Norderstedt. Huug van’t Hoff hatte Eva Woska-Nimmervoll in die Rathausbücherei eingeladen. Ein launiger Abend mit guten Alltagsgeschichten.
Norderstedts erster Stadtschreiber Huug van’t Hoff holte die erste Hamburger Stadtschreiberin, die Österreicherin Eva Woska-Nimmervoll nach Norderstedt in die Rathausbücherei zur zweiten Lesung seiner Serie „Der Stadtschreiber lädt ein“.
Die Autorin Woska-Nimmervoll, die von der Autokorrektur ihres Computers immer in „Wodka-Nimmervoll“ verbessert wird, kommt aus einem Dorf bei Wien, und so redet sie auch. Mit diesem Wiener Schmäh, der wie Musik in norddeutschen Ohren klingt, ein bisschen Operetten-Seligkeit, garniert mit Kaiser-Schmarrn, Sissi-Sage und schlüpfrigen Fiaker-Sprüchen. Aber, bittschön, nur a bisserl.
Lesung Norderstedt: Stadtschreiber trifft Stadtschreiberin – mit Wiener Schmäh
Huug van’t Hoff lernte die Schriftstellerin als Organisator der Hamburger Stadtschreiber kennen. Eva Woska-Nimmervoll residierte damals im Bergedorfer Schloss. „,Ist die Dame da echt?’, fragte ein Kind, als es bei einem Schloss-Besuch auch ins Soltau-Zimmer kam, wo ich saß und schrieb“, erinnerte sich Eva Woska-Nimmervoll.
Ein paar Jahre später gewann die Autorin erneut. Sie bewarb sich mit ihrer Kurzgeschichte „Das Haar“ bei einem Hamburger Literatur-Wettbewerb, an dem van’t Hoff mitwirkte, und holte sich unter mehr als 100 anonym eingereichten Texten den ersten Preis. Das prägt Freundschaften. „Das Haar“ war der Auftakt für ihren Debütroman „Heinz und sein Herrl“ (Verlag Kremayr & Scheriau, Wien, 19.99 Euro, E-Book 14,99 Euro), aus dem sie jetzt in der Rathausbücherei las.
Woska-Nimmervoll: Sachliche Sprache – aber verständnisvoll
Der weiche Wiener Klang, die unprätentiöse Vorlese-Art, vor allem aber die klare, sachliche und trotzdem verständnisvolle Beschreibung von Wiener Alltagsgeschichten in einem Mehrfamilienhaus, in dem ein Stadt-Neurotiker mit Heinz, dem Hund, lebt, arbeitslos ist, keine Steuern zahlt und demzufolge auch kein Recht hat, sich zu beschweren, zwang die Besucherinnen und Besucher zum intensiven Zuhören. Woska-Nimmervoll gelang mit dem Roman eine einfache, aber durch die Detailgenauigkeit wirkungsvolle Geschichte, die Leser wie Zuhörer direkt in das Wiener Mietshaus versetzte.
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Zuvor jedoch las Norderstedts Stadtschreiber eine Kurzgeschichte, die er aus seinem Stadtschreiber-Tagebuch (www.norderstedt.de) entwickelte. Einige der Zuhörerinnen wussten sofort, welche Tagebuch-Notizen ihn zu der Erzählung inspirierten: der Coleoptera, Gregor, der Samsa-Käfer, sein erster Besucher im Strandkorb. Daraus wurde die wundersame Geschichte eines Mannes, der Bäume rettet und von ihnen als Mammutbaum als einer der ihren akzeptiert wird. Nur die Menschen, die sind denn doch arg irritiert von dem Mann, der im Baumkostüm durch Wald und Stadtpark fährt und fantasielose Väter erschreckt.
Lesung Norderstedt: Stadtschreiber erzählt vom Mammutbaum-Mann
Sehr amüsant gestaltete van’t Hoff im Duo mit seiner Gast-Autorin eine ihrer neusten Kurzgeschichten, auch Teil ihres nächsten Romans. „Ich übernehme den Sprechpart eines schmierigen Hamburger-Musik-Managers“, kündigte van’t Hoff an und begeisterte mit breitestem Hamburgisch, das er bräsig ausdehnte, um den Kontrast zu Eva Woska-Nimmervolls Wiener Singsang bis zur Schmerzgrenze zu steigern. Der Mann kann auch Knallcharge.
Die dritte Folge der Serie „Der Stadtschreiber lädt ein“ folgt am Sa, 01.07., 16.00, mit der Lyrikerin und derzeitigen Hamburger Stadtschreiberin Christine Rainer aus Innsbruck am oder im Musikschul-Kubus am Kulturwerk, Stormarnstraße 55. Eintritt frei.