Norderstedt. Viele versiegeln ihre Gärten mit Folie und Steinen – das ist nur auf den ersten Blick pflegeleicht. Welche Alternativen es gibt.

Garten ja bitte, aber pflegeleicht. Das ist ein Motto, nach dem immer mehr Hausbesitzer ihre Grundstücke gestalten. Flächen werden gepflastert, mit Folien belegt und mit Schotter- oder Kieselsteinen bedeckt. Das Ziel: Keine Chance dem Unkraut bzw. Wildkraut. Doch der Trend zur Versiegelung ruft nicht nur die Naturschützer auf den Plan, auch laut Landesbauordnung sind Schotter- und geschlossene Kiesflächen unzulässig.

„Doch was soll ich machen?“, sagt Monika Iserloth, die sich von ihren Freundinnen regelmäßig anhören muss, dass sie die Kiesflächen in ihrem Garten eigentlich gar nicht haben darf. Bis vor zehn Jahren war die Arbeit kein Problem für sie. Rasen mähen, vor und hinter dem Haus, das Kabel des Elektromähers mitschleppen und darauf achten, dass die scharfen Klingen die Leitung nicht beschädigen, Unkraut bzw. Wildkraut entfernen, kurz: Den Garten in Ordnung halten, das schaffte die Norderstedterin körperlich ohne Schwierigkeiten, und es machte ihr sogar Spaß.

Schottergärten Norderstedt: Im Trend – aber verboten und bienenfeindlich

Monika Iserloth aus Norderstedt hat ihren Kiesgarten abwechslungsreich und ansprechend gestaltet. Gräser, Gehölze und andere Pflanzen wachsen in den Kiesflächen.
Monika Iserloth aus Norderstedt hat ihren Kiesgarten abwechslungsreich und ansprechend gestaltet. Gräser, Gehölze und andere Pflanzen wachsen in den Kiesflächen. © Michael Schick | Michael Schick

Doch nun, mit 79, streiken Rücken und Knie. Da trafen die Norderstedterin und ihr Mann eine Entscheidung, die das Gesicht des Gartens deutlich veränderte. Sie verkleinerten die Pflegeflächen. Wo bis dahin Beete mit Erde, Blumen und Sträuchern zu sehen waren, legte ein Gärtner Kiesbereiche an.

„Mit den bunten Steinen und den Pflanzen dazwischen sieht das doch auch hübsch aus“, verteidigt die Seniorin ihr Projekt, mit dem sie nicht allein dasteht. Gerade Ältere stehen vor der Frage, wie der Garten gepflegt werden soll, wenn sie gesundheitlich nicht mehr dazu in der Lage sind.

Gartenpflege viel einfacher – unter dem Kies „krabbelt“ es durchaus

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Tatsächlich hat sie die Kiesbereiche liebevoll und durchaus ansprechend gestaltet. Geschwungene Kanten als Übergang zum Rasen, Gräser zwischen den Steinen, Hortensien und Rhododendren, ein japanischer Zwergahorn, ein kleiner Teich – Farbtupfer zwischen den bunten Kieseln.

„Und der Kies lebt“, sagt Monika Iserloth. Sie habe festgestellt, dass es unter den Steinen durchaus „krabbelt“. Die Folie darunter sei wasserdurchlässig. Die Gartenpflege sei viel einfacher geworden. Die großen Blätter sammle sie ab, die kleinen harke sie unter. Die Norderstedterin sieht sich auch mit den Kiesflächen durchaus im Einklang mit der Natur.

Schottergärten schränken wichtige Bodenfunktionen ein

„Schottergärten haben sich als vermeintlich pflegeleichte Begrünungsalternative auch in Schleswig-Holstein ausgebreitet. Dabei schränken sie aber wichtige Bodenfunktionen ein“, sagt Herwig Niehusen vom Segeberger Kreisverband des BUND. Schotter- und Kiesgärten mit darunter liegender Folie behinderten die Grundwasserneubildung und kühlende Verdunstung im Sommer heißt es in einer Stellungnahme des BUND zum Thema.

Weil das Wasser oberflächlich ablaufen müsse und die Steine Wärme speicherten und nachts wieder abstrahlten, trügen solche Flächen sogar zu Hochwasser und Hitze im Sommer bei. Zudem hätten sie negative Folgen für das Tierreich: „Oberirdisch bieten Schottergärten weder Nahrung noch Nistplätze für Vögel und Insekten, unterirdisch ersticken die Vliese das Bodenleben – sie schlucken Lebensraum“, sagt Niehusen, der in Norderstedt lebt.

Unerwünschte Pflanzen dürfen nicht mit Essig oder Herbiziden bekämpft werden

Im Gegensatz zur weit verbreiteten Meinung seien Schotter- und Kieselgärten nicht pflegeleicht. So könnten Blätter oder Fichtennadeln nur abgesammelt oder mit einem Laubsauger entfernt werden, wenn sie trocken sind. Auf Dauer fänden Pflanzen zwischen den Steinen genug Humus zum Wachsen. Den Boden zu entfernen und das Wildkraut herauszureißen, sei aufwendig.

Denn es sei verboten, unerwünschte Pflanzen mit Hausmitteln wie Essig oder Herbiziden zu bekämpfen. Wer mit Gasbrenner dagegen vorgeht, könne die unter den Steinen liegende Folie beschädigen und wirkungslos machen. „Und falls der Garten nicht mehr gefällt, stellt sich die Frage: Wohin mit den Steinmengen?“, sagt der BUND-Sprecher.

Schotter- und Kiesgärten: Es gibt naturnahe und pflegeleichte Alternativen

Stauden brauchen wenig Pflege, bringen Farbtupfer in den Garten und dienen Insekten als Nahrungsquelle.
Stauden brauchen wenig Pflege, bringen Farbtupfer in den Garten und dienen Insekten als Nahrungsquelle. © Katja Engler | Katja Engler

Es gebe durchaus Alternativen zu Schotter- und Kiesgärten, die nicht nur pflegeleicht seien, sondern auch Wohlfühlorte für Insekten sind, denn: Pflegeleicht bedeute nicht pflanzenfrei. Unterschiedliche Stauden, Gehölze und Blumen im Vorgarten böten nicht nur vom Frühling bis in den Herbst ein wechselndes unterschiedliches Farbenspiel, sie seien auch Nahrungsquelle für Bienen und Co.

Der Naturschutzbund (Nabu) nennt Beispiele für die Gestaltung solcher Flächen und deren Vorzüge: Gehölze und Stauden bräuchten wenig Wasser, Gehölze müssten ab und zu zurückgeschnitten werden. Nach der Anlage der Beete breiteten sich die Pflanzen allmählich aus, die Lücken schließen sich.

Wege sollten am Rand nicht, wie üblich, mit Betonbacken befestigt werden, sondern in die Beete hin ausfransen. „Damit entstehen attraktive Übergangsbereiche, in denen Pflanzen zur Geltung kommen können, die sich an extremen Standorten besonders wohl fühlen“, heißt es in der Anleitung des Nabu.

Schottergärten Norderstedt: Stadt kontrolliert das Verbot nicht ausreichend

„Zwar gibt es den Erlass des Innenministers zum grundsätzlichen Verbot von Schottergärten. Doch leider dringen diese Gärten immer weiter vor, die Bauaufsicht der Städte und Gemeinden kontrolliert nicht ausreichend, ob der Erlass eingehalten wird – wie man auch in Norderstedter Neubaugebieten feststellen muss“, sagt BUND-Sprecher Niehusen. Einen Wandel hin zu naturverträglichen Gartenanlagen habe er nicht feststellen können.

Er plädiert für Aufklärung: „Die Bürger sollten in regelmäßigen Abständen über das Thema informiert werden. So wächst das Verständnis für naturverträgliche Gartengestaltung.“ Informationen könnten beispielsweise auch mit der Baugenehmigung verbunden werden.