Norderstedt. Sperrung sorgte für chaotischen Verkehr in Glashütte. 40 Anwohner machten ihrem Ärger Luft im Verkehrsausschuss.
Nach Wochen voller Diskussionen und öffentlicher Kritik seitens der Menschen in Norderstedt-Glashütte hat die Politik eine umstrittene Verkehrsmaßnahme wieder rückgängig gemacht. Im Ausschuss für Stadtentwicklung und Verkehr entschieden sich die Fraktionen mehrheitlich dafür, dass die mit zwei Pollern durchgesetzte Sperrung im Hofweg wieder aufgehoben wird.
Auf Höhe der Einmündung zur Glasmoorstraße war Ende Oktober die Durchfahrt unmöglich gemacht worden. Hintergrund war, dass hiermit ein Unfallschwerpunkt an der Kreuzung des Hofwegs mit der Segeberger Chaussee und dem Hummelsbütteler Steindamm entschärft werden sollte – die Strecke ist eine beliebte Abkürzung im Berufsverkehr.
Die Verwaltung und auch die Polizei hatten allerdings eine Pollerlösung direkt an der B 432 empfohlen, ehe die Politik einen eigenen Weg ging. Übrigens all das, während die Segeberger Chaussee auf dem Stück zwischen Müllerstraße und der alten Feuerwache bis März 2023 saniert wird, also beidseitig dicht ist.
Norderstedt: Nach großem Protest – die Poller im Hofweg werden abgebaut
Die Grünen brachten nun den neuen Antrag ein, mit dem die bisherige, im Juni getroffene Entscheidung wieder revidiert wurde. Denn die Verdrängung der Fahrzeuge aus dem Hofweg hat nach Aussagen der betroffenen Bürgerinnen und Bürger erhebliche Auswirkung auf die Verkehrssituation im Wohngebiet rund um den Grünen Weg und den Dorfanger sowie auf den Glashütter Damm – also einem Schulweg.
Keine Mehrheit fand allerdings die Forderung, erneut über die Sperrung an der Einmündung zur Segeberger Chaussee abzustimmen. Dafür wurde der Auftrag an das Bauamt erneuert, kurzfristig Kaufverhandlungen über einen Grundstückskauf in diesem Bereich zu führen, sodass hier eine Ampelanlage installiert werden könnte.
Am Dienstag kam es auf dem Glashütter Damm zu einem Unfall
Dem Votum war eine denkwürdige Einwohnerfragezeit vorausgegangen. Fast eine Stunde wurde der Politik der Kopf gewaschen. Die Diskussion stand auch unter dem Eindruck eines Verkehrsunfalls. „Am Dienstagmorgen ist mir mit Tempo einer reingebrettert. Der Glashütter Damm war gesperrt. Hätten die Feuerwehrleute einen Einsatz gehabt, wären sie nicht zur Wache gekommen“, sagte Christian Linde.
Der selbstständige Inhaber einer Baum- und Gartenpflege hat seinen Betrieb an der Falkenbergstraße, lebt aber in Glashütte. „Ich kam wegen der Sperrung, wegen dem vielen Verkehr nicht mehr vom Grundstück runter.“ Daher habe er seinen Dodge auf der Straße abgestellt. „Er stand unter der Laterne, direkt gegenüber der Feuerwehr.“
Der Grüne Weg sei durch die Poller zum Sorgenfall geworden
Vorher sei schon viel Verkehr gewesen wegen der Sperrung der Segeberger Chaussee. „Aber seitdem der Hofweg gesperrt ist, ist es exponentiell gestiegen.“ Diverse Straßen, teilweise sehr eng, waren zuletzt von erhöhtem Durchgangsverkehr betroffen. „Die andere Seite des Hofwegs hat mit dem Unfallschwerpunkt nichts zu tun. Jetzt haben wir den Unfallschwerpunkt verlegt. Und die Schulkinder aus der Siedlung Dorfanger gehen alle den Grünen Weg runter zur Grundschule“, sagte Anwohner Thomas Offermann.
Eine Frau empfahl: „Die Leute, die diesen Beschluss gefasst haben, sollen sich mal in den frühen Morgenstunden hinstellen und ansehen, was sie angezettelt haben.“ Der Grüne Weg ist ein Sorgenfall geworden. Denn wer von der Segeberger Chaussee in den Hofweg gefahren ist, endete am Sackgassen-Schild – und bog ab.
Mutter von drei Kindern sorgt sich um die Sicherheit
„An jeder Verengung überholen Pkw, auch wenn Kinder da durchgehen. Als Fahrradfahrer hat man im Dunklen echt Bedenken“, beschrieb ein Mann. „Was können wir konkret tun?“, fragte ein anderer. Nicolai Steinhau-Kühl (SPD), der Vorsitzende des Ausschusses, entgegnete: „Sie haben etwas getan. Im Ausschuss können Sie ihren Unmut mitteilen, das ist der richtige Weg.“
Eine Mutter von drei Kindern ergänzte eindringlich: „Sie überqueren den Glashütter Damm zur Grundschule und zum Lise-Meitner-Gymnasium. Es ist sehr schlimm geworden. Bei Tempo 30 würde es sich dort ein bisschen entspannen.“ Denn auch zur Abstimmung stand ein Grünen-Antrag, dass im östlichen Bereich des Glashütter Damms Tempo 30 gelten solle – also zwischen Glasmoorstraße und Grünem Weg. Dafür gab es Einstimmigkeit – die Verkehrsaufsicht wird nun die Machbarkeit prüfen.
Manche Anwohner loben die Absperrung – die an der Glasmoorstraße
Es gab aber auch andere Meinungen. Eine Frau, die an der Glasmoorstraße wohnt, berichtete von großer Freude in der Nachbarschaft. „Die Glasmoorstraße ist nicht mehr die Rennstrecke, die sie mal war. Es geht ein Aufatmen durch die Straße. Man kann in aller Ruhe wieder Fahrrad fahren. Wir empfinden es als Wohltat, dass der Hofweg zu ist und hoffen, dass es so bleibt.“
Doch ihre Hoffnung wurde enttäuscht. Denn die vielen Bürgerinnen und Bürger, die sich gegen die Sperrung aussprachen, hinterließen Eindruck. „Man muss zugeben, dass wir einen Fehler gemacht haben“, sagte Joachim Welk von Wir in Norderstedt. „Wir müssen zu einer besseren Lösung kommen.“ Aber es werde auch ein Grundproblem offensichtlich: Die Stadt habe mehr Einwohner bekommen, die Straßen könnten den Verkehr nicht mehr aufnehmen.
FDP sieht Versäumnisse bei der Stadtverwaltung
Auch die Vertreterin des Kinder- und Jugendbeirats warb eindringlich: „Durch die Sperrung sind Kita-Kinder, die Grundschüler und das Schulzentrum Süd gefährdet. Wir bitten darum, dass etwas geändert wird.“
Tobias Mährlein (FDP) deutete in Richtung Verwaltung an, dass diese etwas hätte sagen können zur Sperrung der Segeberger Chaussee. Baudezernent Christoph Magazowski konterte da: „Wir haben im März dieses Jahres zum ersten Mal darüber diskutiert. Die Segeberger Chaussee ist bis März 2023 gesperrt. Nach der Sommerpause wurde die Verwaltung gefragt, warum es noch nicht realisiert wurde.“ Er meinte damit die Hofweg-Poller.
Siebenstellige Kosten für Bau einer einzigen Ampel-Anlage?
Er berichtete auch zum Stand bei den Kaufverhandlungen für ein mögliches Ampel-Grundstück an der Bundesstraße. „Es ist nicht abzusehen, ob es eine Empfehlung der Verwaltung gibt.“ Mehr noch: Magazowski deutete an, dass für Grunderwerb und Installation einer Signalanlage möglicherweise eine siebenstellige Investition nötig sei.
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Der Grünen-Antrag zum Hofweg endete im Kompromiss. Die Poller kommen weg, aber eine Sperrung am anderen Ende gibt es nicht. Die Idee, noch einmal unter den Fraktionen zu beraten, wurde mit Rücksicht auf den Ärger der Bevölkerung verworfen. „Es ist ein blöder Abwägungsprozess. Irgendwo zwängt sich der Verkehr durch“, sagte Tobias Mährlein (FDP). „Ich weiß nicht, ob die Bürger mit dem Zustand die nächsten 14 Tage leben können.“ Immerhin: Die Poller zu entfernen, ist ein schneller Handgriff. Auf Abendblatt-Anfrage teilte die Verwaltung mit, dass die Metallstangen und Schilder am Montag abgebaut werden. Wie es danach weitergeht, ist derzeit offen.