Norderstedt. Heimat-Krimi und Fernweh: Anja Gust und Reimer Boy Eilers stellten ihre neusten Bücher in der Garstedter Bücherei vor.

Eines eint Anja Gust und Reimer Boy Eilers – der Hang zum Krimi. Das ist zwar unter Autorinnen und Autoren derzeit nicht ungewöhnlich, doch Gust und Eilers sind in ganz verschiedenen Epochen und Genres unterwegs, die indes eines gemeinsam haben – die Zeiten, sie waren immer schon kriminell.

In einer gemeinsamen Lesung in der Garstedter Stadtteilbücherei stellten Anja Gust und Reimer Boy Eilers ihre neusten Bücher vor. Während Anja Gust vom Lokal-Kolorit ihrer Heimat-Krimis profitiert, zieht Reimer Eilers die Fernweh-Klientel an.

Norderstedt: Moritaten mit Magellan und Mördereien im Moor

Eilers’ Roman „Mit Magellan. Die Ausfahrt. Vom Hilligen Eiland nach Sevilla“ führt den Fischer Pay Edel Edlefsen vom Hilligen Eiland mit Seelenverkäufern und Schaluppen, Klabautermännern, mit Meutereien an Bord, nach Ost und West, Nord und Süd über die stürmischen Meere, durch aufgewühlte See, Enge und Einsamkeit, Durst und Dreck an Bord tief ins grausige Mittelalter mit seinem von der Kirche bewusst gesteuertem Aberglauben.

Sie haben ihn shanghait, als er mit seinem Vater kurz vor der Elbe eine Havarie hatte, bei der sein Vater über Bord ging und nicht wiederkam. Seine Freunde wurden der Seehundjäger Quiritoq aus Grönland und der gelehrte Maurenchrist qal Gharb aus Sevilla.

Eilers kommt von Helgoland, er erforschte 20 Jahre lang Magellans Reiserouten

Reiner Boy Eilers kommt von Helgoland, dem Hilligen Eiland, und hat 20 Jahre lang die Reiserouten und auch dem Charakter von Magellan erforscht, die unzähligen und manchmal auch unsäglichen Romane über den portugiesischen Eroberer gelesen und analysiert.

Nun hat er den ersten von drei Bänden über seine Recherchen veröffentlicht. „Ich fühlte mich angezogen von diesem Stoff“, sagte Eilers, auch Vorsitzender des Hamburger Schriftstellerverbandes, als er von seinen Recherchen erzählte. Die Weltumseglung Magellans sei der Ursprung der Globalisierung. Der Portugiese wollte die Molukken erreichen, weil es dort Nelken gibt, im Mittelalter ein Stoff so wertvoll wie Gold.

Reise in eine Zeit, als Pinguine als Fische galten und freitags gegessen werden durften

„Ich musste erst einmal in das damalige Denken hineinkommen, in die Sprache, ihre Ursprünge und Bedeutung, beispielsweise, dass Pinguine Gänse genannt wurden und als Fische galten, denn beides durfte man am Freitag essen“, sagte der Magellan-Forscher. Er erläuterte das „Gemach-Rohr“, das Bord-Klo, das aber nur den Kapitänen vorbehalten war.

„Mein Held ist aber nicht der Eroberer, mein Held ist der einfache Seemann vom Hilligen Land, der immer nur eines wollte – nach Hause“, sagt der 75-jährige Autor und ergänzt: „Wenn ich gewusst hätte, was ich mir mit dem Stoff aufhalse, hätte ich nicht damit angefangen.“

Autorin Anja Gust lebt in Norderstedt und arbeitet in einer Apotheke

Mit seiner Co-Vorleserin verbindet ihn die Stadt Rendsburg. Er ist dort zur Schule gegangen, weil es auf Helgoland kein Gymnasium gab, und hatte auch ein Literatur-Stipendium im Jüdischen Museum Rendsburg.

Anja Gust ist in Rendsburg aufgewachsen. Sie lebt in Norderstedt, arbeitet in einer Apotheke, ist Mitglied in der Schreibvereinigung „Die mörderischen Schwestern“ und auch als Literatur-Förderin unterwegs. „Literatur ist wichtig für alle, auch für beeinträchtigte Menschen“, sagt Anja Gust. „Als Apothekerin bin ich für die Abteilung Gift bei dem Mörderischen Schwestern zuständig“, erzählte sie.

Gusts Geschichte „Die Pizzabestellung“ beruht auf einer wahren Begebenheit

Ihr neuster Lokal-Krimi ist „Mord im Himmelmoor“, eine Sammlung von 24 Geschichten zwischen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Beispielsweise „Die Pizzabestellung“ nach einer wahren Begebenheit in Norderstedt, in der ein Ehemann seine Ehefrau mit dem Messer bedrohte und fast einen Femizit begangen hätte.

Ihren Retter Dieter Kieselew zeichnete Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther gerade mit der Rettungsmedaille am Bande aus (wir berichteten). Die bedrohte Frau tarnte ihren Anruf bei der Rettungsstelle als Pizzabestellung.

Story „Auf Messers Schneide“ erzählt von einem Fall aus Frankreich

Die Geschichte „Auf Messers Schneide“ handelt von Amad Abu Ali, der gar nicht so heißt und auch gar nicht vorhanden ist, aber ein Kind rettet, dabei jedoch in eine Wohnung eindringen muss. Als Einbrecher gejagt, rettet ihn ein heimlich vom Nachbarhaus gedrehtes Video, und er erhält eine Staatsangehörigkeit und einen Ausbildungsplatz.

Diese Geschichte geschah in Frankreich. Anja Gust lässt sie in einem Norderstedter Hochhaus spielen. In „Mord im Himmelmoor“ erzählt sie Liebesgeschichten aus der Sicht eines Hundes, eine Gaunerei zum 50. Geburtstag Norderstedts und kleine Mördereien.

Reimer Boje Eilers ist am Sonntag, 16. April, in der NDR-Sendung „Das rote Sofa“ zu sehen. Sein Roman „Mit Magellan. Ausfahrt. Vom Hilligen Eiland nach Sevilla“ ist im Kulturmaschinen-Verlag erschienen, 522 Seiten, 32 Euro gebunden, 19,50 Euro als Taschenbuch.

Anja Gust liest am Freitag, 19. Mai, 18.30 Uhr, mit den „Mörderischen Schwestern“ in der Rathaus-Bücherei, Rathausallee 50. „Mord im Himmelmoor“, Verlagshaus Holtzbrinck, 136 Seiten, für 18,99 im Buchhandel.