Kiel/Nützen. Mann aus Nützen litt offenbar unter Psychose, als er Seniorin mit Küchenmesser angriff. Eine Haftstrafe ist unwahrscheinlich.
Mit der Verlesung des Tatvorwurfs hat vor dem Landgericht Kiel der Prozess gegen einen 57-jährigen Mann begonnen, der in der 1300-Einwohner-Gemeinde Nützen seine Mutter getötet haben soll. Nach den Worten von Staatsanwältin Ulrike Nötzelmann beging der mutmaßliche Messerstecher den Totschlag im Zustand der Schuldunfähigkeit. Er muss mit der dauerhaften Unterbringung in einer psychiatrischen Anstalt rechnen.
Nach der Bluttat vom 24. Januar wurde der Mann aus Kaltenkirchen vorläufig im Ameos-Klinikum für Forensische Psychiatrie und Psychotherapie in Neustadt untergebracht. Zwei Pfleger begleiteten ihn gestern zum Prozessauftakt. Unmittelbar vor Beginn der auf neun Tage angesetzten Verhandlung tauschte sich der Beschuldigte intensiv mit seinem Verteidiger Gerhard Braun aus. Laut des vorläufigen Gutachtens eines Sachverständigen soll er seine Mutter unter dem Einfluss einer Psychose mit Wahnvorstellungen getötet haben. Im Gespräch mit seinem Rechtsanwalt wirkte er ruhig, gefasst und konzentriert.
Bluttat: Im Januar soll der 57-Jährige seine Mutter an einem Morgen attackiert haben
Die Schwurgerichtskammer hatte keine weiteren Sicherheitsvorkehrungen angeordnet. Die Ermittlungen von Polizei und Staatsanwaltschaft hatten ergeben, dass sich der 57-Jährige vor der Tat immer tiefer in einen Verfolgungswahn hineingesteigert habe, sich von jedermann beobachtet und bedroht fühlte.
Sein Wahn soll sich auch gegen seine Mutter gerichtet haben, die er am Vorabend der Tat gegen 21.30 Uhr in ihrer Wohnung in der Dorfstraße aufsuchte. Mit einem Küchenmesser soll der Sohn am Morgen des 24. Januar die wehrlose 81-Jährige angegriffen haben. Zwei Stiche der 20 Zentimeter langen Klinge trafen den Hals.
Bruder machte sich Sorgen um die Rentnerin – Polizei fand das Opfer
Laut Obduktionsergebnis der Gerichtsmedizin drang ein Stich 18 Zentimeter tief in den Rücken ein und verletzte lebenswichtige Organe. Das Opfer starb demnach an Verbluten. Dem mutmaßlichen Messerstecher wird auch versuchte gefährliche Körperverletzung zum Nachteil eines älteren Bruders vorgeworfen: Am Nachmittag nach der Tat machte sich der 58-Jährige besorgt auf den Weg zu seiner Mutter, die nicht auf seine Anrufe reagierte.
An der Haustür wurde der Zeuge mit einem weiteren Küchenmesser mit 15 Zentimetern Klingenlänge angegriffen. Der Bruder konnte den Angriff abwehren und blieb unverletzt. Im Gerangel nahm er dem Jüngeren das Messer ab, fixierte ihn am Boden und alarmierte die Polizei.
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Prozess: Angeklagter will sich umfassend äußern
Die Beamten fanden das Opfer blutüberströmt in einem Bett und nahmen den 57-Jährigen fest. Ein Amtsarzt wies ihn in eine psychiatrische Fachklinik ein. Weil der Sachverständige Thomas Bachmann beim Prozessauftakt verhindert war, vertagte sich das Gericht bereits nach 15-minütiger Verhandlung. In Abwesenheit des Gutachters könne man die Einlassung des Beschuldigten nicht entgegennehmen, erklärte der Vorsitzende Stefan Becker.
Der 57-Jährige hatte nach kurzer Rücksprache mit seinem Verteidiger bereits angekündigt, sich bei der Fortsetzung der Verhandlung am 15. August umfassend zur Person und zur Sache zu äußern. Seine drei Brüder sind als Nebenkläger am Prozess beteiligt. Einer von ihnen soll bei seiner Mutter gewohnt haben, zur Tatzeit jedoch außer Haus gewesen sein.