Norderstedt. Husten und Schnupfen in Schulen, Kitas, Kliniken und bei der AKN. Was die Folgen für das öffentliche Leben sind.
Viele Menschen leiden im Winter an Husten und Schnupfen – so weit, so normal. Doch das, was den Norden derzeit erfasst hat, ist mehr als die übliche Erkältungswelle. „Außergewöhnlich viele Menschen sind derzeit von Atemwegserkrankungen betroffen“, heißt es in einer Mitteilung des Gesundheitsministeriums in Kiel. Das macht sich auch in Norderstedt und Umgebung bemerkbar.
„Bei uns sind fast ein Viertel der Lehrer krank, in den Klassen fehlt teilweise mehr als die Hälfte der Schülerinnen und Schüler“, sagt Heike Schlesselmann, Leiterin des Coppernicus-Gymnasiums in Norderstedt. „Das ist untypisch, auch für diese Jahreszeit. Diese Atemwegserkrankungen legen uns im Moment schon ein bisschen lahm.“
Infektionswelle an Schulen: „Sowas habe ich 35 Jahren noch nicht erlebt“
Stark betroffen ist auch die Grundschule Lütjenmoor in Norderstedt. „Ich habe so etwas noch nie erlebt. Und ich mache das seit 35 Jahren“, sagt Schulleiterin Angelika Aust. Derzeit fehlen „mindestens ein Drittel“ der 290 Kinder. „So etwas hatten wir selbst zu schlimmsten Corona-Zeiten nicht. Da fehlten nur 30 bis 35 Kinder pro Tag.“ Immerhin ist die Lage bei den Lehrern besser, „die wechseln sich ein bisschen ab. Im Schnitt sind nur drei bis vier der 20 Kollegen krank.“
Der hohe Krankheitsstand hat auch Auswirkungen auf den Unterricht. „Wir verändern die Inhalte entsprechend. In einer 1. Klasse würde man im Moment zum Beispiel keinen neuen Buchstaben einführen“, sagt Angelika Aust.
„Erhebliches Infektionsgeschehen“ in den Norderstedter Kitas
In der Willy-Brandt-Gemeinschaftsschule in Norderstedt ist der Krankenstand „bei den Lehrern erhöht, bei den Schülern deutlich erhöht“, wie Bernd Trebesz sagt, Koordinator für die 9. und 10. Klassen. Auch in der Grundschule Immenhorst in Norderstedt ist der Krankenstand „hoch“, wie es heißt.
Auch in den Norderstedter Kitas ist die Krankheitswelle angekommen. In den elf Kitas in Trägerschaft der Stadt ist „derzeit ein erhebliches Infektionsgeschehen hinsichtlich von Atemwegserkrankungen zu beobachten“, sagt Stadtsprecher Bernd-Olaf Struppek. Und weiter: „Dies kann in Einzelfällen dazu führen, dass in den Kitas die Betreuung eingeschränkt werden muss. In diesen Fällen werden die Eltern jeweils schnellstmöglich und mit möglichst großen Vorlauf informiert.“
Erhöhter Krankenstand im Asklepios-Klinikum Nord
Ulf Bünning, Geschäftsführer der sieben Norderstedter Kitas Der Kinder wegen, möchte die aktuelle Krankheitswelle nicht kleinreden – „aber auch nicht größer machen, als sie ist“. Aktuell sei man nach zwei Corona-Wintern „weitestgehend wieder in der Kita-Normalität angekommen.“ Eine kleine Einschränkung macht Bünning aber doch: „Vielleicht ist die Situation etwas angespannter als noch im Winter 2019 vor Corona.“
In den Krankenhäusern der Region sind Auswirkungen ebenfalls spürbar. Angela Obermaier, Sprecherin des Asklepios-Klinikums in Hamburg-Langenhorn, sagt: „Wir verzeichnen derzeit einen erhöhten Krankenstand in den verschiedenen Berufsgruppen unserer Klinik.“
Die medizinische Versorgung sei überall gewährleistet. Allerdings könne es wegen eines „deutlich erhöhten Patientenaufkommens, beispielsweise in der Kinder-Notaufnahme“, zu „erheblichen Wartezeiten“ kommen. Angela Obermaier weiter: „Für diese Woche geplante Eingriffe können – Stand jetzt – stattfinden.“
Paracelsus-Klinik: Betrieb wird mit „enormer Kraftanstrengung“ aufrecht erhalten
Auch in der Paracelsus-Klinik in Henstedt-Ulzburg gibt es einen „Anstieg der krankheitsbedingten Ausfälle beim Personal“, sagt Sprecherin Maren Maak. Und weiter: „Wir können unseren Klinikbetrieb aufrecht erhalten, wenn auch mit einer vermehrten, enormen Kraftanstrengung seitens der Beschäftigten.“
Die Ausfälle, so Maak, verteilen sich gleichmäßig auf alle Bereiche. Alle Stationen laufen jedoch weiter und versorgen Patienten. Ein erhöhtes Aufkommen an Patienten mit Atemwegserkrankungen gebe es aktuell allerdings nicht.
Lokführer krank: Bei der AKN fielen zahlreiche Fahrten aus
Bei der AKN hatte der hohe Krankenstand bei den Lokführern zuletzt erhebliche Folgen: In der vergangenen Woche fielen zahlreiche Fahrten auf den Linie A1, A2 und A3 ersatzlos aus. Fahrgäste mussten auf die jeweils folgenden Züge ausweichen. In diesem Jahr war das Eisenbahnunternehmen schon mehrfach von Zugausfällen wegen Personalmangels betroffen.
„Wir haben einerseits nie so viele Lokführer:innen im Dienst gehabt wie jetzt und stehen trotzdem täglich vor der neuen Herausforderung der Einsatzplanung“, sagte AKN-Sprecherin Maren Brandt. Die AKN sei mit einer „gemischten Krankheitssituation“ aus Corona, Quarantäne-Fällen sowie Grippe- und Erkältungskrankheiten konfrontiert.
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Derzeit sei der Krankenstand höher als in der Pandemie. Das Unternehmen reagiere mit der Einführung zusätzlicher Schichten sowie der Schaffung weiterer Ausbildungskapazitäten. Daher sei auch die Stelle eines Ausbilders für Triebfahrzeugführer geschaffen worden.
Infektionswelle: Polizei nennt Lage „bislang nicht besorgniserregend“
Immerhin: Bei der Polizei scheint die Lage vergleichsweise entspannt zu sein. „Der Krankenstand innerhalb der Polizeidirektion Bad Segeberg befindet sich auf einem für die Jahreszeit normalen bis leicht überdurchschnittlichen Niveau und ist bislang nicht besorgniserregend“, sagte Polizeisprecher Lars Brockmann.