Norderstedt. Aktive Radfahrer kritisieren die Planung für die Rad-Highway in Norderstedt. Welche Route sie besser finden würden.

Drei Fahrrad-Aktivisten von ADFC und Radverkehrsbeirat sind sich einig: Der Radschnellweg (RSW) von Bad Bramstedt, über Norderstedt nach Hamburg werde völlig falsch geplant. Sie kritisieren die geplante Routenführung für Norderstedt in der Machbarkeitsstudie der Metropolregion. Sie führt den RSW entlang der Schleswig-Holstein-Straße. Die drei Radler fordern nun, dass die Fahrrad-Trasse auf direktem Weg durch die Stadt führen soll, entlang der AKN-Linie.

Der Radschnellweg soll einmal Norderstedt, Henstedt-Ulzburg, Kaltenkirchen und Bad Bramstedt auf einem etwa vier Meter breiten und geschützten Radweg barrierearm mit Hamburg verbinden.

Norderstedt: Radschnellweg – „Keine Rennstrecke für Radler in der Pampa!“

„Die geplante Route entlang der Schleswig-Holstein-Straße macht überhaupt keinen Sinn“, sagen Hans-Jürgen Maass und Dieter Heinsohn vom ADFC in Henstedt-Ulzburg und Volker Loock aus Alveslohe, der dem Radverkehrsbeirat des Kreises Segeberg angehört. Alle drei legen einige Tausend Kilometer im Jahr auf dem Fahrrad in der Region zurück.

Auf der Schleswig-Holstein-Straße müssten Radler quasi einen großen Schlenker um Norderstedt herum machen, außerhalb des Stadtgebiets. „Dort zu fahren, ist die Hölle“, sagt Maass, der beruflich viele Jahre dort entlang gefahren sei. „Es ist viel zu laut. Der Radfahrer muss die Abgase des starken Autoverkehrs einatmen. Die entgegenkommenden Autos blenden ihn.“

Es gehe um das entspannte flüssige Radfahren

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Die Drei plädieren für einen Radschnellweg direkt durch Norderstedt, der in Höhe des Hempberges die Ohechaussee kreuzen und dann durch den Willy-Brandt-Park und an der AKN-Bahnstrecke entlangführen sollte.
Die Drei plädieren für einen Radschnellweg direkt durch Norderstedt, der in Höhe des Hempberges die Ohechaussee kreuzen und dann durch den Willy-Brandt-Park und an der AKN-Bahnstrecke entlangführen sollte. © Burkhard Fuchs

er ADFC-Mann Maass sieht bei der jetzigen Planung viel verschenktes Potenzial. „Bei einem RSW geht es nicht darum, irgendwo in der Pampa eine Rennstrecke für Radfahrer zu schaffen.“ Vielmehr gehe es um flüssiges, entspanntes Radfahren und in erster Linie darum, Berufspendlern eine verlockende Alternative zur Fahrt mit dem Auto anzubieten. „Diese Zielgruppe habe aber überhaupt kein Interesse daran, schweißgebadet auf der Arbeit zu erscheinen, weil man aberwitzige Umwege in Kauf zu nehmen hatte.

Viel sinnvoller und attraktiver wäre eine Route entlang der AKN-Bahnstrecke, wie es auch in Henstedt-Ulzburg vorgesehen sei. Zudem würden die Radfahrer dann auch über diese Strecke alle wichtigen Orte in der Norderstedter Innenstadt erreichen können – das Rathaus, die Bahnhöfe in Friedrichsgabe, Norderstedt-Mitte und Garstedt und auch das Herold-Center.

Schleswig-Holstein-Straße: Unattraktives, nichtbesiedeltes Gebiet

Das sei sicher und bequem für die Nutzer des RSW. Und es würde auch autofahrende Menschen und vor allem Arbeitspendler zum Umsteigen aufs Fahrrad bewegen, die ihren Arbeitsweg mit dem Rad und der Bahn zurücklegen könnten. All das wäre mit einer Streckenführung durch unattraktives, nichtbesiedeltes Gebiet an der Schleswig-Holstein-Straße nicht gegeben, da ist sich das Radfahrer-Trio sicher.

Ohnehin sollte ihrer Ansicht nach überhaupt gänzlich darauf verzichtet werden, den geplanten Radschnellweg entlang der großen Autostraßen zu führen. Also nicht an der täglich stark befahrenen sieben Kilometer langen SH-Straße in Norderstedt und nicht entlang der Kieler Straße und Bundesstraße 4 zwischen Kaltenkirchen und Bad Bramstedt, wo die Radfahrer auch im Windschatten von täglich 7600 motorisierten Fahrzeugen führen.

Konflikte mit anderen Verkehrsteilnehmern programmiert

„Die Planung ignoriert die Tatsache, dass dort Radfahrende einem besonders hohen Risiko ausgesetzt sind und lenkt den überörtlichen und damit tendenziell ortsunkundigen Radverkehr immer wieder an Orte, an denen Konflikte mit anderen Verkehrsteilnehmern programmiert sind“, erklärt Loock.

Das gelte insbesondere am Kreisel Ochsenzoll in Norderstedt zur Stadtgrenze nach Hamburg, an der Autobahnauffahrt in Kaltenkirchen und an der Wilstedter Straße in Henstedt-Ulzburg, wo die Radfahrenden neben dem Kfz-Verkehr auch auf die Rettungswagen der Paracelsus-Klinik achten müssten. Der Radverkehrsbeirat des Kreises habe dazu eine Arbeitsgruppe gebildet, die nun eine Alternativstrecke ausgearbeitet hat.

Anschluss an Veloroute zum Flughafen

Diese würde die Stadtgrenze nach Hamburg nicht ganz im Norden der Langenhorner Chaussee am Ochsenzoll-Kreisel überqueren. Vielmehr sollte der Radschnellweg von der U-Bahnstation Ochsenzoll zunächst westlich entlang der U1-Bahnstrecke verlaufen und hinter der Tarpenbek die Ohechaussee idealerweise mit einem kleinen Tunnel überqueren, wo die Radfahrer den Hempberg erreichen würden, der ohnehin zur Fahrradstraße ausgebaut werden soll.

Dort träfe er dann auch auf die viel befahrene Veloroute zum Flughafen und würde diese mit dem RSW verbinden. Anschließend würde der RSW durch den Willy-Brandt-Park weitgehend entlang der Bahnstrecke durch Norderstedt bis Ulzburg-Süd und weiter bis nach Bad Bramstedt führen können, erklären die ADFC- und Radverkehrsbeiratsmitglieder.

Route durch Norderstedt käme deutlich günstiger an der AKN-Linie

Norderstedts Stadtvertreter Joachim Brunkhorst, der auch dem Radverkehrsbeirat angehört, hält die Umsetzung des Radschnellweges an der Schleswig-Holstein-Straße für am wenigsten problematisch.
Norderstedts Stadtvertreter Joachim Brunkhorst, der auch dem Radverkehrsbeirat angehört, hält die Umsetzung des Radschnellweges an der Schleswig-Holstein-Straße für am wenigsten problematisch. © Burkhard Fuchs

Allein durch Norderstedt würde der RSW damit vom Hempberg zum AKN-Bahnhof Meeschensee, wo ja gerade ein großer Park-and-Ride-Parkplatz für Pendler von Henstedt-Ulzburg und Quickborn eingerichtet worden ist, 8,7 Kilometer lang sein. Die größeren Straßen wie Rathausallee, Oadby-and-Wigston-Straße und Kohtla-Järve-Straße könnten auf vorhandenen Brückenbauten überquert werden.

Bei allen anderen müsste das höhengleich geschehen wie an der Ochsenzoller Straße, Marommer Straße, Buchenweg, Heidbergstraße, Waldstraße, Quickborner Straße. Ein kleiner Engpass müsste an der Moorbekhalle überwunden und das Betriebsgelände von Jungheinrich im Norden umfahren werden.

Machbarer ist der Radschnellweg aber an der Schleswig-Holstein-Straße

Ein direkt durch Norderstedt geführter RSW wäre auch kürzer und damit kostengünstiger als einer entlang der längeren SH-Straße. „Mit geplanten Kosten von 130 Millionen Euro kommt die etwa 35 Kilometer lange Vorzugsvariante (Norderstedt – Bad Bramstedt) auf 3,7 Millionen Euro pro Kilometer Radschnellweg“, rechnen die Radexperten vor. „Dieser Wert sprengt den üblichen Rahmen von 1,5 Millionen Euro pro Kilometer gebauter RSW-Strecke und macht eine Finanzierung durch den Bund unwahrscheinlich.“

Norderstedts Stadtvertreter Joachim Brunkhorst, der ebenfalls dem Radverkehrsbeirat angehört, kann die Argumentation der Kritiker verstehen. „Es ist kein angenehmes Radfahren entlang der SH-Straße. Es ist laut und blendet die Radfahrer im Herbst und Winter.“ Das Problem könnte aber mit einem Lärmschutzwall beseitigt werden, wie es ihn an der Oadby-and-Wigston-Straße gibt.

Norderstedt: Zahlreiche Bäume und Büsche müssten weichen

Er selbst habe den RSW-Planern als Alternative eine westliche Route entlang der Niendorfer Straße und Friedrichsgaber Weg vorgeschlagen, die aber wieder verworfen worden sei, weil diese Route auch nicht die Bahnhöfe anschließen und zu viele Grundstücksaufkäufe notwendig machen würde. Das sei an der SH-Straße nicht nötig, da die komplett auf dem Grund und Boden der Stadt Norderstedt und des Landesbetriebes Straßenbau und Verkehr liege.

„Da ist nun einmal die Umsetzung eines RSW am wenigsten problematisch“, erklärt Brunkhorst. Denn entlang der AKN-Bahnstrecke durch Norderstedt, wie es der ADFC vorschlägt, würde nördlich von NoMi schwer zu realisieren sein, weil nicht genügend Platz da sei und zahlreiche Bäume und Büsche weichen müssten, was aus naturschutzrechtlichen Gründen nicht genehmigt werden könnte.

Somit plädiert Brunkhorst für die Beibehaltung des RSW entlang der SH-Straße, die an mehreren Stellen mit einer gut ausgebauten Veloroute entlang der Bahnlinie verbunden werden könnte. Aber Einzelheiten dazu soll jetzt eine Kosten-Nutzen-Analyse ergeben, die zurzeit noch „in der Mache“ sei, wie Zeruja Hohmeier auf Nachfrage sagt, die zurzeit dem Radverkehrsbeirat des Kreises Segeberg vorsitzt. „Natürlich wäre es sinnvoll, dass der RSW stark frequentierte Ort an den Radverkehr anschließt.“ Aber noch wichtiger sei es jetzt, überhaupt ein attraktives Angebot für Radfahrer zu schaffen und „auf die Straße zu bringen“.