Norderstedt. Norderstedt macht sich seit Monaten Gedanken, wie es der Fußball-Ikone gedenkt. Jetzt hat sich Witwe Ilka geäußert.
Es ist der neueste Vorschlag dazu, wie Norderstedt seinem berühmtesten Bürger ein Andenken schaffen könnte. Vor etwas mehr als einem Jahr ist Uwe Seeler, die hanseatische Fußball-Legende, im Alter von 85 Jahren gestorben. Seit 1959 lebte er mit seiner Familie in Harksheide, sie bauten damals in der Straße Weg am Sportplatz, direkt neben der Paul-Hauenschild-Anlage des HSV, ihr Haus.
Seine Witwe Ilka wurde nun von der „Bild“-Zeitung gefragt, was sie sich denn vorstellen könnte. Und sie hat eine Idee: „Warum stellt man nicht eine schöne Statue von Mäuschen auf dem Kreisel an der Ulzburger Straße auf?“, sagt sie. „Das würde sicherlich nicht nur mir gut gefallen.“
Uwe Seeler: Norderstedts Politik will Turniere oder Straßen nach „Uns Uwe“ benennen
Das kommt überraschend. Aber wenn Ilka Seeler sich äußert, hat das natürlich etwas mehr Gewicht. Zur Erinnerung: Das Abendblatt hatte sowohl 2022 als auch kürzlich anlässlich des ersten Todestages bei den Entscheidungsträgern, also im Rathaus und in der Politik, gefragt, ob es denn Pläne für ein öffentliches Gedenken gebe. Nicht alle Antworten waren realistisch, etwa jene, das HSV-Gelände umzubenennen – das wäre Sache des Vereins und seiner Mitglieder, nicht der Stadt. Eine „Uwe-Seeler-Sporthalle“ kam zur Sprache, ein Fußballturnier für Schulen im Namen der Ikone.
Oder: Man könnte ja den Weg am Sportplatz umtaufen. Die Anwohnerinnen und Anwohner dort bekamen in diesem Zusammenhang vor einiger Zeit Besuch. Ausgerechnet die AfD klingelte an den Haustüren, machte nach eigener Aussage eine Umfrage unter 100 Haushalten – wobei nur 51 anzutreffen waren, so die Rechtsaußen-Partei. Manche waren dafür, andere gegen eine „Seeler-Straße“, heißt es.
Ein offizieller Vorgang war das aber nicht. Auch wenn die „Bild“ davon schrieb, dass die „Politik“ die Anwohner „abstimmen ließ“ – und ein „Antrag“ mangels Mehrheit „abgelehnt“ wurde. So einfach ist es dann doch nicht. Und dass der Hamburger SV Initiativen der AfD berücksichtigt, ist eher nicht zu erwarten. 2018 gab es sogar kurzzeitig eine Debatte darüber, Mitglieder der Partei aus dem Verein auszuschließen.
Es gibt keine offiziellen Anfragen, um den Weg am Sportplatz umzubenennen
Dazu kam es zwar nicht. Die Satzung des e. V. besagt allerdings explizit, dass der HSV unter anderem „verfassungsfeindlichen Bestrebungen“ aktiv entgegentritt. Die AfD gilt laut Bundesverfassungsschutz als rechtsextremer Verdachtsfall, wird also beobachtet – ein Berufungsverfahren gegen diese Einstufung läuft noch.
Im Rathaus muss Sprecher Bernd-Olaf Struppek einiges klarstellen. Zunächst: „Es hat zu einer Straßenbenennung oder Umbenennung in den vergangenen zwölf Monaten keine offizielle Anfrage oder einen Vorschlag gegeben, die in irgendeiner Form offiziell beraten worden sind.“
Stadt Norderstedt: Thema ist Sache für die politischen Ausschüsse
Und: „Wir können nicht ausschließen, dass jemand herumgegangen ist und Leute gefragt hat. Aber das können wir nicht kommentieren. Die Frage ist, ob das ein repräsentatives Stimmungsbild ist.“ Struppek betont: „Wir fragen nicht direkt die Anwohner.“ Diese könnten natürlich in die zuständigen politischen Ausschüsse kommen – denn dort werden, wenn es überhaupt Bedarf gibt, die Beratungen stattfinden. Und das hat vielerlei Gründe.
„Wenn Frau Seeler so etwas vorschlägt, dann kann die Verwaltung einen Vorschlag erarbeiten und damit in die Politik gehen.“ Oder eine Partei beziehungsweise Fraktion wird selbst aktiv. „Aber es geht immer über die Fachausschüsse.“ Das wäre das Gremium für Stadtentwicklung und Verkehr – oder, je nach Idee, auch der Kulturausschuss, der in den letzten Jahren bereits über die Installation der Kunstwerke von Bildhauer Thomas Behrendt auf Kreisverkehren stritt. Und in diesem Zusammenhang auch über die sechsstelligen Kosten.
Bisher gibt es keine Idee, wo eine „Uwe-Seeler-Straße“ entstehen könnte
Nicht minder sensibel ist die Namensgebung für Straßen. „Es gibt immer Arbeitsgruppen, paritätisch besetzt von Parteien und Fraktionen, die über Vorschläge der Stadt beraten.“ Ein Beispiel, wie so etwas abläuft, bot das Hin und Her um den „Kösliner Ring“, eine neue Straße für das Wohngebiet auf dem ehemaligen Stielow-Gelände in Garstedt, das momentan entsteht. Zeitweise galt diese Bezeichnung als „revanchistisch“, da es der deutsche Name für die polnische Stadt Koszalin sei. Erst Nachforschungen ergaben, dass es keinen Bezug zum Nationalsozialismus gebe.
Grundsätzlich hätte niemand etwas gegen eine „Uwe-Seeler-Straße“. Aber wo? Bernd-Olaf Struppek: „Teile der Politik und die Verwaltung sind sich einig: Wenn es eine Straße oder ein Platz sein, dann muss dies prägnant sein.“ Sprich: Eine Zufahrtsstraße für ein neues Gewerbegebiet wäre dann doch eher unpassend. Allerdings hat es im letzten Jahr tatsächlich keine Straße in Norderstedt gegeben, die einen neuen Namen gebraucht hätte.
„Eine Straße umzubenennen, ist ein Riesenaufwand“
Eine Umbenennung ist eher nicht zu erwarten. „Der Fairness halber muss man sagen: Eine Straße umzubenennen, egal wo, ist ein Riesenaufwand für Verwaltung und Anwohner.“ Unter anderem dann auch für Familie Seeler, die genauso wie alle Nachbarn eine Menge Papierkram erledigen müsste – von neuen Ausweisen bis zur Anschrift für Versicherungen und so weiter.
Da hat es der HSV in Hamburg leichter. Als ausgemachte Sache gilt, dass die Sylvesterallee am Volksparkstadion ab 2024 „Uwe-Seeler-Allee“ heißen wird. Ein Vorteil dort, verglichen mit dem Weg am Sportplatz: Neben der Heimspielstätte des Traditionsclubs gibt es dort lediglich noch die Barclays-Arena sowie einige Gewerbeadressen, der bürokratische und finanzielle Rahmen ist also vermutlich kaum der Rede wert.
- Uwe Seeler: So lebte das HSV-Idol mit seiner Familie in Norderstedt
- Todestag: Uwe Seeler – Wie Norderstedt der HSV-Ikone gedenken will
- Trotz DFB-Debakel: Warum immer mehr Mädchen kicken wollen
Und in Norderstedt? Vielleicht liegt bald die nächste Idee auf dem Tisch. Denn auch der passionierte Stadthistoriker Gerd Meincke meldet sich via „Bild“. Er wolle einen Findling aufstellen lassen mit einer Inschrift, die Uwe Seeler würdigt, und das auf der Paul-Hauenschild-Anlage.
Norderstedt: Paul-Hauenschild-Anlage des HSV soll modernisiert werden
Oder alle warten noch ein bisschen ab. Denn das HSV-Areal soll in den nächsten Jahren weiter modernisiert werden. 2020 wurden hierfür erstmals Pläne präsentiert, damals ging es um ein Zehn-Millionen-Euro-Projekt – inklusive vier Millionen Subvention aus Bundesmitteln. 2021 war das Vorhaben dann eine Nummer kleiner geworden, für 4,3 Millionen Euro sollten unter anderem der Parkplatz und eine Sporthalle saniert werden sowie weitere Bereiche der Anlage.
Die Finanzierung würden sich HSV, Bund und die Stadt teilen – denn die Politik genehmigte eine Unterstützung in Höhe von 1,4 Millionen Euro. Bislang ist von einer Umsetzung nichts zu sehen. „Die Sanierung der Paul-Hauenschild-Sportanlage ist in Vorbereitung. Der Beginn der Arbeiten ist aus Sicht der Stadt Norderstedt für Ende 2023/Anfang 2024 geplant“, so Bernd-Olaf Struppek.