Norderstedt. Die Eisdiele ist eine Institution in Norderstedt. Was kaum einer weiß: Im Hintergebäude befindet sich eine besondere Eismanufaktur.
- Das Eiscafé Pinocchio ist eine Institution in Norderstedt. Im Hintergebäude befindet sich eine Eismanufaktur.
- Die Marke mybrandice.com stellt für Firmen personalisiertes Eis her.
- Rund 10.000 Eis am Stiel kann Chef Michael Keunecke am Tag produzieren.
Das Eiscafé Pinocchio an der Ulzburger Straße mit seinen urigen Kronleuchtern und den gepolsterten Sitzecken ist seit Jahrzehnten eine Institution in Norderstedt. Auch die roten Eis-Taxis, die das Spaghetti-Eis direkt nach Hause oder ins Büro liefern, sind in der Stadt weit bekannt. Dass sich in dem Gebäude hinter der Eisdiele aber eine rund 200 Quadratmeter große Produktionsstätte befindet, wissen wohl die wenigsten.
Hier stellt Michael Keunecke nicht nur die Eissorten für den Thekenverkauf her. Der 53-jährige Inhaber des Eiscafés hat sich ein weiteres Standbein aufgebaut: Seine Firma mybrandice.com bietet handgemachtes und personalisiertes Eis am Stiel an, ganz nach den Vorstellungen der Kunden. Sie können die Geschmacksrichtung und die Verpackung auswählen und in den Holzstiel das Logo ihres Unternehmens gravieren lassen. Zielgruppe sind keine Privatpersonen, sondern Firmen.
Personalisiertes Eis am Stiel aus Norderstedt
Dabei kann es ruhig ausgefallen werden. „Für den Schmuckhersteller Pandora haben wir essbare Blumen im Eis verarbeitet“, berichtet Keunecke. Zur Eröffnung der Elbphilharmonie produzierte er Eis in Form der berühmten Dach-Silhouette des Konzerthauses. Und zum Jubiläum einer kleinen Konditorei kreierte er 2015 das erste Franzbrötcheneis Deutschlands, wie er sagt.
„Für jeden Auftrag entwerfe ich ein eigenes Rezept“, sagt Keunecke. Unternehmen aus ganz Deutschland und der Schweiz bestellen Eis bei ihm, um es zum Beispiel auf Messen oder Festivals zu verteilen. Beliebt ist der Geschmack von alkoholischen Getränken wie Aperol, Mojito oder auch mal Champagner, die der Experte zu Eis verarbeitet.
Um eine Rezeptur zu entwickeln, braucht Keunecke etwa eine halbe Stunde. „Es kann aber auch mal anspruchsvoller sein und man muss immer wieder probieren“, sagt der Norderstedter. Im Produktionsraum öffnet er einen Stahldeckel, unter dem sich ein Becken mit einer minus 40 Grad kalten Flüssigkeit befindet. Das noch dickflüssige Eis wird in Formen gefüllt, die Stiele in die Zuckermasse gesteckt. Anschließend wird alles ins Becken gestellt. „Innerhalb von zehn bis 15 Minuten friert das Eis“, erklärt Keunecke.
10.000 Eis am Stiel pro Tag können produziert werden
Mithilfe eines Wärmebeckens werden im nächsten Schritt Eis und Form voneinander gelöst, dann wird das Lebensmittel von einer Maschine verpackt und in Kühlschränken gelagert. 10.000 Stück am Tag schafft Keunecke auf diese Weise zu produzieren. „Die Verpackungsmaschine hat mein Vater für uns konstruiert“, berichtet der Inhaber weiter. Luigino Casagrande hat 1983 das Eiscafé Pinocchio in Norderstedt gebaut und groß gemacht. Zwei Jahre später entwickelte er die mutmaßlich erste Maschine, um Spaghetti-Eis herzustellen. „Vorher wurden noch Kartoffelpressen benutzt“, sagt Keunecke und schmunzelt.
Sein Vater ist einst als Gastarbeiter von Italien nach Deutschland gekommen, hat in diversen Eisdielen gearbeitet und selbst Betriebe auf Sylt, in Timmendorfer Strand oder in Norderstedt gegründet. Das technische Wissen, um Maschinen für die Eisproduktion zu bauen, hat er sich selbst angeeignet. Heute lebt der 74-Jährige wieder in Italien und arbeitet als Berater in einer der größten Eismaschinenfirmen der Welt. „Er ist einfach ein mega innovativer Mensch“, sagt Keunecke.
Begeisterung für Eis stammt vom Vater
Die Begeisterung für Eis hat er von seinem Vater geerbt. „Eis interessiert mich einfach. Ich habe eine Faszination für Lebensmittel und gehe gern gut essen“, sagt er. Schon als kleiner Junge hat er viel Zeit im Eiscafé verbracht, Teller gespült, am Fenster verkauft, gekellnert und schließlich den Laden übernommen und weiterentwickelt.
Das Eis-Taxi haben Keunecke und seine Ehefrau Yvonne bereits vor 20 Jahren ins Leben gerufen. „Die Produktion ist daraufhin aus allen Nähten geplatzt“, erinnert sich die 49-Jährige. Sie brauchten dringend mehr Platz. Deshalb haben sie das frühere Lager von Rewe hinter ihrem Geschäft angemietet und dorthin die Eisproduktion verlagert. „Plötzlich hatten wir aber noch eine große Fläche frei und haben uns gefragt, was wir damit machen“, berichtet Yvonne Uhlig-Keunecke. Das war die Geburtsstunde von mybrandice.com. Das Unternehmen gibt es mittlerweile seit mehr als zehn Jahren.
Eisimperium aus Norderstedt beschäftigt 37 Mitarbeitende
37 Mitarbeitende, davon viele Studenten und Schüler, beschäftigt das Norderstedter Eisimperium. Yvonne Uhlig-Keunecke hat ebenfalls als Schülerin im Alter von 16 Jahren in der Eisdiele angefangen zu arbeiten. Das war 1992. Dort lernte sie auch ihren zukünftigen Mann kennen, mit dem sie inzwischen seit mehr als 30 Jahren zusammen ist.
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Michael Keunecke verwendet keine künstlichen Farbstoffe. Außerdem produziert er für Unternehmen ausschließlich veganes Eis. Das macht es einfacher bei Unverträglichkeiten, erklärt der Inhaber. Die Firma nimmt Aufträge mit einer Stückzahl zwischen 1000 und 100.000 Eis am Stiel an. Bei einer großen Bestellung ist eine Vorlaufzeit von vier bis fünf Wochen notwendig. In den Sommermonaten ist mybrandice.com voll ausgelastet. Dann läuft die Eisproduktion hinter dem Pinocchio auf Hochtouren.