Norderstedt. Stadtwehrführer Fabian Wachtel tritt nach sechs Jahren ab. Welche Gründe er dafür hatte und wer sein Nachfolger sein wird.

Norderstedts Stadtwehrführer – ein Titel, den Fabian Wachtel seit gut vier Jahren trägt und nun verliert. Sechs Jahre – und damit eine volle Amtszeit – ist Wachtel schon ehrenamtlicher Chef der vier Freiwilligen Feuerwehren in Norderstedt. Wachtel wollte nicht wieder antreten, weil die Belastungen durch zwei Ämter hoch ist. Er ist hauptamtlicher Chef von Feuerwehr und Bevölkerungsschutz (Amtsleiter, Amt 38) und eben als Stadtwehrführer ehrenamtlicher Leiter der vier Ortswehren mit ihren 280 Feuerwehrleuten.

„Teilweise gab es vier oder fünf Termine an einem Abend. Gleichzeitig. Das wird meinem Anspruch an jede dieser Funktion, die ich mit Leidenschaft ausführe, nicht mehr gerecht“, sagte Wachtel in seiner letzten Ansprache als Stadtwehrführer am Freitag während der Stadtfeuerwehrversammlung, erstmals in der Norderstedter „TriBühne“. „Auf heute hochgerechnet, habe ich abends und an den Wochenenden annähernd 2.500 Stunden mit dem Mobiltelefon telefoniert. Das sind knapp 300 Arbeitstage in sechs Jahren.“

Jahreshauptversammlung: Norderstedts Freiwillige Feuerwehr hat einen neuen Chef

Am Feuerwehrtechnischen Zentrum an der Stormarnstraße (v. l.): Der scheidende Stadtwehrführer Fabian Wachtel (39) übergibt Ende Mai sein Amt an André Müller (35). Roland Lazina (38) übernimmt den Stellvertreter-Posten Ende des Jahres von Jürgen Klingenberg.
Am Feuerwehrtechnischen Zentrum an der Stormarnstraße (v. l.): Der scheidende Stadtwehrführer Fabian Wachtel (39) übergibt Ende Mai sein Amt an André Müller (35). Roland Lazina (38) übernimmt den Stellvertreter-Posten Ende des Jahres von Jürgen Klingenberg. © Florian Büh

An weit über 250 Sitzungen und Terminen hätte Wachtel am Abend und den Wochenenden teilgenommen. Wachtel: „Ich werde nun nach sechs Jahren erstmalig meinen mir zustehenden sechswöchigen Urlaub auch wirklich antreten.“ Seine Chefin, Oberbürgermeisterin Elke Christina Roeder entgegnete, dass sie das hoffe und zugleich gespannt sei: „Ich werde es kontrollieren!“

Zu Beginn von Wachtels Amtszeit, im April 2017, hieß die ehrenamtliche Funktion noch Gemeindewehrführer. Wachtel übernahm das Amt als jüngster Amtsinhaber der Stadtgeschichte – und wohl auch auf Landesebene. Zu einer Zeit, in der Norderstedt selbst schon lange die Bezeichnung „Stadt“ führte, als so genannte große kreisangehörige Stadt, zog auf Bestreben von Wachtel, auch die „Gemeinde-Feuerwehr“ nach. Der Name der Leitung ging in Stadtwehrführer über.

Wachtel litt unter der Doppelbelastung durch zwei Ämter

Garstedts Wehrführer Florian Reichelt mit dem geehrten Kassenwart Manfred Fröhlich (Mitte) und Oberbürgermeisterin Elke Christina Roeder, die Fröhlich das Brandschutzehrenzeichen überreicht hatte.
Garstedts Wehrführer Florian Reichelt mit dem geehrten Kassenwart Manfred Fröhlich (Mitte) und Oberbürgermeisterin Elke Christina Roeder, die Fröhlich das Brandschutzehrenzeichen überreicht hatte. © Florian Büh

Für Wachtels Abtritt gibt es aber auch noch einen rechtlichen Grund: Denn im Brandschutzgesetz ist geregelt, dass ein Leiter einer Berufsfeuerwehr nicht auch eine so wichtige Führungsrolle im Ehrenamt übernehmen darf. Nun endet also diese Ära für den inzwischen 39-jährigen.

Zuletzt im Dezember hatten Fabian Wachtel und sein Vertreter, Jürgen Klingenberg, schriftlich darum gebeten Kandidaten für die Nachfolge benannt zu bekommen – sogleich für Stadtwehrführung und Vertretung. Doch von den amtierenden Ortswehrführern mochte niemand wechseln. Klingenberg will Ende 2023 aufhören. Aus Altersgründen: Klingenberg wird 67 und das Brandschutzgesetz zieht auch hier rote Linien.

Neuer Stadtwehrführer ist ein Berufsfeuerwehrmann aus Hamburg

Michael Dahlke, stellvertretender Kreiswehrführer, ehrt Miriam Liesner und Volker Berwind mit der Jugendfeuerwehr-Leistungsspange in Bronze.
Michael Dahlke, stellvertretender Kreiswehrführer, ehrt Miriam Liesner und Volker Berwind mit der Jugendfeuerwehr-Leistungsspange in Bronze. © Florian Büh

Doch im Februar fanden sich schließlich zwei Kandidaten. André Müller (35), Berufsfeuerwehrmann aus Hamburg stellte sich – trotz persönlicher Abwesenheit – der Wahl zum neuen Stadtwehrführer. Er erhielt 65 Ja-Stimmen und drei Gegenstimmen. Roland Lazina, 38 Jahre alt und angestellt bei Tesa in Norderstedt, war am Abend anwesend und wurde von 59 Kameradinnen und Kameraden zum neuen zweiten Stadtwehrführer gewählt. Beide sind bisher nicht in Führungsfunktionen ihrer Ortswehren in Friedrichsgabe und Harksheide eingesetzt, kennen aber die Feuerwehr seit ihrer Kindheit und Jugend.

Roland Lazina: „Zu Beginn möchte ich in die vielfältigen Aufgaben und Herausforderungen tiefer einsteigen. Besonders wichtig ist mir, dass wir Freiwillige Feuerwehr und Berufsfeuerwehr gut unter einen Hut bekommen. Außerdem soll das respektvolle Miteinander weiter gestärkt werden.“

Der stellvertretende Stadtwehrführer arbeitet bei Tesa

André Müller betont beim Fototermin am Tag nach seiner Wahl: „Der Zusammenhalt der Ortswehren untereinander ist mir wichtig. Ich glaube, durch meine berufliche Tätigkeit und meine Erfahrung, kann ich die gute Zusammenarbeit zwischen der Berufsfeuerwehrund der Freiwilligen Feuerwehr weiter fördern und mich hier gut einbringen. Natürlich liegt mein Fokus auch auf der Jugendfeuerwehr, hier kommt schließlich der Nachwuchs für unser Feuerwehr her.“

Fabian Wachtel bleibt Amtsleiter des Amtes 38 (Amt für Feuerwehr) und Chef der Berufsfeuerwehr und des Bevölkerungs- und der Katastrophenschutzes. 60 Stellen sind bei ihm angesiedelt – 34 Personen rücken aktuell auch zu Einsätzen aus.

Ehrungen gab es bei der Versammlung in der „TriBühne“ auch: Oberbürgermeisterin Roeder ehrte Kassenwart Manfred Fröhlich von der Ortswehr Garstedt mit dem Brandschutzehrenzeichen in Silber. Michael Dahlke, stellvertretender Kreiswehrführer, verlieh die Jugendfeuerwehr-Leistungsspange in Bronze an Miriam Liesner und Volker Berwind von der Ortswehr Harksheide.

Das Einsatzjahr der Freiwilligen Feuerwehr Norderstedt in Zahlen:

Die Freiwillige Feuerwehr Norderstedt mit ihren vier Ortswehren und den 34 hauptberuflichen Kräften wurden 2022 zu insgesamt 1022 Einsätzen alarmiert. 594 dieser Einsätze waren der technischen Hilfe zuzuordnen. Dazu zählen zum Beispiel Einsätze bei denen Türen geöffnet – Personen aus Aufzügen gerettet werden sollen (403 Einsätze).

428 Mal mussten Retter in die Brandbekämpfung geschickt werden. 123 Menschen wurden durch Feuerwehreinsatzkräfte im Jahr 2022 gerettet. Für 26 Menschen kam die Hilfe zu spät, sie starben. Die 179 ausgelösten Brandmeldeanlagen brachten 200.000 Euro an Einsatz-Gebühren ein.

Auch in der Brandschutzerziehung und Brandschutzaufklärung ist die Feuerwehr weiterhin und nach Corona wieder aktiv: In 97 Terminen konnten 898 Kinder und 50 Erwachsene viel zu Brandverhütung und dem richtigen Handeln bei Feuer erlernen.