Bad Segeberg. Seebären entern die ausverkaufte Freilichtbühne in Bad Segeberg. Was die außergewöhnliche Gruppe und ihr Publikum zusammenschweißt.
Gut einen Kilometer ist der Weg vom am weitesten entfernten Parkplatz P4 bis zum Kalkberg lang – und die Strecke gleicht am Sonnabend einem Pilgerpfad. Familien mit großen und kleinen Kindern, eng umschlungen laufende Paare, ältere Leute mit Sitzkissen unter dem Arm laufen da im Gänsemarsch über den Bürgersteig. Eine Frau steht am Ortseingangs-Schild „Bad Segeberg“ und spricht in ihr Handy: „Wir brauchen ein Taxi.“ Sie alle sind auf dem Weg zum ausverkauften Konzert der Shanty-Rock-Band Santiano.
Ein paar andere Leute bleiben begeistert vor einer kleinen Tafel stehen: „Letzte Bar vorm Berg“ steht darauf. Daneben verkauft ein Mann kalte Getränke und Nüsschen zum Knabbern. Dann endlich der Vorplatz der Freilichtbühne am Segeberger Kalkberg, ebenfalls voller Menschen. Viele tragen „Santiano“-Shirts, holen sich noch rasch an einem der Stände Bier, Grillwurst und Pommes. Danach geht‘s gleich hinunter zur Bühne.
Santiano: Echte Fans schließen Freundschaften, die bleiben
Ganz nah wollen sie den sympathischen Shanty-Rockern von Santiano sein, deren Konterfeis schon am Eingang auf den Tour-Plakaten 2025 „Auf nach Doggerland“ zu sehen sind: Axel Stosberg, der auch als Schauspieler erfolgreich ist, Hans-Timm Hinrichsen, ursprünglich Rocker und von 1988 bis 1994 bei Jack McTiger & The New Deal, Björn Both, in den Neunzigern Bandleader von Late September Dogs und Pete Sage, der schon mit Stars wie Mike Oldfield oder Achim Reichel auf der Bühne stand.
Mit drei Bier in Santiano-Bechern balanciert Stefan aus Osnabrück durch den Eingangsbereich auf die Hamburgerin Zoe und Jens aus Bremen zu. Die drei haben sich in Bad Segeberg gefunden. Echte Fans brauchen nicht viel Anlauf, sondern schließen Freundschaften, die bleiben.
Wer Santiano sehen und hören will, bucht Tickets und Hotel ein Jahr im Voraus
„Stephan kannte ich schon vorher, Zoe haben wir hier getroffen“, erzählt Jens, der sich als „Fan der ersten Stunde“ bezeichnet und auch erzählt, warum das so ist: „Santiano hatte ich vor Jahren einmal im Radio gehört und war begeistert. Seitdem bin ich Fan und fahre zu den Konzerten, im Jahr so zwei- oder dreimal, am liebsten mag ich Open-Air-Tour. Wegen der Stimmung.“
Schon ein Jahr vorher haben Stephan und Jens dafür in Bad Segeberg Tickets und Hotelzimmer gebucht. Ein Konzert soll schließlich keine Hektik sein, kein Stress, sondern ein Erlebnis und ein Genuss. „Und für 2025 haben wir gerade auch schon wieder alles festgemacht“, sagt Stephan und prostet in die Runde.
Gänsehautstimmung: Ein Beben, ein Zittern, das durch die Menge geht
Dann Gänsehautstimmung. Nebelschwaden. Ein Beben, ein Zittern, das durch die Menge geht. Die Band steht auf der Bühne. Endlich. Ganz nah, wie ein alter Freund spricht Sänger und Gitarrist Björn Both zu den mehr als 9500 Fans: „Unser erster Anlauf im Sommer ist immer hier“, sagt er. „Es wird einfach Zeit, dass wir aus den dunklen Hallen, aus den Katakomben herauskommen, zurück an die frische Luft.“
Von da an geht es musikalisch auf wilde Seefahrt. Songs, die an hohe Wellen und bärtige Seebären denken lassen, an Salz auf der Haut und Wind im Gesicht. Es ist ein Musikstil, der irgendwie ganz für sich steht. Schaukelnd, tosend, kraftvoll und dann auch wieder zart und mit Tiefgang. Eine Mischung aus Pop, Rock und Shanty, dazu etwas Schlagerfeeling, Folklore und Irish-Folk-Elemente. Lieder wie „Gott muss ein Seemann sein“ oder „Wenn die Kälte kommt.“ Texte wie „Wir singen die Lieder, die Lieder der Freiheit, die Welt soll uns hören, wir sind nicht allein.“
Die Shanty-Rocker engagieren sich gleich für mehrere soziale Projekte
Ein bisschen klingt da auch immer Trost mit. Und das Gefühl, gemeinsam viel mehr erreichen zu können. Nicht nur, dass Santiano sich gleich für mehrere soziale Projekte engagiert, darunter die José-Carreras-Leukämie-Stiftung und die Seenotretter. Auch ein politisches Anliegen liegt der Band am Herzen: Ausgerechnet in dem Moment, in dem sich auf dem Kalkberg zur Sonne etwas Regen gesellt und ein Regenbogen am Himmel erscheint, weisen die Musiker ihre Fans darauf hin, wie unterschiedlich sie alle sind, dass eben genau dies ein Grund zum Feiern ist und sie gemeinsam gegen Rassismus und für Demokratie stehen wollen.
Eine gemeinsame Sache, die man spürt. Verbindendes Element ist dabei nicht nur die Musik, auch ihr Look schweißt die Menschen zusammen. Und für den ist unter anderem auch ein rund achtköpfiges Team zuständig, das auf den Touren mitreist und Fan-Produkte verkauft. Teil dieses Team ist Philipp, der gerade einen neuen Packen Shirts aus der Kiste nimmt und auf den Tresen legt. Im Eingangsbereich werden Produkte wie Fan-Kleidung, Gürteltaschen, Schlüsselbänder, Sonnenbrillen, Sturmfeuerzeuge, Sitzkissen, Flaggen oder Regenponchos verkauft.
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„Wir sind von Anfang an mit dabei und betreiben auch den Online-Shop“, sagt Philipp. „Manche Fans sind immer wieder dabei, die kennen wir inzwischen schon.“ Ein bisschen wie eine große Familie klingt das. Und hört man auf das, was da aus der Arena heraus über den Kalkberg hallt, sind das geradezu Hymnen, die die Fans wie ein gigantischer Chor mitsingen: „Santiano“, „Haithabu“ und die Ode an Norddeutschland „Hoch im Norden“.
Santiano: Shanty-Rock-Band tritt am 17. Mai 2025 wieder in Bad Segeberg auf
Genau dort hin kommen die Shanty-Rocker auch 2025 zurück: am 17. Mai 2025 wird Santiano erneut auf der Freilichtbühne am Kalkberg stehen. Der Vorverkauf läuft bereits an allen bekannten VVK-Stellen, unter www.eventim.de und www.shtickets.de.
Weitere Konzerte am Kalkberg, Sonnabend, 25. Mai: Andreas Gabalier, Der Dirndl Wahnsinn geht weiter; Sonntag, 26. Mai: Roland Kaiser: 50 Jahre – 50 Hits. Beide Konzerte sind bereits ausverkauft.