Tangstedt. Fünf Leute auf engem Raum, Essen vom Gasgrill: Warum sich das wie Freiheit anfühlt und wie man Anfängerfehler vermeidet.
Die Campingsaison hat begonnen. Wohnmobile werden in diesen Tagen in Norderstedt und Umgebung aus den Garagen gerollt, Wohnwagen aus den Winterquartieren abgeholt. Viele bereiten sich für ein paar Tage Urlaub rund um Himmelfahrt vor.
Und während sie voller Vorfreude den Reifendruck prüfen und Gasbuddeln und Faltstühle verstauen, fragen sich vielleicht andere, was denn eigentlich so toll an diesem Camping sein soll. Urlaub auf engem Raum? Auf einem Zeltplatz, ohne jeden Komfort, dafür mit Insekten und klammer Kleidung?
Camping: Warum Familie Lüth aus Tangstedt Urlaub mit Wohnwagen liebt
Um das zu ergründen, haben wir die Lüths in Tangstedt besucht. Die fünfköpfige Familie aus Tangstedt liebt nämlich das Camping – und packt gerade die Koffer für die Fahrt nach Dänemark. Die wird mit dem VW-Bus angetreten, und der zieht dann einen nur 3,6 Meter langen Wohnwagen, der auf den Namen „Beachy“ hört. Ein Zelt, Fahrräder und Stand-up-Bretter kommen auch mit.
Auf die Frage, was sie am Camping mag, was es so besonders macht, sagt Ines Lüth (44): „Man macht morgens die Tür auf und sieht gleich das Meer oder die Dünen. Nachts hat man über sich die Sterne. Man ist einfach direkt in der Natur.“ Ihr Ehemann Florian Lüth (43) beschreibt es so: „Man kommt komplett aus dem täglichen Trott heraus, ist von jetzt auf gleich in einer anderen Welt.“
Isabelle (9): „Im Wohnwagen ist alles so klein und kuschelig“
Isabelle (9) findet, dass im Wohnwagen „alles so klein und kuschelig“ ist, außerdem freut sie sich auf die Freunde auf dem Campingplatz. Ihr Bruder Fabian (11) sagt: „Man kann viel mehr rausgehen, zum Beispiel auf Spielplätze.“ Frederik (13) schätzt die „gemütlichen Betten“ im Wohnwagen, außerdem freut er sich auf Radtouren zu einem Fischerdorf, wo es Softeis gibt.
Ines Lüth arbeitet in Tangstedt als Fitness-Trainerin, Florian Lüth in Hamburg als kaufmännischer Angestellter. Er sagt: „Ich bin viel beruflich eingespannt und genieße es deshalb sehr, im Urlaub Zeit mit der Familie zu verbringen.“
Florian Lüth: „Beim Camping rückt man als Familie zusammen“
Ines Lüth sagt: „Wir bauen dann immer so eine kleine Wagenburg auf, aus Bulli, Wohnwagen und Zelt“, Die Kinder schlafen im Wohnwagen oder im Bulli – mit jeweils einem Elternteil. „Man muss sich ein bisschen arrangieren, aber es ist toll, so eng bei den Kids zu sein“, sagt Florian Lüth.
Generell „rückt man als Familie zusammen beim Camping“, sagt er. Dazu trage „das Minimalistische“ dieser Urlaubsform bei. Das führe auch dazu, dass man zum Beispiel die Abende anders verbringe als zu Hause: „Es gibt einfach nicht so viel, was einen ablenkt. Man macht Dinge, die man sonst nicht macht. Zum Beispiel spielen wir im Campingurlaub viel Karten.“
Kochen mit Gasgrill: „Man merkt, dass man gar nicht so viel braucht“
Die besondere Erfahrung des Campens: „Man merkt einfach, dass man gar nicht so viel braucht.“ Und das, so Florian Lüth, mache sich auch beim Kochen bemerkbar. Er liebt es, im Urlaub für seine Familie auf einem kleinen Gasgrill Mahlzeiten zuzubereiten, Nudeln zum Beispiel oder Pizza, manchmal wird auch gegrillt. Alles unter freiem Himmel.
„Das ist viel entspannter, als wenn man sich in einem Hotel an die Essenszeiten halten muss“, betont Florian Lüth. „Wenn es weht, muss man eben einen Windschutz bauen“, sagt seine Frau und lacht.
Einen Wohnwagen findet Ines Lüth praktischer als ein Wohnmobil
Alles begann vor neun Jahren mit einem Besuch bei Ines Lüths Bruder auf einem Campingplatz auf Fehmarn. „Das fanden wir toll, da sind wir auf den Geschmack gekommen“, sagt Ines Lüth. Die Familie schaffte sich einen eigenen Wohnwagen an. „Das fanden wir besser als ein Wohnmobil, den so kann man vor Ort noch das Auto nutzen.“ Und dann wurde in den kommenden Jahren „die Nord- und Ostseeküste abgeklappert.“
Mittlerweile nennen die Lüths zwei Wohnwagen ihr Eigen. Der große steht dauerhaft auf einem Campingplatz auf Fehmarn, „das ist unsere Ferienwohnung an der Ostsee“, sagt Ines Lüth. Der kleine „Beachy“, der später angeschafft wurde, ist für das Unterwegssein da.
Dauercamper und „Tourie-Camper“ – zwei eigene Welten
Ines Lüth unterscheidet zwischen „zwei Welten“ des Campings: die der Dauercamper und die der „Tourie-Camper“. Beides habe seine Vor- und Nachteile – die Lüths wollen „keine dieser beiden Welten missen.“ Und so sind sie mal im „Ferienhaus“ auf Fehmarn, mal unterwegs mit „Beachy“.
Mittlerweile sind die Lüths ziemliche Profis auf diesem Gebiet. Beim Campen kann man nämlich einige Anfängerfehler machen. Ines Lüth nennt einige Beispiele: „Beim ersten Mal hatten wir keinen Abwassertank dabei, das Seifenwasser lief dann einfach unten raus“, erzählt sie und lacht. Aber dann habe man sich mit einem Eimer beholfen.
Wenn beim Einparken mit Wohnwagen der Angstschweiß fließt
„Schwierig war auch das rückwärts Einparken mit Wohnwagen, das muss man schon eine Weile üben und es fließt schon ein bisschen Angstschweiß.“ Dass die Anhängerkupplung vor dem Abkuppeln „entlastet“ werden muss – noch so eine Lernerfahrung. Dass man Müll nachts nicht vor dem Zelt stehen lassen sollte, weil sich dann Tiere dafür interessieren – eine weitere. Und mittlerweile wissen die Lüths auch, wie man Wohnwagen richtig belädt und ein Zelt windsicher im Boden verankert.
Camping, das ist für die Lüths oft ein erweiterter Familienurlaub. Ines Lüths Eltern kommen dann dazu, außerdem auch ihr Bruder mit dem 18 Jahre alten Sohn. Die beiden bringen dann auch ihr Motorboot mit. Auch jetzt werden Eltern, Bruder und Neffe mit in Dänemark dabei sein, man trifft sich auf einem Campingplatz am Ringkøbing Fjord.
Im Sommer soll es mit dem Wohnwagen Richtung Kroatien gehen
Im Sommer soll es dann gemeinsam Richtung Kroatien gehen, „letzten Sommer habe ich im Norden doch ein bisschen gefroren“, gibt Ines Lüth zu. Einige hartgesottene Camping-Fans kennt sie, die machen sogar Skiurlaub mit dem Campingmobil. So weit würde sie selbst nicht gehen. „Wir fahren auch zum Skifahren, in den Bayerischen Wald. Aber dann wohnen wir lieber in einer Ferienwohnung.“
Natürlich – die Sache mit dem Wetter. „Man ist eben ständig in der freien Natur“, sagt Florian Lüth. „Damit muss man eben klarkommen. Und wenn es im Juli 14 Grad sind, muss man eben einen Pullover anziehen.“ Lüth musste einmal, als Frau und Kinder auf dem Zeltplatz waren und es ein starkes Unwetter gab, aus Hamburg anrücken und die Wagenburg sturmfest machen. Und dann ging es am nächsten Morgen um 6 Uhr zurück zur Arbeit.
Vom Camping abbringen würde ihn das nicht – so etwas gehört eben auch mal dazu. „Happy wife, happy life“, sagt er und lächelt.
Corona-Zeit: „Da waren eine ganze Menge Neucamper unterwegs“
Während der drei Corona-Jahre genossen die Lüths die Freiheit des Campens umso mehr. „Wir durften nach Fehmarn, weil wir einen Dauerplatz haben. Es fühlte sich sehr gut an, dort zu sein und dann auch viel Zeit an der frischen Luft zu verbringen“, sagt Ines Lüth.
Auch andere kamen auf den Geschmack, Corona sorgte für einen Boom in der Camping- und Wohnmobilbranche. „Wir haben schon gemerkt, dass eine ganze Menge Neucamper unterwegs waren. Die Plätze waren voller als sonst“, sagt Ines Lüth. Mittlerweile aber sei „der Hype vorbei.“
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Florian Lüth hingegen ist froh, dass in der eigenen Familie die Begeisterung für das Campen ungebrochen ist. „Mir ist natürlich klar, dass die Kinder nicht für immer mit uns mitkommen werden. Aber so lange es so ist, genieße ich das sehr!“, sagt er. Ines Lüth sagt: „Na ja, irgendwann haben wir den Wohnwagen dann eben für uns beide.“