Norderstedt. Der Berliner Kabarettist Gerald Wolf holte in Norderstedt zum satirischen Rundumschlag aus – sehr zur Freude des Publikums.
„Politisches Kabarett gibt es kaum noch, dabei ist es bitter nötig“, sagte Gunnar Urbach, als er am Sonntag den Kabarettisten Gerald Wolf beim Kulturtreff im Paul-Gerhardt-Gemeindezentrum in Norderstedt ankündigte. Nahezu 100 Zuhörerinnen und Zuhörer wollten wissen, was der Mann aus Berlin-Kreuzberg über die politische Regierungsspitze zu sagen hatte.
„Es sind verdammt harte Zeiten, aber es gibt auch endlich wieder öffentlich Kultur“, erinnerte Wolf an die zweijährige kulturlose Zeit, die Corona bescherte, und reimte: „Zwei Jahre lag die Satire blank, jetzt lebt sie wieder, Lauterbach sei Dank.“ Während die Amerikaner Waffen und die Franzosen Kondome, hätten die Deutschen Klopapierrollen gehortet.
Kabarett Norderstedt: Wladimir Putin – Schmähgesänge auf einen peinlichen Tyrann
Wolf sang ein Schmählied auf die Sylt-Hochzeit eines Christian Lindner und begleitete sich dazu auf der Gitarre. „Noch nie war der Ablasshandel so modern wie heute, da staunt sogar die katholische Kirche“, wetterte er gegen den Finanzminister, den „Dr. No des Regierungs-Kabinetts“, und rechnete vor, dass eine Übergewinnsteuer 90 Milliarden Euro einbringen würde. Er tauchte tief in die Parallelwelten der Politiker ein und meinte, ehe ein Friedrich Merz etwas gegen die Klimakrise unternähme, würde der HSV Deutscher Meister werden.
Gerald Wolf buchstabierte Putin als „Peinlich umher irrender Tyrann im Nirvana“ und träumte vom Eisenbahn-Fahren in schönen, pünktlichen Zügen für nur einen Euro mit Lokführern, die einen guten Lohn bekämen, wenn die Regierung 100 Milliarden Euro statt in die Rüstung in die Bahn investieren würde.
Plötzlich steht Willy Brandt auf der Bühne
Er nölte wie Karl Lauterbach, sang auf die Melodie von Helene Fischers Schlager „Atemlos durch die Nacht“ ein Loblied auf das Personal in den Krankenhäusern, hob auf Winfried Kretschmers Waschlappen-statt-Duschen-Rat ab und bemühte sogar Willy Brandt, den er treffend imitierte.
Er ließ den ehemaligen Kanzler, der seinerzeit immerhin das heutige Traumergebnis von 62 Prozent Zustimmung absahnte, mit den „Stümpern der SPD“ aufräumen und nannte die Namensgebung des neuen Berliner Flughafens „Leichenfledderei“. Und was hätte Willy zur Klimakrise gesagt? „Das Zeitfenster wird immer kleener, posaunt sogar der Herbert Wehner.“
Kabarett: Frühsport in Italien – zehnmal den rechten Arm heben!
Die Berliner „Ampelmännchen“ dichtete er in „Berliner Hampelmännchen“ um, meinte, wenn das Klima eine Bank wäre, hättet „ihr uns schon lange vor dem Weltuntergang gerettet“ und forderte „Zieht der Kohle-Mafia endlich die Lederhosen aus!“ Robert Habeck sei in Katar zum „Bückling des Jahres“ verkommen, während Giorgia Meloni in Rom im Rundfunk als morgendliche Lockerungsübung „Zehn Mal den rechten Arm heben“ befehlen würde.
Kein gutes Haar ließ er an Verkehrsminister Volker Wissing – FDP übersetzte er obendrein mit „Fahr Deinen Porsche“ – , sang frei nach „Ein Freund, ein guter Freund“ von den Comedian Harmonists „Ein Stau, ein kleiner Stau“, gewandete sich in einen goldbestickten, königsblauen Prachtmantel und hielt eine Märchenstunde mit dem „Zwerg Wladimir Wladimirowitsch Putin“ ab. In dieser „Hymne“ auf Putins Karriere beim KGB, , die in „Der Gnom sitzt jetzt auf dem Thron“ gipfelte, ließ der Berliner Kabarettist auch Erich Honecker aufleben.
- Norderstedt: Ein Eldorado für ungewöhnliche Kreationen aus der Region
- Henstedt-Ulzburg: Liebe, Raufen, Saufen – St. Patrick’s Day in Reinkultur
- Veranstaltungen Norderstedt: Manon Straché stellt ihren Mann kalt – und andere Tipps
Natürlich bemühte Gerald Wolf auch noch einmal Donald Trump, hob auf das Gespann Alice Schwarzer und Sarah Wagenknecht ab und lästerte über Amazon-Entdecker Jeff Bezos auf Höhenpflug im All. Gerald Wolf spiegelte das ganze Getöse und Gedöns der politischen Welt-Satire wider, sehr zur Freude des Publikums, das begeistert applaudierte.