Norderstedt. Raubtaten erschüttern das Sicherheitsempfinden in der Stadt. Welche Maßnahmen Politik, Polizei und Stadt jetzt diskutieren.
Spätestens seit der Serie von Raubüberfällen rund um das Herold-Center und die U-Bahnhöfe Garstedt, Norderstedt-Mitte und Richtweg in diesem Winter ist klar: Das Sicherheitsempfinden der Bürgerinnen und Bürger dürfte in diesen Bereichen gelitten haben. Und viele werden sich beim Einkaufen, Gassigehen oder Spazieren zweimal umdrehen, wenn sie verdächtige Personen dort ausmachen.
Die Diskussion um die Innere Sicherheit der Stadt ist längst auch in der Kommunalpolitik angekommen. In der Stadtvertretung berichtete Oberbürgermeisterin Elke Christina Roeder über die Erkenntnisse, die das Ordnungsamt der Stadt im Austausch mit Florian Born, dem Leiter des Polizeireviers Norderstedt, erlangt habe.
Norderstedt: Angstraum U-Bahnhof – Muss Norderstedt mehr durchgreifen?
Nämlich, dass Norderstedt zur Bekämpfung der Kriminalität rund um die U-Bahnhöfe der Stadt kräftig aufrüsten sollte. Wünschenswert wären für die Polizei eine ausgedehnte Videoüberwachung neuralgischer Bereiche und eine Stärkung des Kommunalen Ordnungsdienstes.
Dabei hatte Revierleiter Born in seinem Bericht an die Verwaltung noch nicht einmal die zuletzt für Aufsehen sorgende Raubtatenserie im Blick. Vielmehr beleuchtete er nur die Entwicklung der Straftaten im Bereich der U-Bahnhöfe Norderstedt-Mitte und Garstedt in einem Zeitraum von März bis September 2022.
Kriminalitätsschwerpunkte sind die U-Bahnhöfe Garstedt und Norderstedt-Mitte
Beide Bahnhöfe würden sich deutlich von der Kriminalitätsbelastung anderer Bereiche im Norderstedter Stadtgebiet abheben. Im Wesentlichen seien am U-Bahnhof Garstedt, rund ums Herold-Center, 377 Straftaten erfasst worden. Im Bereich der U-Bahnhofs Norderstedt-Mitte seien 197 Straftaten angezeigt worden.
Meistens handelt es sich um Eigentumsdelikte, also häufig Diebstähle, aber auch Körperverletzungen seien zu verzeichnen. Die Zahlen bewegten sich auf einem vergleichbaren Niveau zu vorherigen Jahren. Doch die Polizei räumt ein, dass derzeit nicht von einer „positiveren Kriminalitätsentwicklung“ auszugehen ist.
Polizei wünscht sich mehr Videoüberwachung und einen städtischen Ordnungsdienst
Born schlug Roeder ein „vernetztes und abgestimmtes Vorgehen der Sicherheitsbehörden“ vor. Die Videoüberwachung könnte zur „beweissicheren Identifizierung von Täterinnen und Tätern beitragen“, so Born. Die Kameras könnten sowohl ihren „präventiven sowie repressiven Charakter“ entfalten.
Aber auch bauliche Maßnahmen bis hin zur Stärkung des kommunalen Ordnungsdienstes würde die Polizei sehr begrüßen. Oberbürgermeisterin Roeder versicherte der Politik im Ausschuss: „Wir stehen mit der Polizei im regelmäßigen Austausch zur Vorbereitung und Beratschlagung der angeregten Maßnahmen.“
Politik unterstützt den Ruf nach mehr Überwachung
In der Kommunalpolitik stoßen die Wünsche der Polizei auf Zustimmung. „Wir begrüßen diese Maßnahmen ausdrücklich und haben diese auch in unser Wahlprogramm mit aufgenommen“, sagt Peter Holle von der CDU. „Es ist unsere Verpflichtung, den Rahmen zu schaffen, damit sich sowohl das objektive, als auch das subjektive Sicherheitsempfinden der Bürgerinnen und Bürger verbessert.“
Nicolai Steinhau-Kühl von der SPD sieht die Häufung der Raubstraftaten an den U-Bahnstationen mit Sorge. „Die von der Polizei vorgeschlagenen Maßnahmen sind zuerst auf Umsetzbarkeit zu prüfen. Für uns stellen sich die Fragen, für welche Bereiche eine Videoüberwachung nötig wäre und wie viel Personal gebraucht werden würde, um einen kommunalen Ordnungsdienst aufzubauen – und was er sonst noch für Aufgaben haben müsste.“
Grüne wünschen den Einsatz von Streetworkern
Marc Muckelberg von den Grünen glaubt zwar, dass Videoüberwachung an den „Hotspots“ dazu beitragen, die Sicherheit zu erhöhen. „Aus unserer Sicht wäre jedoch die Ansprache durch Streetworker geeigneter als durch Ordnungskräfte. Die Gremien werden dazu beraten und dann gemeinsam geeignete Schritte einleiten“, sagt Muckelberg.
Bauliche Veränderungen für mehr Sicherheitsgefühl und einen Ordnungsdienst unterstützen auch die Liberalen von der FDP. „Ob Videoüberwachungen eine Hilfe sein können, da sind wir uns nicht so sicher“, sagt FDP-Stadtvertreter Tobias Mährlein.
FDP bezweifelt, dass Videoüberwachung das Problem löst
„Normalerweise verschiebt das nur die Brennpunkte auf den nicht überwachten Bereich. Und wir können nicht unsere ganze Stadt per Video überwachen, zumal das die echten Idioten nicht unbedingt abhalten würde.“ Er plädiert für einen Versuch auf Zeit an den Brennpunkten.
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„Die aktuellen Ereignisse zeigen, dass es immer noch eine Notwendigkeit ist, nicht nur unsere Polizei sondern auch unseren kommunalen Ordnungsdienst zu verstärken“, sagt Thomas Thedens von den Freien Wählern. Videoüberwachung, Ordnungsdienst und bauliche Maßnahmen an „kritischen Punkten“ begrüßt er – die rechtliche Zulässigkeit vorausgesetzt.
Norderstedt: CDU-Landtagsabgeordneter sieht schon lange Handlungsbedarf
„Eine Nachbesserung der Sicherheit im öffentlichen Raum muss dringend erfolgen“, findet auch der CDU-Landtagsabgeordnete Patrick Pender. Dass Handlungsbedarf bestehe, sei laut ihm allerdings „keine neue Erkenntnis“. Schon im Mai 2020 hätten Jugendliche mehrere Bürger an der Rathausallee am helllichten Tag verprügelt und ihre Taten anschließend in den sozialen Medien verbreitet.
Aus Sicht von Pender hätte die Verwaltung schon längst reagieren müssen. „Das Versäumnis liegt bei der Stadt. Die Oberbürgermeisterin kann in dieser Sache nicht länger untätig bleiben“, meint er.