; ein Gemisch aus Mutterboden und Sand war das Mittel der Wahl, um Unebenheiten auszugleichen.
Da das Wetter mitspielte (Schaper: „Die Bedingungen waren optimal“), konnte der Rasen dank der reibungslosen Zusammenarbeit mit der Hamburger Garten- und Landschaftsbaufirma Labarre und der tatkräftigen Mithilfe von Eintracht Norderstedts Teambetreuer Jürgen Krohn schon nach drei Tagen mit einem riesigen wasserdurchlässigen Vlies abgedeckt werden. Durch diese Maßnahme wurde das Wachstum der Halme angeregt.
Die vorgeschriebene Schritthöhe des Rasens beträgt 23 Millimeter
Dann ging es ans regelmäßige Mähen, vier Stunden täglich, siebenmal pro Woche. Die Schnitthöhe wurde – um das Gras zu schonen – peu à peu verringert. Zunächst von 40 auf 35 und 30, später dann auf 27 und schlussendlich auf die vom EM-Veranstalter verlangten 23 Millimeter. Vorgegeben wurden zudem das Mähmuster sowie die Dimension der Streifen, die je nach Mährichtung hell- oder dunkelgrün aussehen: in den Strafräumen sind sie 5,50 Meter, zwischen den Strafräumen 6,10 Meter breit.
Mit der Regulierungswut der Uefa kam Oliver Schaper gut zurecht. Nicht zuletzt deshalb, weil er sich mit deren Greenkeeper Adam Witchel aus Schottland, der während der vergangenen drei Wochen regelmäßig in Norderstedt vorbeischaute und den Arbeitsfortschritt kontrollierte, gut verstand.
Das Ziel: aus einem heruntergerockten Platz das Maximum herauszuholen
„Ich war zunächst sehr gespannt, was da auf mich zukommt. Wir haben uns zunächst zwei, drei Stunden lang kennengelernt und danach auf Augenhöhe miteinander kommuniziert. Schließlich hatten wir beide das Ziel, aus einem heruntergerockten Platz das Maximum herauszuholen. Es war schön, einen Fachmann an meiner Seite zu haben. Adam, der inzwischen nach Leipzig weitergezogen ist, hat schnell gemerkt, dass ich Bock auf meine Aufgabe habe, ich habe einiges von ihm gelernt. Und unser gemeinsames Ergebnis finde ich sensationell.“
Damit dies auch so bleibt, hat Oliver Schaper einen großen Wunsch: „Es darf nicht so heftig regnen, dass der Untergrund aufweicht und die Tschechen den Rasen umpflügen. In diesem Fall hätten wir ein Problem, denn wir müssten die Schäden mithilfe von Forken reparieren. Aber dafür fehlen die nötigen Leute.“
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Zum ersten Mal in Norderstedt trainieren wird die tschechische Nationalmannschaft am Donnerstag. Einen Tag später findet um 11 Uhr die einzige öffentliche Übungseinheit im Edmund-Plambeck-Stadion statt.
Sollte Tschechien das EM-Endspiel erreichen, bliebe das „EPS“ bis Sonntag, 14. Juli, Trainingsgelände inklusive aller erforderlichen Pflegemaßnahmen. Dass Norderstedt in der Kombination mit Hamburg den Zuschlag als Trainingsort der Europameisterschaft bekommen würde, war schon seit 2019 klar. Damals unterzeichnete Ex-Vereinspräsident Reenald Koch einen Grundlagenvertrag mit dem Deutschen Fußball-Bund.
EM 2024: Gastgeber Eintracht Norderstedt wird keinen Gewinn machen
Reich wird die Eintracht, zu deren Aufgaben es gehört, den Platz in Ordnung zu halten, die eigene Stadionwerbung zu neutralisieren und das öffentliche Training der Tschechen zu organisieren, durch ihr Engagement übrigens nicht. „Finanziell werden wir keinen Gewinn machen“, sagt Geschäftsführer Finn Spitzer. Ob sich sein Verein in Zukunft erneut an einer ähnlichen Großveranstaltung in Deutschland beteiligen würde, lässt er offen. „Das steht momentan nicht zur Debatte. Nächster möglicher Termin wäre die Frauenfußball-Weltmeisterschaft 2027 gewesen. Aber die ist ja gerade erst nach Brasilien vergeben worden.“