Henstedt-Ulzburg. Tiere sind keine Ware, sondern Lebewesen: Warum Hund, Katze oder Maus unter dem Weihnachtsbaum nichts zu suchen haben.

Das Kätzchen sitzt mit Schleife unterm Weihnachtsbaum, der Hundewelpe räkelt sich in seinem Körbchen, der Hamster dreht neben dem Baum seine Runden – Tiere sind ein beliebtes Weihnachtsgeschenk, Eltern wollen ihren Kindern mit den großen oder kleinen Vierbeinern eine besondere Freude machen. Aber Achtung: Was gut gemeint ist, hat für die Geschenke auf vier Pfoten oft fatale Folgen: Sie werden ausgesetzt oder landen im Tierheim.

„Wir merken, dass Haustiere, die zu Weihnachten verschenkt wurden, meist kurz vor den Frühjahrsferien wieder abgegeben werden, weil die neuen Besitzer verreisen wollen und nicht wissen, wohin mit dem Tier. Oder weil sich herausstellt, dass der vermeintlich süße Hund alles kaputt beißt“, sagt Katja Vogel, Leiterin des Tierheims Henstedt-Ulzburg. Nach den Weihnachtsfeiertagen würden 20 bis 30 Prozent mehr Tiere abgegeben als sonst. Ein Problem, denn schon jetzt seien die Aufnahmekapazitäten erschöpft, allein 50 Hunde stünden auf der Warteliste.

Ein Tier ist keine Ware, die man schnell mal tauschen kann

„Oft werden Tiere, die zu Weihnachten verschenkt wurden, kurz vor den Frühjahrsferien bei uns abgegeben“, sagt Katja Vogel, Leiterin des Tierheims Henstedt-Ulzburg.
„Oft werden Tiere, die zu Weihnachten verschenkt wurden, kurz vor den Frühjahrsferien bei uns abgegeben“, sagt Katja Vogel, Leiterin des Tierheims Henstedt-Ulzburg. © Christopher Mey | Christopher Mey

Nicht nur die Aufnahmeeinrichtung in Henstedt-Ulzburg hat mit diesen Problemen zu kämpfen, viele Tierheime sind voll. Das führe dazu, dass abgewiesene Tierhalter versuchen, ihre Tiere übers Internet zu verkaufen. „Da kann ein junger Hund schnell mal zum Wanderpokal werden“, sagt Vogel, aber: Ein Tier sei keine Ware, kein Pullover oder Buch, das man schnell mal tauschen könne.

Der Weiterverkauf via Internet kann schwerwiegende Folgen für die Tiergesundheit haben. Nach Ansicht von Experten ist es vor allem für Welpen und Junghunde schwer traumatisierend, wenn sie nach ein paar Tagen oder Wochen in der neuen Familie einfach wieder abgegeben werden, nur weil den Schenkern oder Beschenkten nicht ausreichend klar war, welche Bedürfnisse Lebewesen haben.

Bei Trubel und Hektik an Weihnachten bleibt keine Zeit für ein neues Tier

„Natürlich geben die meisten nicht zu, dass es sich um ein Weihnachtsgeschenk handelt“, sagt die Tierheim-Chefin. Sie und ihr Team vermitteln kurz vor dem Fest grundsätzlich keine Tiere mehr. „Wenn sich jemand für eins unserer Tiere interessiert, kann er oder sie gern vor Weihnachten zu uns kommen, sich informieren, das Wunschtier ansehen und sich beraten lassen.“ Aber abgeholt werden kann das neue Familienmitglied erst nach Weihnachten.

Weihnachten sei nun „komplett die falsche Zeit“, sich ein Haustier zuzulegen, egal, ob es sich um Hund, Katze, Chinchilla oder Wellensittich handelt. Da herrsche Trubel und Hektik, es bleibe keine Zeit und Ruhe, sich mit den Konsequenzen eines Tierkaufs und mit dem Tier selbst auseinanderzusetzen. Und die Folgen seien durchaus erheblich: Gerade kleine Hunde brauchten viel Betreuung und Aufmerksamkeit, weil sie erst lernen müssen, an der Leine zu gehen, ihre Geschäfte nicht im Wohnzimmer zu erledigen, ihr Futter aus dem Napf zu fressen.

Kein Tier im Internet kaufen und damit eventuell die Hunde-Mafia unterstützen!

Diese Welpen wurden vom Hamburger Welpenhändler-Clan angeboten. Oft sind die Tiere todkrank.
Diese Welpen wurden vom Hamburger Welpenhändler-Clan angeboten. Oft sind die Tiere todkrank. © Animal Care e.V. | Animal Care e.V.

Es komme häufig vor, dass Kinder, die sich so sehr ein Haustier gewünscht haben, das Interesse verlieren und nicht mehr bereit sind, sich um das Tier zu kümmern. Die Eltern haben keine Zeit oder Lust, die Aufgaben zu übernehmen – das begehrte Weihnachtsgeschenk landet im Tierheim. Auch die Finanzen spielen eine Rolle. Reicht das Geld, um den Tierarzt oder Tierärztin zu bezahlen und das Futter zu besorgen?

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Die Zahl der Tiere, die zurückgegeben werden, steige. Durch den Internet-Handel sei es relativ leicht, an ein Haustier zu kommen. Dabei sei die Gefahr groß, an ein Tier aus illegalem Online-Handel zu geraten. „Wir haben allein von 2020 bis 2022 mehr als 130 Fälle dem Hamburger Welpenhändler-Clan zugeordnet“, sagt Sina Hanke, Vorsitzende des Rellinger Tierschutzvereins Animal Care, die in mehreren Prozessen gegen Welpenhändler als Zeugin ausgesagt hat.

Eltern und Kinder sollten ein Tier gemeinsam aussuchen

Katja Vogel rät davon ab, sich auf diesem Weg einen neuen Mitbewohner zu besorgen. Unverantwortlich sei es auch, ein Tier, das man nicht kennt, am Flughafen oder auf einem Parkplatz in Empfang zu nehmen. „Seriöse Pflegestellen stellen sicher, dass Interessierte ausreichend Gelegenheiten bekommen, das Wunschtier kennenzulernen. Es wird auch darauf geachtet, dass beispielsweise Hund und Herrchen oder Frauchen zueinander passen“, sagt die Henstedt-Ulzburger Tierheim-Chefin.

„Es ist ratsam, dass nicht nur die Eltern allein ein Tier für ihr Kind aussuchen. Kinder sollten von Anfang an beteiligt werden“, sagt Katja Vogel. Ihnen muss das neue Familienmitglied nicht nur gefallen, sie sollten auch schon vor der Vermittlung wissen, welche Verantwortung und Aufgaben damit verbunden sind.