Kaltenkirchen/Wacken. Die Retter aus Kaltenkirchen halfen, damit der 65-jährige Michael beim WOA 2023 Iron Maiden sehen konnte.
Das Wacken Open Air ist schon lange vorbei, doch eine zu Tränen rührende Geschichte von dort sorgt bei Facebook immer noch für riesiges Interesse mit Zehntausenden Followern und Hunderten Kommentaren – und es werden täglich mehr. Die Helfer vom Deutschen Roten Kreuz (DRK) aus Kaltenkirchen haben es möglich gemacht, dass ein todkranker 65-Jähriger das Konzert der Heavy-Metal-Band Iron Maiden beim WOA besuchen konnte.
„Wir haben das organisiert und begleitet“, sagt der Vorsitzende des DRK-Ortsvereins, Jürgen Schumacher, der sich mit seinem ehrenamtlichen Sanitätsteam auf die nächsten Einsätze beim Kaltenkirchener Jahrmarkt und bei der Olé-Party in Hartenholm vorbereitet und nebenher täglich die enorme Resonanz auf den ungewöhnlichen Transport von Michael in den sozialen Medien beobachtet.
Emotionen bei Facebook: Unvergesslicher Einsatz in Wacken
Allein am Donnerstag haben Hunderte User den Bericht auf der Facebook-Fanpage von „Der Wünschewagen“ kommentiert. Auf dieser Seite kommen bis jetzt mehr als 22.000 Likes für den Beitrag über Michael zusammen. 730 Leser hinterließen einen Kommentar, der Beitrag wurde mehr als 1200-mal geteilt. Hinzu kommen Tausende Likes auf anderes Seiten.
„Einfach fantastisch“, schrieb eine Leserin. Eine andere hinterließ am Donnerstag diesen Kommentar: „Boah, da laufen direkt ein paar Tränen, hatte die Kommentare schon gelesen gehabt, wie man es vielleicht doch lösen könnte und nun die Geschichte dazu wie ihr es geschafft habt! wow toll! Was für tolle Erinnerungen ihr da geschaffen habt. Riesigen Respekt für eure Arbeit!“
Einmal wollte Michael noch Iron Maiden in Wacken erleben
Michael heißt der 65-Jährige aus Sarau, einem Ortsteil von Glasau im Kreis Segeberg. Er weiß, dass er nicht mehr lange zu leben habt. Doch einen Wunsch will sich bettlägerige Mann noch erfüllen: Einmal Iron Maiden live erleben! Das Team von „Der Wünschewagen“ des Arbeiter-Samariter-Bundes (ASB) ist stets zur Stelle, wenn es darum geht, besondere Wünsche von Schwerkranken zu erfüllen.
Alles war für den Besuch am 4. August vor der Bühne unter dem stilisierten Ochsenkopf vorbereitet. Doch dann folgte die Absage des Veranstalters, nachdem Dauerregen das gesamte Festivalgelände in einen Sumpf verwandelt hatte. Ein Transport des Bettlägerigen sei nicht sicher zu gewährleisten.
Der Hilferuf des Wünschewagen-Teams bei Facebook führte zum Erfolg
Doch das Wünschewagen-Team gab nicht auf, bat bei Facebook um Hilfe. „Ich schrieb einen Post in zwei Wacken-Gruppen bei Facebook und in kürzester Zeit explodierten mein Postfach, die Kommentare und auch das Telefon unserer Koordinatorin“, schreibt Gunnar Christiansen, der sich bei Facebook „Wunscherfüller aus Schleswig-Holstein“ nennt.
Manche rieten, einen Hubschrauber zu chartern, andere empfahlen einem Transport per Schlauchboot. Auch Angebote von Landwirten trafen ein, die mit dem Trecker kommen wollten, um Michael die Fahrt bis zur Bühne zu ermöglichen „Alle wollten helfen und an einer Lösung mitarbeiten“, schreibt Christiansen.
Das Rote Kreuz aus Kaltenkirchen sagte spontan Hilfe zu
Mit den Posts habe er auch Mitglieder der sogenannten Wackener Blaulichtfamilie erreicht. Dazu zählen die Polizei und andere Organisation wie das Kaltenkirchener DRK, das alljährlich in Wacken den kompletten Sanitätsdienst mit 450 Helfern organisiert und gut mit den Veranstaltern kooperiert.
Von dort kam spontan die Zusage, einen sicheren Transport von Michael zu ermöglichen. „Tränen der Begeisterung und Rührung flossen, so groß war die Freude, dass es jetzt doch wirklich losgehen sollte“, schreibt Christiansen. „Das beste Maiden-Shirt wurde angezogen, darüber die Kutte mit den vielen Patches und Bändchen der vergangenen Wacken-Besuche.“ Michael, Familie und Freunde gehören den Stammgästen des WOA.
Mit Blaulicht an allen Kontrollstellen vorbei auf den „Holy ground“
Die Rot-Kreuz-Helfer trafen sich vor dem Konzert mit Michael, seinem besten Freund und der Familie, schalteten das Blaulicht ein und fuhren an allen Kontrollstellen vorbei durch Wacken zum Gelände. Dort übernahmen Retter zu Fuß den Transport auf einer Trage, sorgten für einen Spalier in der Menge auf dem „Holy ground“ und begleiteten Michael bis zur Bühne.
Weiter heißt es in dem Beitrag dort: „Michael genoss das Konzert in vollen Zügen. Es wurde mitgesungen, gelacht, geweint und jede Sekunde aufgesogen. Freunde durften zu ihm, um den Moment mit ihm und seiner Familie zu genießen und alle Mitglieder unserer Blaulichtfamilie kümmerten sich um ihn, damit er diesen Abend so richtig auskosten konnte.
Feuerwehrleute fuhren Michael nach dem Konzert zurück
Nach dem Ende des Konzerts ging es durch das Spalier der Retter zurück. „Als wir sein Lächeln gesehen haben, wussten wir, dass wir alles richtig gemacht haben“, sagt Jürgen Schumacher. Als der Wünschewagen nach dem Konzert mit Michael nach Hause fuhr, stärkten sich zunächst alle bei einer Rast bei McDonald’s. Dann eskortierte die Feuerwehr aus Michaels Heimatdorf die Fahrt nach Hause.
Auch dabei sorgte das Blaulicht für freie Fahrt. Gegen 1.30 Uhr traf Michael dort ein. Die letzte große Überraschung: Am Haus warteten die Nachbarn auf ihn, um die Ankunft zu feiern.
„Diese Geschichte hat sich wirklich enorm herumgesprochen“, sagt der DRK-Vorsitzende. Auch im nächsten Jahr werden die Kaltenkirchener Retter wieder in Wacken dabei sein. Übers Jahr werden nach und nach die Bestände von Ausrüstung und Medikamenten wieder aufgefüllt, damit die Helfer pünktlich am 31. Juli für das Wacken Open Air 2024 einsatzbereit ist und vielleicht erneut helfen kann, einen großen Wunsch zu erfüllen. Die Karten für das Open Air im kommenden Jahr waren nach vier Stunden ausverkauft.
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Wünschewagen verzeichnet plötzlich 4000 neue Follower
Die Reaktionen im Netz beschäftigen bis heute auch das Wünschewagen-Team. So groß wie in diesem Fall sei die Resonanz noch nie gewesen, sagt Birgit Priedemann, Sprecherin der Organisation in Schleswig-Holstein. „Wir haben seitdem 4000 Follower mehr.“ Immer noch träfen Angebote von Feuerwehren und anderen Organisationen aus ganz Deutschland ein, die ihre Hilfe für weitere Aktionen anbieten.
„Für uns war klar, dass wir Michael als Liegendtransport irgendwie zur Bühne bringen werden“, sagte Priedemann. „Und dann hieß es: Vier Mann, vier Ecken, das hat geklappt.“