Norderstedt. Norderstedts Grüne legen Programm für Kommunalwahl vor. Wie sie die Stadt lebenswerter und bewohnbarer machen wollen.

Aktuell sind sie mit fünf der insgesamt 39 Sitze in der Stadtvertretung die drittstärkste politische Kraft in Norderstedt. Doch das soll sich nach der Kommunalwahl für die Grünen mit ihren etwa 100 Mitgliedern verbessern. „Bei der Europawahl 2019 hatten wir mit 27,8 Prozent der Stimmen das beste Ergebnis aller Parteien in Norderstedt“, gibt Spitzenkandidatin Ingrid Betzner-Lunding die Richtung vor.

Im Vergleich zur Kommunalwahl 2018 konnten die Grünen da die Zahl ihrer Wähler mit 10.398 Stimmen fast vervierfachen. „Vor allem wünschen wir uns aber eine höhere Wahlbeteiligung“, sagt Betzner-Lunding. Vor fünf Jahren ging nicht einmal jeder dritte Wahlberechtigte zur Wahlurne.

Norderstedt: Mehr Tempo 30, mehr Car-Sharing und viele Bürgerbüros

Ihr Wahlprogramm haben die Norderstedter Grünen mit dem Slogan überschrieben: „Eine Stadt für Menschen“. Schon heute sei die mit etwa 82.000 Bewohnern viertgrößte Stadt im Land bereits gut ausgestattet, was die Infrastruktur wie Wirtschaftskraft, Schulen, Kita-Plätze und Busanbindung angehe. „Da ist Norderstedt schon ziemlich gut aufgestellt dank einer hohen Gewerbesteuer-Einnahme“, die 2022 bei rund 150 Millionen Euro lag und in diesem Jahr auf etwa 110 Millionen Euro geschätzt werde, so die Spitzenkandidatin. „So passt alles zusammen.“

Die Grünen wollen Norderstedt noch lebenswerter und vor allem bewohnbarer machen, kündigt Marc-Christopher Muckelberg an, der als amtierender Fraktionsvorsitzender in der Stadtvertretung Listenplatz zwei bei den Grünen einnimmt. Das soll mit der Schaffung von mehr bezahlbarem Wohnraum in der weiter wachsenden Stadt gelingen. „Dafür brauchen wir endlich eine städtische Wohnungsbaugesellschaft, um schneller neue und kostengünstige Wohnungen zu bauen“, fordert Muckelberg.

Norderstedt: Grüne fordern städtische Wohnungsbaugesellschaft

Die bürgerlichen Parteien CDU, WiN, FDP, Freie Wähler und AfD hätten die Gründung einer eigenen Wohnungsbaugesellschaft mit ihrer Mehrheit in der Stadtvertretung immer wieder blockiert. Aber auf freiwilliger Basis und von privater Seite sei hier bislang zu wenig passiert. Darum müsse die Stadt selbst für mehr Wohnraum sorgen.

Das könne am besten mit einer städtischen Gesellschaft in die Tat umgesetzt werden, die von der Norderstedter Entwicklungsgesellschaft dabei unterstützt werden sollte. Immer weniger Menschen könnten sich die hier inzwischen oft verlangten 14 bis 15 Euro je Quadratmeter Kaltmiete leisten. Jeder zweite habe bereits Anspruch auf geförderten Wohnraum, den es aber kaum noch gebe.

Norderstedt: neue Buslinie von Glashütte nach Garstedt

Auch beim Angebot im Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) gebe es in Norderstedt noch in einigen Stadtteilen Verbesserungsbedarf, sagt Susan de Vrée, die auf Listenplatz drei für die Grünen kandidiert. Dies betreffe vor allem die Strandhaussiedlung zwischen Ulzburger Straße, Harckesheyde und Mühlenweg im Norden der Stadt sowie am Glashütter Damm im Süden, wo die Busanbindung noch nicht optimal sei. „Obwohl wir bereits rund eine Million Euro als Stadt an den Kreis Segeberg für den Busverkehr ausgeben“, betont Muckelberg.

So hat die Stadt bereits beim Kreis beantragt, zum Fahrplanwechsel im Dezember 2023 eine neue Buslinie einzurichten, die Glashütte mit ZOB, Glashütter Damm und U-Bahnhof Garstedt oder U-Bahnhof Ochsenzoll verbinden soll. Was jeweils eine weitere Million Euro im Jahr kosten würde. Eine Entscheidung ist darüber noch nicht gefallen.

Grüne: Norderstedt soll „15-Minuten-Stadt“ werden

Die Grünen vertreten hierbei das Konzept der „15-Minuten-Stadt“, dem sich auch die Hansestadt Hamburg verschrieben habe. Damit ist gemeint, dass die Bürgerinnen und Bürger, egal wo sie in der Stadt wohnen, die wichtigsten Anlaufstellen wie Arbeitsplätze, Lebensmittelmärkte, Ärzte, Schulen, Kindergarten, Sportplätze und kulturelle Einrichtungen innerhalb einer Viertelstunde bequem zu Fuß oder mit dem Fahrrad erreichen können.

„Das wollen wir auch für Norderstedt erreichen“, kündigt Betzner-Lunding an. Dafür müssten Stadt- und Verkehrsplanung zusammen gedacht werden.

Norderstedt: Grüne fordern Bürgerbüros in allen Stadtteilen

Auch die öffentliche Verwaltung gehöre dazu, sagt Muckelberg. So möchten die Grünen in allen Stadtteilen Bürgerbüros einrichten, wo die Einwohnerinnen und Einwohner wichtige behördliche Angelegenheiten wie das Verlängern ihrer Ausweise erledigen können, ohne extra ins Rathaus kommen zu müssen.

Möglicherweise böten sich dafür die Stadtteilbibliotheken an, die ohnehin zu sogenannten Dritten Orten des Zusammentreffens und Ins-Gespräch-Kommen aller Generationen werden sollen. Das gelte auch für die Schulen außerhalb der Schulzeiten, in denen Kultur, Freizeit und Sport für alle Bürgerinnen und Bürger möglich sein sollen.

Norderstedt: Car-Sharing-Angebot soll wieder forciert werden

Aber auch viel mehr Dienstleistungen als derzeit sollen von zu Hause aus oder von unterwegs online beantragt werden können, sagen die Grünen und machen sich damit für das digitale Rathaus stark.

Die Verkehrswende in Norderstedt wollen die Grünen nicht nur mit einem besseren Busangebot unterstützen. Auch das Car-Sharing-Angebot müsse wieder forciert werden, damit für weitere Strecken nicht unbedingt ein eigenes Auto nötig sei, betont Susan de Vrée. Zudem sollen in der ganzen Stadt mehr Tempo-30-Zonen geschaffen werden, überall dort, wo dies nötig und sinnvoll sei, um die Verkehrssicherheit für alle zu erhöhen.

Norderstedt: alte Gewerbegebiete revitalisieren und neue ausweisen

Auch für Bildung und attraktive Schulen und Kindergärten würden sich die Grünen in der nächsten Wahlperiode starkmachen. Aber da sei Norderstedt mit einer Ganztagsbetreuung von 90 Prozent an den Grundschulen bereits recht gut ausgestattet. „Und das weit vor dem Rechtsanspruch 2026“, freut sich Betzner-Lunding. 94 Prozent der drei- bis sechsjährigen Kinder seien mit einem Kita-Elementarplatz, etwa 60 Prozent der unter Dreijährigen mit einem Krippenplatz versorgt.

Auch die heimische Wirtschaft soll gestärkt und gefördert werden. So wollen die Grünen vorhandene Gewerbegebiete „revitalisieren“ und auch neue ausweisen, kündigt Susan de Vrée an. „Wir halten an dem Verhältnis, zwei Einwohner je Arbeitsplatz in Norderstedt fest.“ Darum müsse sich die Zahl der Arbeitsplätze an das Wachstum der Bevölkerung anpassen. Schon heute sei Norderstedt so attraktiv, dass die Zahl der Einpendler mit rund 27.000 pro Tag um 2000 über der der Auspendler liege.