Bad Segeberg. Bedrohliche Szenen vor Sitzung der Partei im Kreishaus Bad Segeberg. Doch dann passierte etwas sehr Vorbildliches.
Aufgeheizte Stimmung, Blockaden mit Misthaufen: Überall in Deutschland machen die Angriffe auf Kommunalpolitiker und die Störungsversuche besonders grüner Parteiveranstaltungen durch aufgebrachte Bauern und Protestierer aus dem rechten politischen Spektrum Schlagzeilen. In Biberach in Baden-Württemberg eskalierte die Situation zuletzt an Aschermittwoch, wo eine grüne Parteiveranstaltung nach gewalttätigen Ausschreitungen abgesagt werden musste.
Auch im Kreis Segeberg ist das Phänomen angekommen. Die Grüne Kreistagsfraktion im Kreis Segeberg wollte am Montag, 19. Februar, die regelmäßige Fraktionssitzung im Kreishaus an der Rosenstraße 28a abhalten. Doch an diesem Abend hatte sich eine Gruppe von Störern über einen laut Grünen „einschlägigen Kanal“ des digitalen Messengerdienstes Telegram dazu verabredet, die Sitzung der Grünen zu stören.
Mulmige Gefühle: Polizeischutz wurde beantragt
Bei den ehrenamtlichen Kommunalpolitikerinnen und -politikern sorgte dieses Szenario für mulmige Gefühle. Sie meldeten sich bei der Polizei, um die Sicherheit der Fraktionsmitglieder zu gewährleisten. Das Revier Bad Segeberg schickte einige Streifenwagen, das Gelände der Kreisverwaltung wurde zeitweise abgesperrt. Außerdem erschien Kreisbaudirektor Hendrik Schrenk in Vertretung des Landrates Jan Peter Schröder und begleitete die Veranstaltung den ganzen Abend.
Tatsächlich versammelten sich am Montag nach Polizeiangaben etwa 250 Menschen zu der nicht offiziell angemeldeten Demonstration vor dem Kreishaus. Sie saßen auf Traktoren, Zugmaschinen und in diversen Autos und belagerten das Gelände.
Vorbildliche Reaktion der Grünen auf die bedrohliche Lage
Eine herausfordernde Situation, der die Fraktionsvorsitzenden der Bad Segeberger Grünen, Denise Kreissl und Arne Hansen, letztlich mit viel Mut und Entschlossenheit entgegentraten. Sie entschieden sich zu einem Schritt, der vorbildlich sein sollte in einer politisch aufgeheizten Lage, wie sie derzeit in Deutschland herrscht.
Kreissl und Hansen stellten sich vor die protestierende Menge und luden zwei Vertreter der Demonstrierenden ein, an einem konstruktiven Dialog teilzunehmen. Und siehe da: Das Angebot wurde angenommen. Über eine halbe Stunde lang wurde über die Anliegen der Demonstrierenden diskutiert. „Wobei deren Vertreter die Gelegenheit hatten, ihre Standpunkte klar zu äußern. Es wurde vereinbart, dass die Demonstrierenden ihrerseits eine Liste der zu kritisierenden Punkte und gegebenenfalls Lösungsvorschläge und Forderungen an die Kreis-, Landes- und Bundespolitik vorbereiten, um dann in einem weiteren terminierten Gespräch darüber in den Austausch zu gehen“, teilen die Grünen mit.
Störer lösten die Blockade selbstständig wieder auf
Danach ging man auseinander und die nicht angemeldete Demonstration wurde von den Veranstaltern eigenständig wieder aufgelöst. Die grüne Kreistagsfraktion betont, dass die ehrenamtlichen Kreispolitikerinnen und -politiker wenig bis keinen Einfluss auf Landes- oder Bundespolitik haben. Dennoch sei man sich der Bedeutung der Anliegen der Protestierenden bewusst und stets offen für einen lösungsorientierten Dialog.
„Wir bleiben unseren Werten treu und setzen uns weiterhin für eine offene und konstruktive Diskussion auf Augenhöhe ein“, sagt die Co-Fraktionsvorsitzende Denise Kreissl. „Wir danken der Polizei Bad Segeberg für ihre außerordentliche Unterstützung. Außerdem danken wir explizit Hendrik Schrenk, der die Vorkommnisse bis zum Schluss mit vollem Einsatz begleitete und ebenfalls das Gespräch mit den Demonstrierenden suchte. Unsere Hochachtung dafür.“ Darüber hinaus betonte Kreissl die Entschlossenheit der gesamten Fraktion, auch weiterhin den Dialog mit der Bevölkerung suchen zu wollen und „sinnvolle Lösungen für die Herausforderungen unserer Zeit zu finden“.
Störungsversuch aus bei den Grünen in Nahe
Einen ähnlichen Vorfall hatte es bereits am 25. Januar in Nahe im Bürgerhaus gegeben, als Grüne dort einen Infoabend zur Energiewende anboten. Damals hatten sich angeblich Bauern in einer WhatsApp-Gruppe verabredet, die Parteiveranstaltung zu stören. Doch am fraglichen Abend blieb es ruhig, etwa 70 Gäste konnten die Veranstaltung störungsfrei besuchen.
„Keiner ist dem Aufruf gefolgt. Offensichtlich gibt es in der regionalen Bauernschaft genügend vernünftige Leute, die sich zu keinen Störungen hinreißen lassen, die ihnen eher schaden würden“, sagt Eberhard Krauß, Grüner Gemeindevertreter aus Kayhude und Mitorganisator des damaligen Abends.