Norderstedt. Vor dem Rathaus in Norderstedt wehen Regenbogenflaggen. Bald wird zum dritten Mal der CSD gefeiert. Warum Zeichen so wichtig sind.

Vier regenbogenfarbene Flaggen wehen seit Mittwoch vor dem Norderstedter Rathaus im Wind. Sie sorgen nicht nur für einen schönen Farbtupfer, sondern setzen vor allem ein wichtiges Statement: „Wir stehen für Vielfalt, Toleranz und Zusammenhalt – und das machen wir in den nächsten Tagen ganz deutlich sichtbar“, sagt Oberbürgermeisterin Katrin Schmieder.

Gemeinsam mit Vertretern des Lesben- und Schwulenverbands (LSVD) Schleswig-Holstein hat sie anlässlich des Internationalen Tages gegen Homo-, Bi-, Inter- und Transphobie am 17. Mai die Regenbogenflaggen gehisst.

Homophobie: „Einer wollte, dass ich in der Hölle verbrenne“

Wie notwendig ein solches Zeichen ist, machen die Erzählungen der Mitglieder des Landesvorstands klar: „Es ist erschreckend, wie stark Homophobie zugenommen hat. Die Hemmschwelle, handgreiflich zu werden, ist deutlich gesunken“, berichtet Florian Wieczorek.

Er wünscht sich, mit einem Regenbogen-T-Shirt durch die Straßen laufen zu können und dabei keine Angst haben zu müssen, bespuckt zu werden. „Leider ist es aber traurige Realität, dass viele von uns Angst haben“, sagt er.

Gegen Homophobie: Dritter Christopher-Street-Day in Norderstedt

Gemeinsam mit den anderen Mitgliedern des LSVD kämpft er gegen Diskriminierung. „Und dafür braucht es Sichtbarkeit“, sagt Wieczorek entschlossen. Aus diesem Grund organisiert der Landesverband bereits zum dritten Mal den Christopher-Street-Day (CSD) in Norderstedt, den sogenannten „Norderpride“.

Am Sonnabend, 15. Juni, sollen sich alle Menschen, die für Toleranz und Vielfalt stehen, um 13 Uhr auf dem Rathausmarkt einfinden. Von dort aus zieht der Demonstrationszug über die Ulzburger Straße, die Waldstraße und den Zwijndrechtring zurück auf die Rathausallee. Die Strecke ist etwa zwei Kilometer lang.

2022 hat Norderstedt seine erste Pride-Parade gefeiert.
2022 hat Norderstedt seine erste Pride-Parade gefeiert. © Anika Würz | Anika Würz

„Das ist ein politisches Ereignis und kein Partyevent“, betont Danny Clausen-Holm, Vorstandsvorsitzender des LSVD Schleswig-Holstein. Vor dem Rathaus wird eine große Bühne aufgebaut sein, auf der unter anderem Schirmherrin und Stadtpräsidentin Petra Müller-Schönemann eine Rede hält. Auch Clausen-Holm und Jonas Listing, der ebenfalls dem Vorstand angehört und Mitorganisator des CSD in Norderstedt und Pinneberg ist, werden einige Worte an das Publikum richten. Dazu gibt es Musik, Zuckerwatte und Popcorn.

Queere Menschen sind Hasskommentaren ausgesetzt

Sobald Jonas Listing queere Inhalte in den sozialen Netzwerken postet, sieht er sich etlichen Hasskommentaren ausgesetzt. „Es ist erschreckend, wie viele Menschen sogar unter ihrem Klarnamen schreiben“, sagt er. „Einer wollte, dass ich in der Hölle verbrenne.“ Solche Sätze verletzen. Erschüttern. Und gehören leider zum Alltag. „Es ist so traurig, dass man irgendwann eine gewisse Routine entwickelt. Man stumpft ab“, sagt Listing.

Mehr aus der Region

Der LSVD zeigt Hasskommentare konsequent bei der Polizei an. Weil es Hunderte sind, wählen die Betroffenen die Schlimmsten aus. „Wir gucken uns alles an. In diesem Jahr haben wir mindestens schon zehn Strafanzeigen gestellt. Das lassen wir nicht einfach über uns ergehen“, sagt Danny Clausen-Holm.

CSD in Norderstedt: Organisatoren hoffen auf mehr Teilnehmende

Der diesjährige „Norderpride“ steht unter dem Motto „Normal? Aber sicher!“. Das hat gleich mehrere Bedeutungen: Zum einen seien Nicht-Homosexuelle natürlich ganz „normal“. Zum anderen steckt der Sicherheitsaspekt für queere Menschen in dem Slogan, der bestenfalls ebenso normal und selbstverständlich sein sollte – es vielerorts aber nicht ist.

„Sicherheit ist ein Grundbedürfnis. Aber in der gesellschaftlichen Entwicklung läuft vieles schief. Menschen werden angegangen wegen ihrer Sexualität und Parteizugehörigkeit. Das ist unerträglich für uns“, sagt Clausen-Holm.

In den vergangenen beiden Jahren besuchten rund 550 Teilnehmende den CSD in Norderstedt. Diesmal hoffen die Organisatoren auf noch mehr Menschen, da sie den Termin bewusst außerhalb der Ferien gelegt haben.