Kreis Segeberg. Angeblich brannten 100 Hektar. Feuerwehren aus dem ganzen Land im Einsatz. Wie aus einer Simulation ein Ernstfall werden kann.

Ein passenderes Wetter hätten sich die Feuerwehren und die anderen Einsatzkräfte kaum ausdenken können: Temperaturen von mehr als 30 Grad haben am Sonnabend 1000 Helfer buchstäblich ins Schwitzen gebracht, die gemeinsam im Segeberger Forst den Kampf gegen einen großen Waldbrand geübt haben.

Auch die Waldbrandgefahrenstufe der Simulation entsprach dem realen und höchste Wert: Fünf. Das Szenario, das die Feuerwehren geübt haben, kann also in diesen Tagen jederzeit Wirklichkeit werden.

Einsatz von Pyrotechnik abgesagt – wegen Brandgefahr

Damit aus einer Übung keine echte Gefahr wird, hatte die Übungsleitung kurzfristig einige Programmpunkte verändert. So war vorgesehen, dass Spezialisten des Technischen Hilfswerks (THW) im Wald Pyrotechnik einsetzen, um die Übung echter aussehen zu lassen. Doch die Feuerwehren verzichteten darauf, auf dem staubtrockenen Boden ein echtes Feuer zu riskieren.

Als die ersten Feuerwehren um 8.10 Uhr alarmiert wurden, gingen die ersten Einsatzkräfte von einem echten Einsatz aus. Nach und nach wurden immer mehr Feuerwehren alarmiert, da das Übungsszenario von einer brennenden Fläche von etwa 100 Hektar ausging. In den Dörfern und im Wald trafen diverse Kolonnen von Einsatzfahrzeugen ein.

Feuerwehr: Bei Waldbrand klotzen und nicht kleckern

Wie Feuerwehren bei diesen Bedingungen erfolgreich einen Brand bekämpfen müssen, legte Kreiswehrführer Jörg Nero noch vor Beginn der Übung fest: „Klotzen und nicht kleckern.“ Werden nicht gleich zu Beginn viel Personal und Wasser eingesetzt, ist das Feuer kaum zu beherrschen – besonders dann nicht, wenn Wind weht.

Bei großer Hitze und im Staub kämpfen die Feuerwehren gegen den Waldbrand.
Bei großer Hitze und im Staub kämpfen die Feuerwehren gegen den Waldbrand. © Wolfgang Klietz | Wolfgang Klietz

Dass Flächen- und Waldbrand in diesem Sommer fast zum Alltag gehören, stellte Nero ebenfalls klar: „Das ist im Moment unser Kerngeschäft. Wir sind täglich gefordert.“

Helfer und Gäste aus ganz Schleswig-Holstein waren angereist, um sich über die Übung im Wald zwischen Hartenholm und Wahlstedt zu informieren. Landwirtschaftsminister Werner Schwarz, Vertreter des Innenministeriums sowie diverser Feuerwehren, des Rettungsdienstes und der Bundeswehr und des THW beobachteten die komplizierten Löscharbeiten. 34 Feuerwehren aus dem Kreis Segeberg und weitere aus den Kreisen Rendsburg-Eckernförde und Flensburg-Schleswig waren im Einsatz.

Jugendfeuerwehren stellen Flammen dar – Feuerwehrleute „löschen“

Doch wie simuliert man den Kampf gegen ein Feuer, das nicht vorhanden ist? Diese Aufgaben übernahmen Jugendwehren, die mit Flatterband in Gruppen im Wald unterwegs waren und durch ihre schnellen Ortswechsel darstellten, wie schnell sich ein Brand bewegen kann. Keine leichte Aufgabe bei Staub und Hitze, doch die Abkühlung kam in der Regel schnell: Die Feuerwehrleute „löschten“ die „Brände“ mit echtem Wasser.

Die Kinder rannten nass, aber zufrieden durch die Hitze des Waldes, während die Feuerwehrleute ihnen schwitzend mit Schlauch und Löschwasser folgten.

Über den Wald flogen Kleinflugzeuge mit Feuerwehrleuten an Bord, die auf dem weitläufigen Gelände des Segeberger Forsts die Einsatzstellen orteten und die Feuerwehren über die staubigen Straßen lotsten.

Einsatz bei Staub und Hitze: Feuerwehren legen Schlauchleitungen

Die Beschaffung von Wasser stellt bei Bränden dieser Größe eine weitere Herausforderung dar. Feuerwehrleute legten schweißtriefend kilometerlange Schlauchleitungen. Außerdem richtete die Einsatzleitung eines Pendelverkehr mit Tanklöschfahrzeugen ein, die immer wieder neu mit Wasser betankt wurden. „Wasser ist hier ein begrenztes Gut“, sagt Kaltenkirchens Wehrführer Claas-Hendrik Heß, der die Übung mitvorbereitet hat.

Spezialisten des Technischen Hilfswerks (THW) zünden Rauchtöpfe.
Spezialisten des Technischen Hilfswerks (THW) zünden Rauchtöpfe. © Wolfgang Klietz | Wolfgang Klietz

Wie bei einem realen Einsatz gehören auch zu einer Übung Schwierigkeiten, auf die die Feuerwehren nicht vorbereitet waren:

  • Ein Feuerwehrauto wurde durch einen defekten Reifen lahmgelegt
  • Während der Löscharbeiten kommt es zu einem schweren Verkehrsunfall
  • Gaffer und pöbelnde Anwohner stören die Helfer
  • Umgestürzte Bäume versperren die Wege in den Wald
  • Feuerwehrleute werden bei den Löscharbeiten von gefährlich nahe rückenden Flammen überrascht
  • Kinder aus dem Waldjugendheim werden vermisst

Dann melden Anwohner ein vermeintlich echtes Feuer. Sie haben Rauch im Wald gesehen und den Notruf 112 gewählt. Die Einsatzleitung löst aus der Übung Feuerwehren heraus, die nach dem Brand Ausschau halten. Doch es stellt sich heraus, dass in diesem Fall der Satz falsch ist, nach dem bei Rauch auch irgendwo ein Feuer sein muss.

Orangefarbener und schwarzer Rauch steigen über dem Forst auf

Des Rätsels Lösung: Um echte Sichtbehinderungen und Qualm zu simulieren, hat das THW im Wald sogenannte Nebeltöpfe gezündet, aus den wahlweise orangefarbener, weißer oder schwarzer Rauch aufsteigen. Die Anwohner waren von „echtem“ Rauch und damit einem realen Feuer ausgegangen.

In dieser Phase spricht Heß von einer „sehr dynamischen Lage“. Das vermeintlich echte Feuer hat die Übungsabläufe durcheinander gebracht. Erst als sich herausstellt, dass sich nur Rauch, aber kein Feuer im Wald ausbreitet, können die Feuerwehren zum Rettungseinsatz bei dem simulierten Verkehrsunfall anrücken.

Ehrenamtliche Helfer arbeiten unter extremen Bedingungen

Nach mehreren Stunden haben Feuerwehren, THW und andere Hilfsorganisationen den nicht vorhandenen Waldbrand erfolgreich bekämpft – ein Zeitplan, der in der Realität kaum umzusetzen wäre. In den kleinen Dörfern rund um den Segeberger Forst kehrte langsam wieder Ruhe, nachdem den ganzen Tag pausenlos Dutzende Fahrzeuge mit eingeschalteten Martinshörner und Blaulicht unterwegs waren.

Feuer aus! Das war nach Stunden die erlösende Information an die Männer und Frauen, die schweißnass bei Staub und Hitze ihre Freizeit geopfert haben. Bis auf wenige Beobachter von den Berufsfeuerwehren, der Verwaltung und der Bundeswehr gehörten alle Helfer freiwilligen Feuerwehren an. Sie haben ehrenamtlich einen Sonnabendmorgen gearbeitet – unter Extrembedingungen.

Feuerwehren müssen am Nachmittag zu einem echten Feuer ausrücken

Einige Feuerwehren mussten jedoch gegen 14 Uhr erneut ausrücken – zu einem echten Einsatz. In Hitzhusen bei Bad Bramstedt brannten zwei Felder auf einer Fläche von drei Hektar. Fünf Wehren waren im Einsatz, Bauern transportierten mit Tankwagen Löschwasser. Die Bundesstraße 206 musste für zwei Stunden voll gesperrt werden.