Norderstedt. Norderstedter Einrichtungen gehen in Kleiderspenden unter. Manchmal braucht man Mut, um die Spendensäcke zu öffnen.
Wenn die ehrenamtlichen Mitarbeiter des Deutschen Roten Kreuzes in Norderstedt so manche Säcke mit gespendeter Kleidung sehen, dann müssen sie schon fast allen Mut zusammen nehmen, um diese zu öffnen. Denn nicht selten erfasst sie danach der blanke Ekel. „Gerade haben wir einen Sack aufgemacht, da schlug uns beißender Uringeruch entgegen“, sagt Janina Alexander vom DRK Norderstedt. In anderen Säcken findet sich durchgeschwitzte Arbeitskleidung, oft mit Lack oder Farbe komplett verschmiert.
Menschen, die so etwas dem Deutschen Roten Kreuz vor die Tür stellen, haben vielleicht die Wohnung des verstorbenen, inkontinenten Verwandten ausgeräumt oder gerade frisch renoviert. Und anstatt die unbrauchbare Kleidung im Müll zu entsorgen, missbrauchen sie gemeinnützige Hilfe-Netzwerke wie das des DRK. „Es ist eben einfach bequem, das alles uns erledigen zu lassen“, sagt Janina Alexander. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter schützen sich mit Atemmaske und Handschuhen.
Norderstedt: Uringeruch und Schimmel: Ekel-Alarm in der Kleiderkammer
Auch beim städtischen Gebrauchtwarenkaufhaus Hempels ist der Ekelfaktor oft groß, wenn die Mitarbeitenden in den Bergen von abgegebenen Kleidern nach Verwertbarem für den Markt suchen. Kleidungsstücke seien oft dermaßen verschlissen oder verschmutzt, dass sie nicht wiederverwertet werden können, sagt Betriebsleiter André Klinger.
Manche „Spender“ kennen offenbar keine Skrupel oder Scham. Es würden sich in den Säcken mit Textilien teilweise gebrauchte Unterwäsche finden, Kleidungsstücke, die stark riechen und schon schimmeln. „Diese Dinge gehören aus hygienischen Gründen in den Müll“, sagt der Betriebsleiter.
Gebrauchtwarenhaus Hempels: Nasse, schimmlige Kleidung
Sowohl DRK als auch Hempels werden derzeit von einer Flut an Spenden erfasst. „Wir haben jetzt schon unseren Aufenthaltsraum als Lager hinzugenommen“, sagt Janina Alexander. Das DRK nehme auch weiterhin Kleiderspenden an, appelliert aber an die Menschen, sich aus Rücksicht und Respekt vor den Mitarbeitenden des DRK und den Bedürftigen, die auf die Kleidung angewiesen sind, an die Regeln für die Abgabe von Kleiderspenden zu halten.
In die Altkleidercontainer gehören nur gut erhaltene Kleidung, Wäsche, Babykleidung, Plüschtiere, Schals, Mützen, Hüte, Schuhe (paarweise zusammengebunden), Gardinen, Tischdecken, Bettwäsche, Wolldecken. Die Textilien müssen sauber und gut verpackt sein. Besser im Hausmüll oder der Wertstoffsammlung entsorgt gehören alte, stark verschmutzte, beschädigte Kleidung und Wäsche, abgetragene Schuhe und Einzelschuhe.
DRK appelliert: Nur saubere, gut erhaltene Sachen spenden
Der DRK-Ortsverein Norderstedt an der Ochsenzoller Straße 124 sammelt 60 bis 80 Tonnen an Altkleidern im Jahr. Gut erhaltene Kleidung wird in der Kleiderkammer an die Bedürftigen weitergereicht. Der weitaus größte Teil wird an Recyclingfirmen weitergegeben. Die daraus resultierenden Erlöse kommen den sozialen Projekten des DRK-Ortsvereins Norderstedt zugute.
Die Erlöse des Gebrauchtwarenhauses Hempels hingegen tragen dazu bei, dass die Müllgebühren in der Stadt moderat bleiben – denn Wiederverwertung senkt die Müllmengen, ganz zu schweigen von der Nachhaltigkeit des Recyclings.
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Deswegen darf bei Hempels nur abgegeben werden, was wirklich wiederverwertbar ist und quasi direkt auf die Stange im Kaufhaus gehängt werden kann. „Wir können nur gut Erhaltenes gebrauchen und verwenden“, sagt Marktleiter Carsten Loock. Angesichts überbordender Mengen an Textilien ziehe man im Gebrauchtkaufhaus nun „die Reißleine“. Der Kleiderberg in der Lagerhalle von Hempels sei kaum mehr zu bewältigen. Die Annahme von Kleiderspenden werde ab dem 29. August ausgesetzt.
Norderstedt: Hempels baut die Kleidercontainer ab
„Wir haben wirklich Berge von Kleidung angeliefert bekommen, wir kommen momentan nicht hinterher“, sagt André Klinger. „Das wäre alles nicht so gravierend, wenn die abgegebenen Waren auch schnell und einfach zu sortieren wären“.
Bei Hempels hat man auf Problem-Textilien keine Lust mehr. Diese finden sich vor allem in den Kleidercontainern, die auf dem Hof des Gebrauchtwarenkaufhauses an der Stormarnstraße aufgestellt sind. Gedacht waren sie für gut erhaltene Bekleidung, gefüllt seien sie zu 90 Prozent mit Ausschuss.
„Wir sind nun gezwungen zu reagieren. Die Container für die Abgabe gut erhaltener Kleider wird abgebaut. Künftig wird dort ein Altkleidercontainer stehen. Das bedeutet, dass Kleidung, die für den Wiederverkauf bei Hempels gedacht ist, künftig nur noch direkt bei der Hempels-Warenannahme abgegeben werden kann“, sagt Carsten Loock.