Kisdorf. Warum die Heimatforscherin Marlene Hroch zum runden Geburtstag der Gemeinde keine Chronik schreiben wollte.

Harmen von Hatten war Kirchspielvogt. Im 30-jährigen Krieg von 1618 bis 1648. Hans David war Lehrer und entwickelte sich 1939 zum glühenden NS-Schergen. Ernst Kröger war ein leidenschaftlicher Heimatforscher und baute das Kisdorfer Archiv auf. Razmik Sargsyan ist Geflüchteter aus Armenien, Pianist, Sänger und holte sich im November 2021 die Deutsche Meisterschaft im Leichtgewicht der Altersklasse U22.

Was hatten sie gemeinsam? Sie alle sind oder waren Bürgerinnen und Bürger aus Kidorf. Und sie sind drei von 34 Porträtierten im Buch „Menschen in Kisdorf 1523 bis 2023“ von Heimatforscherin Marlene Hroch, rechtzeitig erschienen zum 500. Geburtstag der Gemeinde im nächsten Jahr.

Heimat: 500 Jahre Kisdorf – erzählt mit dem Leben von 34 Menschen

Die 34 Biografien – die Hälfte der Personen lebt heute noch in Kisdorf – spiegeln auch die unterschiedlichen Berufe durch die Epochen wider – über den Kirchspielvogt, den Köhler und eine Auswanderin, über den Heimatforscher, den Müller und Historiker, bis zum Musik-Kabarettist, Dirigent, und Bloggerin.

„Ich habe 2020 angefangen, für das Buch zu recherchieren und konnte auf die vielen Dokumente meines Vaters Ernst Kröger zurückgreifen“, sagt die 79-jährige gebürtige Kisdorferin. Ihr Vater hat unermüdlich jedes Detail von Kisdorf gesammelt und aufgeschrieben.

Vater Hroch war ein akribischer Chronist seines Dorfes

Er sei in Kisdorf von Haus zu Haus gegangen, habe die Leute befragt, sich Fotos geben lassen, habe im Landesarchiv Schleswig über Kisdorf recherchiert und alles akribisch aufgeschrieben. Neun Bände Kisdorfer Geschichte habe ihr Vater zusammengetragen, das seien fast 20.000 handgeschriebene Seiten. Er starb 1990. Marlene Hroch, damals Lehrerin in Norderstedt, hat das historische Archiv des Amts Kisdorf ehrenamtlich übernommen.

Zum Jubiläum des 500-jährigen Bestehens der Gemeinde Kisdorf wollte sie keine zweite Chronik schreiben. „In dem Buch stellen wir die Menschen in den Mittelpunkt mit ihrer Lebensgeschichte, ihren Ängsten und Freuden, ihren Hoffnungen und ihrem Glück, sie alle haben das Dorfleben in den letzten 500 Jahren geprägt“, sagt Marlene Hroch.

Heimat: Buch wird auf dem Weihnachtsmarkt im Margarethenhoff verkauft

Geholfen haben ihr auch die Recherchen von Hobby-Historiker Martin Ahrens, der ebenfalls die Kisdorfer Familien besuchte, alte Fotografien und Dokumente sammelte. Hroch stieß nicht nur auf historische Begebenheiten, sie fand auch viele überraschende Details. So stammt der bekannte Musik-Kabarettist Axel Pätz aus Kisdorf.

Auch Leben und Leiden des Zwangsarbeiters Josef Tichy, der auf dem Hungermarsch vom KZ Neuengamme nach Kiel-Hassee in Kisdorfer-Feld von NS-Schergen erschossen und im Straßengraben verscharrt wurde, hat die Kisdorfer Historikerin in ihren Band beschrieben. Raum widmete Marlene Hroch dem Kisdorfer Maler und Kunsterzieher Patrick Wilson, der 1992 von Süd-England nach Kisdorf zog – der Liebe wegen.

Marlene Hroch „Menschen in Kisdorf 1523 – 2023“, 180 Seiten, 29 Euro, Husum Druck- und Verlagsanstalt, www.verlagsgruppe.de, von Fr-So, 18.-20.11., verkauft Hroch das Buch auf dem Weihnachtsmarkt Kisdorf, Margarethenhoff, Sengel 1, für 25 Euro.