Norderstedt. Verein möchte Städtepartnerschaft zwischen Norderstedt und Maromme wiederbeleben. Welche Rolle Schüler dabei spielen sollen.

Vieles, was wichtig ist, musste während der Corona-Zeit eine Zwangspause einlegen. Das gilt auch für die Städtepartnerschaft zwischen Norderstedt und der nordfranzösischen Stadt Maromme. Doch der Verein „Norderstedt pro Maromme“ will dieser besonderen Beziehung jetzt wieder Leben einhauchen. Schon am Donnerstag bricht, erstmals seit 2019, wieder eine Gruppe nach Maromme auf. Für den Herbst und Winter sind weitere Aktionen geplant, mit denen der Verein um Mitstreiter und Nachwuchs werben will. Außerdem wird eine Schule gesucht, die sich an einem Austausch beteiligen will.

Birgit Kono und Marlies Hennig-Klatt sind schon voller Vorfreude. Denn sie werden, gemeinsam mit zehn weiteren Mitreisenden, am Donnerstagmorgen einen eigens gemieteten Bus am ZOB in Norderstedt besteigen, der sie dann nach Maromme bringt, jene kleine Stadt in der Normandie, die schon seit mehr als 50 Jahren Norderstedts Partnerstadt ist.

Norderstedt: Manche Freundschaften nach Maromme bestehen seit Jahrzehnten

„Viele von uns sind schon seit Jahrzehnten mit Familien aus Maromme befreundet. Das wird ein besonderes Wiedersehen“, sagt Birgit Kono, die die Vorsitzende des Vereins „Norderstedt pro Maromme“ ist. Marlies Hennig-Klatt, sie ist stellvertretende Vorsitzende, ergänzt: „Es gibt so viel zu besprechen. Wir wollen natürlich über die Corona-Zeit reden, wie sie dort in Maromme erlebt wurde. Und ein aktuelles Thema ist leider Russlands Krieg gegen die Ukraine.“

Der Krieg hatte kürzlich auch eine ganz konkrete Auswirkung auf die Städtepartnerschaft. Denn eigentlich wollte im Mai eine Gruppe aus Maromme nach Norderstedt kommen. Doch unter dem Eindruck des gerade ausgebrochenen Krieges wurde die Reise abgesagt. Aber nun kann die Freundschaft wieder gepflegt werden – und es soll natürlich nicht nur um ernste Themen gehen.

Norderstedter machen Ausflüge an die See und nach Rouen

Das Seebad Étretat an der französischen Kanalküste.
Das Seebad Étretat an der französischen Kanalküste. © Getty Images/iStockphoto | zxvisual

„Wie immer wird ein Kulturprogramm für uns gestaltet, darauf freuen wir uns schon“, sagt Birgit Kono. Unter anderem wird das malerische Seebad Étretat besucht, und auch die Stadt Rouen, die in direkter Nähe von Maromme liegt. Am Montag, 3. Oktober, reisen die Norderstedter wieder zurück. Die Reise wird erstmals vom Deutsch-Französischen Bürgerfonds unterstützt. Das bedeutet, die Teilnehmer zahlen nur etwa die Hälfte der tatsächlichen Kosten.

Die 1966 gegründete Städtepartnerschaft braucht neuen Schwung

Die Städtepartnerschaft entstand, wie so viele, nach der Unterzeichnung des Elysée-Vertrages. 1966, drei Jahre nachdem Frankreichs Präsident Charles de Gaulle und der deutsche Kanzler Konrad Adenauer feierlich ihre Unterschrift geleistet hatten, gründeten auch Garstedt und Maromme ihre Partnerschaft, die dann auf das 1970 gegründete Norderstedt überging.

Die Freundschaft wurde intensiv gepflegt, Norderstedter reisten in die Normandie, wohnten zu Hause bei Marommer Familien – und umgekehrt. „Früher gab es auch intensive Kontakte zwischen den Sportvereinen und Schulen“, erzählt Birgit Kono, die einst zwei Jahre in Rouen als Fremdsprachenkorrespondentin arbeitete und seitdem einen engen Bezug zu Frankreich hat.

Noch 2016 wurde das 50. Jubiläum der Städtepartnerschaft mit großen Festakten hier und dort begangen. Doch jetzt braucht die Partnerschaft auf allen Ebenen neuen Schwung. Sie ist etwas in die Jahre gekommen, außerdem haben drei Jahre Corona-Zwangspause merklich Spuren hinterlassen. „Früher waren wir immer mehr als 20 Leute bei den Reisen. Diesmal sind wir nur zwölf, die meisten davon im Rentenalter“, sagt Birgit Kono.

Norderstedter Partnerschule für Gymnasium in Maromme gesucht

Mehr junge Leute werden dringend gebraucht, die die Städtefreundschaft leben. „Aber im Moment hat keine Norderstedter Schule eine Partnerschule in Maromme“, beklagt Marlies Hennig-Klatt. Ein Gymnasium in Maromme wäre allerdings interessiert. „Jetzt brauchen wir noch eine Schule aus Norderstedt“, sagt Birgit Kono.

Auch auf anderen Ebenen sollen die Kontakte wieder enger werden. Kontakte zwischen den Fotoclubs in Norderstedt und Maromme wurden schon geknüpft. „Es sind Ausstellungen in beiden Städten geplant, bei der Maromme aus Norderstedter Sicht gezeigt werden soll, und umgekehrt“, sagt Marlies Hennig-Klatt. Ein Mitglied der Norderstedter Reisegruppe wird sich darum kümmern.

Diesmal reist kein Mitglied der Norderstedter Stadtverwaltung mit

Die Gruppe besteht nur aus Privatpersonen, ein Mitglied der Stadtverwaltung ist diesmal nicht dabei. Birgit Kono und Marlies Hennig_Klatt wünschen sich auch hier ein bisschen mehr Engagement: „Wir bedauern sehr, dass sich unsere Oberbürgermeisterin und der Marommer Bürgermeister noch nicht begegnet sind“, sagt Birgit Kono.

In der Norderstedter Verwaltung ist die Städtepartnerschaft bei der Stabsstelle Ehrenamt angesiedelt – die derzeit allerdings nicht besetzt ist. Immerhin soll sich das bald ändern: Die Stelle werde „in Kürze wieder besetzt sein“, sagt Stadtsprecher Bernd-Olaf Struppek. Und weiter: „Die Stelleninhaberin wird sich in Zukunft, im Zusammenspiel gerade auch mit dem Amt für Bildung und Kultur, um das Thema der Norderstedter Städtepartnerschaften kümmern.“

Sehenswert: Die Altstadt von Rouen.
Sehenswert: Die Altstadt von Rouen. © Getty Images/iStockphoto | RossHelen

Um neue Mitstreiter zu gewinnen, will der Verein Norderstedt pro Maromme ab November einen deutsch-französischen Stammtisch anbieten. Außerdem soll auf dem Norderstedter Weihnachtsmarkt intensiv für das Thema geworben werden. „Wir werden Waffeln und Kaffee anbieten, außerdem werden wir in einem Raum im Rathaus von unseren Reisen nach Maromme erzählen und auch Bilder an die Wand projizieren“, sagt Birgit Kono.

Ist eine Städtepartnerschaft im Geiste der 60er-Jahre noch zeitgemäß?

Bleibt die Frage: Ist so eine Städtepartnerschaft im Geiste der 60er-Jahre denn eigentlich heute noch zeitgemäß? Und kann man junge Leute heute dafür begeistern, bei fremden Familien in einer französischen Kleinstadt zu wohnen?

Dazu Birgit Kono: „Wir hoffen sehr, dass wir junge Menschen für so etwas begeistern können.“ Zwar könne heute jeder im Internet mit Menschen aus aller Welt chatten, und natürlich kann man auch einfach so in Frankreich Urlaub machen. „Aber es ist etwas völlig anderes, einmal ein paar Tage bei einer französischen Familie zu Gast zu sein. Man lernt die Kultur ganz anders kennen, wenn man zusammen frühstückt oder zu einem Familienfest eingeladen wird.“

Norderstedt: Für den Mai 2023 werden noch Gastgeber gesucht

Birgit Kono und Marlies Hennig-Klatt jedenfalls sind begeistert von dieser klassischen Art des kulturellen Austausches – sie bekommen leuchtende Augen, wenn sie von der Offenheit, Wärme und Gastfreundschaft der Marommer erzählen. „Die Kultur ist so lebendig, das muss man einfach erleben!“, sagt Birgit Kono. Und Marlies Hennig-Klatt ergänzt: „Es ist übrigens kein Problem, wenn man nicht so gut Französisch spricht. Das funktioniert trotzdem.“

Birgit Kono und Marlies Hennig-Klatt raten allen Norderstedtern, sich „einfach mal zu trauen“. Wer sich ein Herz fasst, hat schon bald Gelegenheit, in Sachen deutsch-französischer Freundschaft tätig zu werden. Denn schon im Mai 2023 will die Gruppe aus Maromme ihre Reise nach Norderstedt nachholen. Birgit Kono: „Wir brauchen noch Gastgeber!“