Norderstedt. Im Stück „Des Wahnsinns fette Beute“ sind neue Schauspieler zu sehen, die das Ensemble internationaler machen.

Das Theater Pur hat eine ganze Riege neuer Schauspielerinnen und Schauspielern gewinnen können, die das bestehende Team nicht nur gut ergänzen, sondern auch neue Charaktere auf die Bühne bringen können, wie sich jetzt in der Premiere zu „Des Wahnsinns fette Beute“ im Kulturwerk Norderstedt zeigte.

Regie in der Krimi-Komödie von Thomas Brückner führt Theaterchef und -gründer Michael Scharbert, der auch die Rolle des Sanatoriumsbesitzers Julius von Stein spielt. Er setzt die neuen Mitglieder zielgenau ein, beispielsweise mit Ina Müller als Baulöwin Inge Klotz.

Norderstedt: Premiere im Kulturwerk – das Theater Pur erfindet sich neu

Sie macht ihrem Rollennamen auf der Bühne alle Ehre und stapft raubeinig über die Bretter, lacht laut und grob und spricht einen harten Dialekt. Leider entspricht ihre Kleidung so gar nicht dem vermeintlichen Image einer raffgierigen, zwielichtigen Immobilienhändlerin.

Neu ist auch Pia Smith aus Alaska, die als Gutachterin Frau Glas mit englischem Akzent gut besetzt ist. Auch ihr strenges Kostüm passt zur frigiden Beamtin. Sabine Krull als durchgeknallte Wilma Busch, angebliche Nachfahrin Wilhelm Buschs, ist von Temperament und Ausdrucksvielfalt eine echte Neu-Entdeckung. Sie spielt Wilma so bunt und wirr im Kopf wie es schon ihr Kleid signalisiert.

Marion Vina spielt eine schizophrene Frau, die sich von Außerirdischen verfolgt fühlt

Elke Röde (Ricarda Mallée, Mitte) scheint tot zu sein. Sie wird von Wilma Busch (Sabine Krull, l.) und Herta (Marion Vina) in Sicherheit gebracht.
Elke Röde (Ricarda Mallée, Mitte) scheint tot zu sein. Sie wird von Wilma Busch (Sabine Krull, l.) und Herta (Marion Vina) in Sicherheit gebracht. © Heike Linde-Lembke

Auch Marion Vina steht dem Theater Pur gut. Als Herta Pisser meistert sie die Rolle einer schizophrenen Frau, die sich von Außerirdischen verfolgt fühlt, mit exakten, roboterhaften Bewegungen und Geräuschen. Dazu passt der Aluhut auf ihrem Kopf exzellent, gibt er doch der politischen Anspielung eine satirische Note und stellt die Aluhüte in die Ecke, in die sie gehören – nicht ernst zu nehmen. Regisseur Michael Scharbert streut die Gesellschaftskritik fein dosiert ins Spiel.

Nahezu beängstigend zuckt und windet sich Leon Duarte als unter Verfolgungswahn leidender Michael über die Bühne. Er hält dieses Spiel mit großer Körperbeherrschung und eindrucksvoller Mimik zwei Stunden lang konsequent durch und kann sich zum Schluss noch steigern – mit Blick à la Klaus Kinski.

Neu-Mitglied Kimia Yorali spielt die Sanatoriumsleiterin Dr. Möbius

Auch Kimia Yorali als Sanatoriumsleiterin Dr. Möbius ist neu. Mit ihrem charmanten Akzent gibt die Iranerin ihrer Rolle ein internationales Flair, das sie in guten Kontrast zur arroganten Institutsleiterin stellt. Silvio Kaviedes muss sich in den letzten Monaten jeden Kommissar angeguckt haben, denn er lässt als Kommissar Pohl keine Attitüde dieser Spezies aus. Klar, dass er im langen schwarzen Ledermantel daherkommt.

Und die „alten Hasen“? Geben dem ganzen Drama Stand und Halt durch ihr souveränes Spiel. Michael Scharbert als Sanatoriumsbesitzer Julius von Stein kann immer noch derart manisch zucken, dass man den Arzt rufen möchte, und pöbelt, wie nur einer pöbelt, dem die Pleite durch Spielsucht die Luft abdreht.

Norderstedt: Ricarda Mallée überzeugt in vielen Rollen

Ricarda Mallée tobt sich in den vielen Einzel-Charakteren, die sie als Schizo-Elke Röde darstellt, überzeugend aus. Allein, wie sie ihren weiten Pullover bis unter die Kniee knüllt, ist sehenswert. Mal krümmt sie sich gedemütigt, um in der nächsten Sekunde die herrische Kommissarin à la Colombo zu spielen.

Das Krankenschwester-Duo mit Ingrid Bartsch als Steffi und Pia Sanne als Henrike ergänzt sich hervorragend. Beide sind jede für sich ein Gewinn im ganzen Spiel.

Johanna Burmeister erfüllt die Rolle als Dr. Salomon wieder facettenreich, mal gutherzig, mal auch leicht abgründig, und verabschiedet sich von Kommissar Pohl (Silvio Kaviedes), der ihr misstraut.
Johanna Burmeister erfüllt die Rolle als Dr. Salomon wieder facettenreich, mal gutherzig, mal auch leicht abgründig, und verabschiedet sich von Kommissar Pohl (Silvio Kaviedes), der ihr misstraut. © Heike Linde-Lembke

Zum langjährigen, vertrauten Team gehört auch Johanna Burmeister. Diesmal ist sie als Dr. Salomon dauerpräsent. Subtil gibt sie die um die Patientinnen und Patienten im Sanatorium besorgte Ärztin und Psychotherapeutin und lässt dem Publikum doch immer die Frage offen, dass etwas Abgründiges hinter diesem gütigen Getue stecken könnte.

„Des Wahnsinns fette Beute“, Theater Pur, Kulturwerk, Stormarnstraße 55: So., 04.06., 18.00, Sa 10.06., 19.00, So 11,.06., 18.00. Karten zu 10 Euro, bis zu 18 Jahren 6 Euro, gibt es im Vorverkauf, unter www.theaterpur.de im Internet, unter per E-Mail und an der Abendkasse.