Bad Segeberg. „Karl-May-City-Express“ ist defekt, wird 2023 nicht fahren. Was die Existenz des Kult-Zuges gefährdet und die CDU plant.

Echte Fans der Karl-May-Spiele in Bad Segeberg verbinden mit dem „Karl-May-City-Express“ Kindheitserinnerungen. Die „Bimmelbahn“ für die Rundfahrt in Segebergs Altstadt und zu Winnetous Wohnzimmer in der Kalkbergarena hat Kultcharakter. Doch jetzt steht es schlecht um den kleinen Westernzug mit Lokomotive, zwei Waggons und 35 Sitzplätzen. Er ist defekt und wird in der diesjährigen Saison wird nicht fahren. Es könnte der Anfang vom endgültigen Ende des Zuges sein.

Die momentanen Defekte des Zuges lassen sich nicht mehr rechtzeitig zu Beginn der Karl-May-Spiele-Saison reparieren. Laut der Kalkberg GmbH könne die italienische Herstellerfirma des Zuges das notwendige Ersatzteil, ein Steuergerät, nicht mehr liefern. Daher habe der Aufsichtsrat der GmbH bereits vor einigen Monaten beschlossen, notgedrungen in der Spielzeit 2023 auf den Karl-May-City-Express zu verzichten.

Karl May Spiele: Winnetous „Bimmelbahn“ vor dem Aus – CDU will sie retten

„Der Aufsichtsrat hat sich diese Entscheidung nicht leicht gemacht“, sagt Geschäftsführerin Ute Thienel. „Nach einer ausführlichen Diskussion wurde aus einer Vielzahl von Gründen dieser Beschluss getroffen.“ Über die weitere Zukunft des Zuges soll nach der Saison beraten werden. Im Aufsichtsrat sitzen neben Segebergs Bürgermeister Toni Köppen und einem Vertreter der Gesellschafterversammlung auch Delegierte aus der Stadtvertretung – aktuell aus den Fraktionen von SPD, Freier Wählergemeinschaft BBS, Bündnis 90/Die Grünen und der CDU.

Letztere will sich mit dem möglichen Aus des Zuges nicht abfinden. Der CDU-Vorsitzende Till Wenzel möchte bei einem Wahlkampftermin am Sonnabend, 29. April, zwischen 9.30 und 12 Uhr auf dem Wochenmarkt in Bad Segeberg nun sogar Unterschriften der Bürgerinnen und Bürger für den Erhalt des „Karl-May-City-Express“ sammeln.

Alter Besuchermagnet soll nicht sang und klanglos verschwinden

Die CDU wolle es nicht hinnehmen, dass „alte Besuchermagnete“ und wichtige Institutionen für den Tourismus Bad Segeberg einfach „sang und klanglos“ verschwinden. „In diesem Jahr soll es in unserer schönen Stadt keine „Bimmelbahn“ geben. Wir, die CDU-Kandidaten, waren schockiert!“ Auch über die Tatsache, dass geprüft werden, ob der Zug überhaupt vermisst wird und ob man für immer auf ihn verzichten könnte, so Wenzel.

„Viele Bad Segeberger kennen den Karl-May-City-Express aus Ihrer Kindheit. Er ist verbunden mit schönen Erinnerungen und ermöglicht Jahr für Jahr ein besonderes Erlebnis für Groß und Klein, für Segeberger und unsere Touristen“, sagt Wenzel. „Wir finden, dass unsere Bimmelbahn ein wichtiger Bestandteil für den Tourismus der Stadt ist und zu unserem Stadtbild gehört.“

Kalkberg GmbH ist irritiert vom Vorstoß der CDU

Verwundert und ein wenig irritiert reagieren die Karl-May-Spiele auf den CDU-Vorstoß. Schließlich erfuhr man am Kalkberg von der Unterschriftenaktion erst über die Anfrage des Abendblattes. Geschäftsführerin Ute Thienel: „Man kann uns immer gern direkt ansprechen.“

Was die Wichtigkeit des Karl-May-City-Express für den Tourismus in Bad Segeberg angeht, so liefert Thienel nun Zahlen, die diese infrage stellen. Die Nachfrage nach Fahrten mit Zug sei – im Vergleich zu den Besucherzahlen der Karl-May-Spiele – sehr überschaubar, sagt Thienel. In der Spielzeit 2019 waren aufgerundet 3200 Passagiere an Bord. Das jährliche Minus des Zuges lag bei über 23.000 Euro. „Fahrten werden seit Jahren ohnehin nur noch an den Karl-May-Spieltagen Donnerstag bis Sonntag angeboten. Montags bis mittwochs ist die Nachfrage verschwindend gering“, sagt Thienel.

Karl-May-Spiele: Neuanschaffung eines Zuges würde bis zu 390.000 Euro kosten

Nach der zweijährigen Corona-Pause sei der Zug im Sommer 2022 wieder gefahren. Allerdings sei er trotz einer 10.000 Euro teuren Instandsetzung einen Großteil der Saison defekt gewesen – nun wäre der Austausch des Steuergerätes nötig. Bei der Kalkberg GmbH hat man auch über einen neuen Zug nachgedacht.

„Die Neuanschaffung solch eines Zuges kostet je nach Antriebsart zwischen 325.000 und 390.000 Euro. Eine Lieferung hat einen Vorlauf von knapp zwei Jahren. Ebenfalls langwierig und kostspielig ist die Umrüstung von Diesel- auf Elektroantrieb. Hier wurde ein Preis von mindestens 120.000 Euro ermittelt.“ Angesichts der Auslastung scheint das nicht wirtschaftlich zu sein.

Den „Karl-May-City-Express“ gibt es seit den 80-er-Jahren. Das jetzige Exemplar hat das Baujahr 1997 und wurde von der Kalkberg GmbH im Juni 2003 gekauft. Genehmigt ist von der Verkehrsaufsicht des Kreises Segeberg eine kleine Rundfahrt durch die Bad Segeberger Altstadt mit Haltestellen am Marktplatz (außer an Wochenmarkttagen) und am Freilichttheater am Kalkberg. Ob die „Bimmelbahn“ diese Tour noch mal fahren wird scheint nach jetzigem Stand mehr als fraglich.