Norderstedt. Stiftung Naturschutz beginnt mit Arbeiten. Wie ein Hochmoor entstehen soll und warum das für das Klima so wichtig ist.
Das Glasmoor in Norderstedt ist ein echter Schatz in der Natur - das wissen aber nur die Fachleute. Hier wurde in der Vergangenheit so stark abgetorft, dass vom ehemaligen Hochmoor kaum noch etwas zu sehen ist. Das soll sich ändern: Das Moor wird renaturiert, die vorbereitenden Arbeiten haben schon begonnen.
Gute Nachrichten für den Klimaschutz und die biologische Vielfalt: Die Stiftung Naturschutz Schleswig-Holstein baut das Glasmoor in Norderstedt so um, dass sich der natürliche Wasserstand wieder einstellen kann. Damit werden viele tausend Tonnen CO2, die das heute entwässerte Moor laufend ausstößt, eingespart.
Klimaschutz: Norderstedts Glasmoor wird wieder in Urzustand versetzt
Das ehemals mächtige Hochmoor wurde in den vergangenen Jahrhunderten stark entwässert und abgetorft. Heute sind von der ursprünglich rund 250 Hektar großen Moorfläche nur noch etwa 27 Hektar Moor erhalten. Das ist - gemessen am einstigen Bestand - nicht viel. Aber immerhin: Es ist eine der größten zusammenhängenden alten Oberfläche von allen Mooren Schleswig-Holsteins. Der zentrale, intakte Moorsockel ragt beeindruckende 5 Meter aus der umgebenden Niederung auf.
Was nicht schlecht ist, soll aber noch besser werden. Hier soll wieder ein wertvoller Lebensraum für stark angepasste Tiere und Pflanzen entstehen. Die Renaturierung des Glasmoors ist eine der Kompensationsmaßnahmen für den Neubau der S-Bahn-Linie S 4 zwischen Hamburg und Bad Oldesloe und wird von der Ausgleichsagentur GmbH, einer hundertprozentigen Tochter der Stiftung Naturschutz Schleswig-Holstein, umgesetzt.
Gehölze werden zurückgeschnitten, damit die Bagger Platz zum Arbeiten haben
Damit die Bagger Platz zum Arbeiten haben, werden nach Angaben von Nicola Brockmüller, Sprecherin der Stiftung, aktuell an bestimmten Stellen Gehölze zurückgeschnitten. Außerdem werden gezielt Kiefern entnommen, da diese einer optimale Vernässung des Moores im Wege stehen.
„Ab Spätsommer 2023 rücken dann die speziellen Moor-Bagger an, um Entwässerungsgräben zu verfüllen und Wälle zu bauen,“ sagt Nicola Brockmüller. „So wird das Regenwasser wieder im Moor gehalten werden. Heute wird es noch abgeleitet.“
Kreuzottern bekommen Rückzugsflächen, selten Insekten ein Zuhause
Neben den Umbauten für die Wiedervernässung werden auch Versteckplätze für Kreuzottern angelegt. So soll das Totholz im renaturierten Moor verbleiben. Auf diese Weise bekommen auch seltene Insekten wieder ein Zuhause. Nicola Brockmüller: „Anschließend wird das vernässte Glasmoor sich selbst überlassen, die moortypischen Arten, wie Sonnentau, Moosbeere und Glockenheide und viele andere, können sich wieder ausbreiten.“
Das Glasmoor ist nicht das einzige Moor in Schleswig-Holstein, das zurzeit renaturiert wird. Die Stiftung Naturschutz und die schleswig-holsteinischen Landesforsten setzen zurzeit das Programm Biologischer Klimaschutz der schleswig-holsteinischen Landesregierung aus dem Jahr 2020 um. Nass bis zur Bodenkante und nicht mehr trocken bis in fünf Meter Tiefe – das ist die Aufgabe, die alle Beteiligten bis 2030 verfolgen. Bis dahin sollen ungefähr 20.000 Hektar trockene Moorböden wieder vernässt werden.
20.000 Hektar trockene Moorflächen werden vernässt
Besonders weit ist man damit bereits im Grotmoor bei der Ortschaft Heidmoor im Kreis Segeberg gekommen. Nach drei Jahren Planung und sechs Monaten Bauzeit sind dort 73 Hektar des Grotmoors wieder nass. Gemeinsam haben die Stiftung Naturschutz Schleswig-Holstein und die Schleswig-Holsteinischen Landesforsten aus dem Moor einen echten Klimaschützer gemacht.
Im August 2022 rückten die großen Spezial-Bagger an und haben das ehemals entwässerte Gebiet bis zum Februar umgebaut. Das Ziel ist, Regenwasser wieder im Moor zu halten, statt es wie bisher abzuleiten. Denn das Wichtigste im Moor ist Wasser.
Sechs Kilometer Torfwall wurden im Grotmoor aufgeschüttet
Zuerst musste also die Entwässerung gestoppt werden. Dafür wurden viele Kilometer Drainagerohre aus dem Boden geholt sowie die Entwässerungsgräben auf 85 Metern verfüllt und mit 31 Grabenstauen, 15 Stauschwellen und drei Holzspundwänden aufgestaut. Die Bagger haben fast sechs Kilometer Torf-Wall rund um das Gelände aufgeschüttet und modelliert, darin wurden acht Überläufe eingebaut, um den Wasserstand regulieren zu können. Die Maßnahmen wurden in Zusammenarbeit mit der Gemeinde Heidmoor so geplant und umgesetzt, dass die Wege rund um das Gelände gesichert und anliegende Flächen nicht beeinträchtigt werden.
Drei moderne Funk-Logger wurden im wiedervernässten Moor eingebaut. Sie messen laufend den Wasserstand und senden ihn über das Mobilfunknetz an eine Datenbank. So behält die Stiftung Naturschutz im Blick, ob die Vernässung wie geplant funktioniert. Ein kleiner Teil im westlichen Waldstück wird im Spätsommer noch fertiggestellt. Denn ab März müssen die Arbeiten ruhen, damit Vögel nicht beim Brüten und Rasten oder Amphibien beim Laichen gestört werden.
Kreuzotter, Moorfrosch und Rothirsch freuen sich
Schon jetzt steht das Wasser wieder auf der Fläche. Weil der Torfboden wieder nass ist, gibt dieser jedes Jahr mehr als 700 Tonnen CO2 weniger an die Atmosphäre ab. Optimal für die Klimaschutz-Wirkung ist ein Wasserstand ungefähr bis zur Bodenkante, in regenreichen Monaten etwas darüber, im Sommer etwas unterhalb.
Typische Moor-Bewohner wie Moorfrosch, Kreuzotter oder auch der Rothirsch finden hier wieder einen selten gewordenen Lebensraum. Ebenso Pflanzen wie das Weiße Schnabelried, das Wollgras oder der fleischfressende Sonnentau können sich ansiedeln. Und wenn die Torfmoose zurückkommen, wächst auch das Hochmoor wieder und speichert aktiv noch mehr CO2 aus der Atmosphäre.
Klimaschutz: Im Henstedter Moor soll die Renaturierung bald starten
Die Chancen stehen gut: Moor-Experten haben Torfmoos-Bestände in Senken rund um das renaturierte Gebiet gefunden, die sich jetzt wieder auf das frisch vernässte Moor ausbreiten können.
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Auch im Henstedter Moor in Henstedt-Ulzburg soll in diesem Jahr mit Renaturierungsarbeiten begonnen werden. Die Stiftung Naturschutz Schleswig-Holstein hat das Ziel, bis 2030 durch Moorvernässung 717.500 Tonnen Treibhausgase einzusparen – etwa so viel, wie 72.000 Deutsche im Jahr ausstoßen.