Norderstedt/Elmshorn. Mehr als 300.000 Menschen in Deutschland erkranken jährlich an Gürtelrose. Was wirklich gegen die Infektionskrankheit hilft.

Beate hatte etwas zu besprechen. Etwas, das sie schmerzte und trotz Medikation nicht in den Griff kriegte: die Gürtelrose an ihrer Stirn. Beate hatte zuvor Stress. Viel Stress. Und der stand meiner Freundin im Oktober 2023 sichtbar im Gesicht geschrieben: als Hautausschlag mit juckenden Bläschen. Er hielt sich hartnäckig. So ging die 67-Jährige ergänzend zur Heilerin. Zum Besprechen der Gürtelrose – in der Hoffnung, so Linderung zu erfahren (dazu später mehr).

Beate ist eine von mehr als 300.000 Menschen in Deutschland, die jährlich an Gürtelrose erkranken. Einer viralen Infektion, verursacht durch das Varizella-Zoster-Virus. Jeder Mensch, der schon mal Windpocken hatte, kann danach Gürtelrose bekommen. Denn das ursprüngliche Virus verbleibt lebenslang im Körper und kann später reaktiviert werden – durch Stress, ein geschwächtes Immunsystem oder äußere Belastungen. Und erhöht so die Wahrscheinlichkeit einer Gürtelrose an Rumpf, Brustkorb, Armen oder eben auch im Gesicht.

Gürtelrose: Bei den ersten Anzeichen sofort einen Arzt aufsuchen

Bei den ersten Anzeichen gilt es, sofort einen Arzt aufzusuchen. „Die Patienten sollten zügig eine antivirale Therapie erhalten und bei Schmerzen zeitnah adäquat schmerztherapeutisch behandelt werden“, sagt Dr. med. Andrea Ohe, Fachärztin für Anästhesiologie, Spezielle Schmerztherapie, Naturheilverfahren und Ernährungsmedizin in Norderstedt. „Daher ist der Gürtelrosenschmerz bei mir eine Notfall-Diagnose. Die Patienten erhalten trotz Aufnahmestopp innerhalb von ein bis zwei Wochen einen Aufnahmetermin und werden anfangs noch häufiger von mir gesehen, als die meisten anderen Patienten.“

Normalerweise verschwinden die Schmerzen mit dem Abklingen des Ausschlags nach zwei bis vier Wochen. Bleiben sie länger als drei Monate bestehen, spricht man von einer Post-Zoster-Neuralgie. Rund fünf Prozent der Erkrankten sind hierzulande davon betroffen.

Gürtelrose: Betroffen sind meist Menschen zwischen 50 und 70 Jahren

Der Grund: Die betroffenen Nerven wurden durch die Virus-Reaktivierung geschädigt. Dadurch können selbst leichte Berührungen gewisser Körperstellen noch lange starke Schmerzen auslösen.

An Gürtelrose zu erkranken, ist in jedem Alter möglich. „Meistens sind Menschen zwischen 50 und 70 betroffen“, sagt die Allgemeinmedizinerin Dr. med. Hanna Michaelis von der Hausarztpraxis im Ochsenzoll-Center in Hamburg-Langenhorn. Vorbeugend rät sie zur Varizellenimpfung für Kinder ab zwölf Monaten sowie zur Zoster-Impfung für Erwachsene ab 60 Jahren
beziehungsweise 50 Jahren bei Immunsupprimierten und chronisch Erkrankten. „Als Prävention ist noch hilfreich, wenn chronische Stress-Zustände vermieden werden und eine allgemein gesunde Lebensweise gepflegt wird.“

Mit der richtigen Ernährung das Immunsystem stärken

„Ein starkes Immunsystem ist eine gute Vorbeugung gegen Gürtelrose“, sagt die Elmshorner Diplomernährungs- und Diättherapeutin Petra Michel. Präventiv und auch nach einer Erkrankung empfiehlt die Expertin, sich basenüberschüssig zu ernähren. Das geht auf natürliche Weise einher mit einer optimalen Nährstoffversorgung. „So wird unter anderem der Verzehr von
übermäßig viel Back- und Teigwaren, die meist auch noch viel Zucker enthalten, vermindert“, sagt Petra Michel.

„Ein starkes Immunsystem ist eine gute Vorbeugung gegen Gürtelrose“, sagt die Elmshorner Diplomernährungs- und Diättherapeutin Petra Michel. Präventiv und auch nach einer Gürtelrosen-Erkrankung empfiehlt die Expertin, sich basenüberschüssig zu ernähren.
„Ein starkes Immunsystem ist eine gute Vorbeugung gegen Gürtelrose“, sagt die Elmshorner Diplomernährungs- und Diättherapeutin Petra Michel. Präventiv und auch nach einer Gürtelrosen-Erkrankung empfiehlt die Expertin, sich basenüberschüssig zu ernähren. © Bianca Bödeker | BIANCA BOEDEKER

„Gleichzeitig entgiftet und entsäuert der Körper. Die basenüberschüssige Ernährung, die auch der Darmflora hilft, sich zu regenerieren, stellt eine große Entlastung für den Körper dar.“ Weiterhin sei es wichtig, auf eine gute Vitamin-D-Versorgung zu achten - essenziell für ein starkes Immunsystem.

Doch nicht immer lässt sich eine Infektion verhindern und dann ist es vernünftig zu wissen, was dem Körper jetzt guttut. „Verzichten sollte man während dieser Zeit auf Fertiggerichte mit vielen Lebensmittelzusätzen wie raffinierte Kohlenhydrate und Zucker“, rät Petra Michel. „Auch Nüsse, Schokolade und Gelatine, die Arginin enthalten und die Infektion anfeuern können, sollen weggelassen werden. Ebenfalls gesättigte Fettsäuren.“ Zu finden in Fast Food, Fleisch, tierischen Fetten oder Chips.

Ernährungs-Tipp: täglich fünf Portionen Obst und Gemüse

Essen Sie täglich fünf Portionen frisches Obst und Gemüse (zwei Handvoll Obst und drei Handvoll Gemüse), ergänzen Sie dies am besten zweimal in der Woche mit frischen Meeresfischen und täglich ein bis zwei Esslöffeln Leinöl. Die Aminosäure Lysin sollte in dieser Zeit reichlich in die Ernährung einbezogen werden. Dazu gehören Eier, Fisch, Tofu, Bohnen, Linsen, Kichererbsen, Magerquark und Hüttenkäse.

Kaffee sollte die Ausnahme bei den Getränken sein. Lieber Grüntee, Salbei, Kamille, Thymian und Ingwer, aber auch Kurkuma zur Herstellung von Tees nutzen. Stilles Mineralwasser oder eine kräftigende Brühe unterstützen den Körper bei der Regeneration.

Für die Wundheilung ist Zink wichtig

Manchmal benötigt der Körper mehr Vitamin C, um seine Vitalstoffe aufzufüllen und widerstandsfähig zu werden. Als starkes Antioxidans stimuliert es das Immunsystem, beispielsweise mit dem Saft aus drei bis Orangen, grünem Gemüse (200 g Rosenkohl, 250 g Brokkoli). Darin findet sich auch gleich eine Menge Magnesium, das den Schmerz lindert.

Essenziell für die Wundheilung ist Zink (in Erbsen, Linsen, Haferflocken, Mandeln, allen Beerenfrüchten und Bananen). Nützlich sind auch die Enzyme aus Ananas oder Papaya. Im Stoffwechselprozess werden Peptidasen produziert, Enzyme, die Proteine oder Peptide spalten und die Viren bekämpfen können.

Gürtelrose besprechen – hilfreich oder Hokuspokus?

Zurück zum Anfang und der Frage: Wie erfolgreich kann parallel zur medikamentösen Versorgung das Besprechen der Gürtelrose sein? Das habe ich Heilerin Kerstin Breitung (51) aus Norderstedt gefragt. Mehrmals pro Woche kommen Klienten zu ihr, um ihre Gürtelrose besprechen zu lassen. Manche erst nach Wochen oder Monaten, wenn nur noch Nervenschmerzen und Jucken da sind.

„Zunächst schildern sie mir ihre Beschwerden und sagen mir, wo die Gürtelrose sitzt. Ich stelle jedoch keine Diagnosen und gebe keine Heilversprechen“, betont Kerstin Breitung. „Meine erste Frage lautet deshalb immer ,Waren Sie beim Arzt?‘ Ich kläre sofort auf, dass das Besprechen eine Ergänzung zur Schulmedizin ist. Alles, was der Arzt verschrieben hat, wird weiter genommen, damit die Krankheit nicht chronisch wird.“

Je nachdem, wo die Gürtelrose sitzt, folgen genau an dieser Stelle zwei bis drei weitere Gebete

Anhand der Symptome, die ihr die Klienten schildern, sucht Kerstin Breitung meist fünf aus 15 jahrhundertealten Heilgebeten aus. „Ich verbinde mich dann energetisch mit dem Klienten, lege zunächst meine Hände auf dessen Schulter. Lautlos spreche ich das erste Gebet. Dann orientiere ich mich in Richtung Brust und Bauch und spreche das nächste Gebet. Je nachdem, wo die Gürtelrose sitzt, folgen genau an dieser Stelle zwei bis drei weitere Gebete. Abschließend lege ich zum Ableiten meine Hände auf die Füße des Klienten.“

So habe sie es auch bei der älteren Dame aus der benachbarten Wohnanlage gemacht. Vor mehr als einem Jahr erkrankte die an Gürtelrose am Rumpf. Während der Ausschlag abheilte, blieben die Nervenschmerzen dauerhaft. Kerstin Breitung besprach die Stelle drei Mal, und schon nach der ersten Behandlung ließ der Schmerz nach.

Eine Gürtelrosen-Besprechung kostet 15 Euro

Für jede Behandlung, die 15 bis 20 Minuten dauert, zahlt der Klient 15 Euro an Kerstin Breitung, die dieses jahrhundertealte Heilungsritual vor mehr als sechs Jahren bei Erika Wichmann, Reikilehrerin, Entspannungstrainerin und
Rückführungstherapeutin, in Alveslohe gelernt hat.

„Jeder kann es lernen, der aus dem Herzen heraus eine innere Grundhaltung hat, sich als Energiekanal zur Verfügung zu stellen“, sagt die 74-Jährige. „Wir sind ja nicht nur Materie, sondern Körper, Geist und Seele. Das ist spätestens bekannt, seit die Traditionelle Chinesische Medizin mit Akupunktur und Akupressur sich immer mehr zur anerkannten Heilmethode entwickelt hat.“

Ärztekammer-Präsident: Wissenschaftliche Beweise für Wirksamkeit einer Besprechung liegen nicht vor

Und wie stehen Ärzte und Krankenkassen dazu? „Wissenschaftlich valide Beweise für Wirkung und Wirksamkeit liegen für das Besprechen von Krankheiten nicht vor, die Methode ist von der evidenzbasierten Medizin nicht anerkannt“, sagt Prof. Henrik Herrmann, Präsident der Ärztekammer Schleswig-Holstein. Und das Besprechen von Krankheiten ist laut Techniker Krankenkasse keine Leistung der Gesetzlichen Krankenversicherung.

Zu den Gründen verweist mich die Pressestelle an den Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA). Er ist das höchste Beschlussgremium der gemeinsamen Selbstverwaltung im und durch den Gesetzgeber beauftragt, in der über die Leistungsansprüche der Versicherten und die Vergütung der rechtsverbindlich zu entscheiden. „Eine Einschätzung des medizinischen Nutzens des Besprechens einer Gürtelrose können wir Ihnen von Seiten der Geschäftsstelle des G-BA nicht geben“, so die Antwort auf meine Nachfrage.

Medikamentöse Behandlung darf auf keinen Fall verzögert werden

Weiter heißt es: „Das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen hat seine Informationen zum Thema Gürtelrose überprüft und aktualisiert. Das ‚Besprechen‘ als ergänzende Heilmethode wird unter dem Aspekt ‚Behandlung‘ nicht thematisiert – Grund könnte sein, dass es hierzu keine Studien gibt und man sich deshalb nicht zum Nutzen äußern kann.“

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Auch wenn es keine Studien gibt, so doch immer wieder mündliche Erfahrungsberichte. „Ich meine, ein oder zwei Patienten gehabt zu haben, bei denen es zu keiner Schmerz-Chronifizierung gekommen war. Sie waren zum Besprechen, und die Schmerzmedikamente konnten recht zügig abgesetzt werden“, sagt Dr.med. Andrea Ohe.

„Wenn die Patienten parallel zum Besprechen gehen möchten, können sie das selbstverständlich gerne tun.“ Es sollte, so die Norderstedter Ärztin, jedoch keinesfalls die medikamentöse Therapie verzögert werden, indem man die Gürtelrose zuerst besprechen lässt.

Impfung ist wichtig, denn Gürtelrose kann wiederholt auftreten

Meine eingangs genannte Freundin Beate hat ihre Gürtelrose übrigens gut überstanden. Auch sie ist davon überzeugt, dass das ergänzende Besprechen ihr dabei geholfen hat. Und hat sich nun für eine Impfung entschieden, denn, so ist wichtig zu wissen: Gürtelrose kann wiederholt auftreten. Daher ist die Impfung auch nach der Genesung sinnvoll und kann das Risiko für eine erneute Erkrankung verringern.