Norderstedt. Mietspiegel 2023 für Norderstedt: Anstieg fällt höher als in den Vorjahren. Welche Wohnungen in der Stadt am teuersten sind.

Die Mieten in Norderstedt sind wieder gestiegen, in den vergangenen zwei Jahren um durchschnittlich 6,18 Prozent. Das ergibt sich aus dem Mietspiegel 2023, den die Stadt jetzt veröffentlicht hat. Der Norderstedter Mieterverein spricht von einer „kräftigen und für die Mieter belastenden Steigerung“. Auch Haus & Grund stellt fest: Der Anstieg fällt höher aus als in den vergangenen Jahren.

Aus dem Mietspiegel ergibt sich eine Durchschnittsmiete von 9,77 Euro pro Quadratmeter. Am teuersten sind nach wie vor kleine Wohnungen – wer in einem Zimmer auf bis zu 40 Quadratmetern leben will, zahlt im Schnitt zwischen 11,12 und 15,05 Euro. Die Spanne erklärt sich durch das Baujahr, der Mietspiegel unterscheidet fünf Baualtersklassen: 1954 bis 1965, 1966 bis 1970, 1990 bis 2003 und 2004 bis 2022.

Mieter und Vermieter müssen sich innerhalb der Preisspannen einigen

Differenziert wird zudem nach Wohnungsgröße, hier gibt es sieben Kategorien, von der Einzimmerwohnung mit bis zu 40 Quadratmetern bis zu Wohnungen mit mehr als 92 Quadratmetern und mindestens vier Zimmern. Angegeben ist jeweils die Nettokaltmiete ohne Heizungs- und Betriebskosten. Genannt werden ein Durchschnittspreis und eine Preisspanne, innerhalb derer sich Mieter und Vermieter einigen müssen.

Für den Mietspiegel wurden annähernd 8700 Daten von frei finanzierten Wohnungen erfasst, unberücksichtigt blieben Sozialwohnungen. „Dies ist ein hoher Prozentsatz des in Frage kommenden, nicht preisgebundenen Mietwohnungsbestandes“, sagt Bernd-Olaf Struppek, Sprecher der Stadtverwaltung. Nach geltendem Mietrecht dürften nur die 7530 Mieten verwertet werden, die in den vergangenen sechs Jahren vereinbart oder geändert worden sind.

Haus & Grund: Viele Mieten von privaten Vermietern bleiben unberücksichtigt

Viele seit Jahrzehnten unveränderte Mieten von privaten Vermietern bleiben im Mietspiegel unberücksichtigt, kritisiert Sven Wojtkowiak, Vorsitzender von Haus & Grund in Norderstedt.
Viele seit Jahrzehnten unveränderte Mieten von privaten Vermietern bleiben im Mietspiegel unberücksichtigt, kritisiert Sven Wojtkowiak, Vorsitzender von Haus & Grund in Norderstedt. © Michael Schick | Michael Schick

Haus & Grund kritisiert, dass der Mietspiegel immer nur die in den letzten vier Jahren vereinbarten oder veränderten Mieten berücksichtigt. „Die vielen Mieten – insbesondere von privaten Vermietern – die über Jahre und Jahrzehnte nicht angepasst wurden, fließen nicht ein. Ebenso außen vorgelassen werden die öffentlich geförderten Wohnungen. Laut Mikrozensus gehen 76 Prozent aller neugebauten Wohnungen in Mehrfamilienhäusern auf die Initiative von Privatpersonen zurück“, sagt Sven Wojtkowiak, Vorsitzender von Haus & Grund Norderstedt.

Das Zahlenwerk ist ein Gemeinschaftsprodukt des Norderstedter Mietervereins, von Haus & Grund als Vertreter der Vermieter, des Landesverband Nord der freien Immobilien- und Wohnungsunternehmen und des Norderstedter Sozialamts. „Er gilt als einer bestfundierten Mietspiegel in Deutschland“, sagt Struppek. Die Angaben seien nicht nur eine wichtige und verbindliche Informationsquelle für Mieter und Vermieter, er habe sich auch bei einem Streit vor Gericht als Orientierungshilfe bewährt.

Neue Wohnungen sind teuer, der Energiestandard ist besser

Am günstigsten zu haben ist eine Wohnung mit einer Größe von 80 bis 92 Quadratmetern und mindestens 3,5 Zimmern, die zwischen 1966 und 1970 gebaut wurde. 7,02 Euro müssen Mieter für den Quadratmeter zahlen – ein Preis, der zumindest in die Nähe der Mietpreise für nach dem ersten Förderweg gebauten Sozialwohnungen von 6,50 bis 6,80 Euro rückt.

Mehr als doppelt so teuer ist der Spitzenreiter im Mietspiegel, eine kleine Wohnung aus der jüngsten Baualtersklasse. Dafür verlangen Norderstedter Vermieter im Schnitt 15,05 Euro pro Quadratmeter. „Bei den neueren Gebäuden ist der Energiestandard deutlich besser, die Mieter sparen Nebenkosten im Vergleich zu älteren Wohnungen“, sagt Wojtkowiak. Bei Neubauten, die erst in diesem Jahr bezugsfertig wurden oder werden, dürften die Mieten noch höher sein.

Wojtkowiak weist darauf hin, dass die Mieten in Norderstedt deutlich weniger stark gestiegen seien als der Verbraucherpreisindex. Die Preise für Waren und Dienstleistungen seien zwischen 2021 und 2023 um 13,7 geklettert, die Mietsteigerung liege mit 6,18 Prozent nicht mal bei der Hälfte.

Mieterverein: Höhere Mieten belasten Mieter zusätzlich zur Inflation

„Natürlich sind wir nicht glücklich mit den Mieterhöhungen“, sagt Anette Schütz-Schreiber, Geschäftsführerin des Mietervereins Norderstedt.
„Natürlich sind wir nicht glücklich mit den Mieterhöhungen“, sagt Anette Schütz-Schreiber, Geschäftsführerin des Mietervereins Norderstedt. © Norderstedt | Claas Greite

„Beim Thema Miete wird leider oft vergessen, dass mittlerweile die Nebenkosten, insbesondere für Energie, einen überproportionalen Anteil fürs Wohnen ausmachen. Dies trifft übrigens Mieter wie Eigentümer gleichermaßen“, betont Wojtkowiak. „Leidtragend sind hier vor allem die Bevölkerungsschichten mit niedrigem Einkommen, da diese oft in den älteren, energetisch schlecht gedämmten Wohnhäusern leben.“

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„Natürlich sind wir über die deutlichen Preissteigerungen bei der Miete nicht glücklich“, sagt Anette Schütz-Schreiber, Geschäftsführerin des Mietervereins Norderstedt. Die Mieter seien ohnehin schon stark belastet durch die Inflation und die gestiegenen Energiekosten. Und die könnten sich durchaus weiter nach oben bewegen, zumal der Bund die Gas- und Strompreisbremse zum Jahresende auslaufen lassen will.

Norderstedt rangiert seit langem unter den teuersten Städten im Norden

Mit den Mieten rangiere Norderstedt ohnehin schon weit im oben im Ranking der teuersten Städte und müsse sich eher mit Hamburg als mit schleswig-holsteinischen Städten und Gemeinden vergleichen. Seit Jahrzehnten spielt die Stadt bei den Mietkosten ganz oben mit, war vor Jahren sogar bundesweit unter den Top Ten. Nach wie vor ist Norderstedt Stadt attraktiv, der Zuzug enorm, aber: Es fehlen bezahlbare Wohnungen.

Mit der erneuten Mietsteigerung werde es für Wohnungssuchende noch schwieriger, ein Dach über dem Kopf zu finden, sagt Schütz-Schreiber. Sie sieht schon eine Welle von Anfragen auf den Mieterverein zukommen, wenn der Mietspiegel zunehmend in der Öffentlichkeit bekannt werde. Da werde sich mancher Mieter sorgen, ob er das Wohnen noch bezahlen kann.