Norderstedt. Der Sand ist gesiebt, die Wetteraussichten bestens. Warum die Badesaison am Stadtparksee in Norderstedt doch erst Mitte Juni beginnt.
Der Sand im Strandbad Norderstedt ist durchgesiebt. Die Temperaturen sollen zum Wochenende hin wieder steigen und die Sonne für viele Stunden scheinen – perfekte Bedingungen also, um in die neue Badesaison zu starten. Doch die Eröffnung des Strandbades haben die Verantwortlichen um zwei Wochen nach hinten auf Mitte Juni verschoben. Und auch dann ist der Betrieb voraussichtlich nur eingeschränkt an den Wochenenden möglich. „Wir haben große Probleme, Rettungsschwimmer zu finden“, erklärt Kai Jörg Evers, Geschäftsführer der Stadtpark Norderstedt GmbH, die zum Jahreswechsel die Organisation des Strandbades vom Arriba übernommen hat.
An normalen bis schwach besuchten Tagen müssen mindestens zwei Personen den Wachdienst am Stadtparksee übernehmen, um die Sicherheit der Badegäste zu gewährleisten – an heißen Sommertagen in den Ferien sogar drei bis vier. Evers und sein Team haben auf etlichen Wegen Rettungsschwimmerinnen und -schwimmer gesucht. Die Zentralstelle der DLRG, die deutschlandweit Einsätze koordiniert und Nachwuchs akquiriert, haben sie frühzeitig um Hilfe gebeten. Doch wegen des akuten Personalmangels werden Küstenregionen derzeit bevorzugt. Binnengewässern wie dem Strandbad können keine Kräfte zugesichert werden, wie Evers berichtet. „Und selbst für Strände gibt es nicht ausreichend Personal.“
Der Stadtpark Norderstedt kooperiert mit dem DLRG
Auch die DLRG-Ortsvereine Norderstedt und Quickborn, mit denen das Strandbad kooperiert, können nur so viel Personal zur Verfügung stellen, dass die Wochenenden gerade abgedeckt sind. „Wegen der Pandemie konnten zwei Jahre lang keine neuen Rettungsschwimmer ausgebildet werden und viele haben nun das Interesse verloren. Das ist das Grundproblem“, sagt Martina Bertram, die seit diesem Mai das Strandbad-Team leitet. Sie war zuvor unter anderem 16 Jahre lang für das Arriba tätig.
Holger Lahn, Vorsitzender der DLRG Norderstedt, kann Bertrams Erklärung nur bestätigen. „Der Nachwuchs fehlt. Wir konnten nicht ausbilden, weil die Schwimmhallen geschlossen waren.“ Hinzu kommt: Viele retten ehrenamtlich Leben. „Tagsüber haben nur wenige von ihnen Zeit, weil sie entweder zur Schule gehen oder arbeiten.“
Um als Rettungsschwimmer zu arbeiten, muss man 16 Jahre alte sein
Das fehlende Personal bereitet Freibädern landesweit Probleme. Auch das Naturbad Beckersberg in Henstedt-Ulzburg kann kein Frühschwimmen anbieten, weil Aufsichtskräfte fehlen. Das Freibad am Itzstedter See hat hingegen ein Luxusproblem: Leiter Johannes Schmidt hat so viele Schüler, Studenten und Auszubildende an seiner Seite, dass gar nicht alle zum Einsatz kommen können. „Ich habe erste Rettungsschwimmer an den Segeberger See vermittelt. Dort wird dringend gesucht und bei uns gibt es viele, die gerne mehr arbeiten würden“, sagt der 38 Jahre alte Schmidt, der beim DLRG-Ortsverein Itzstedt auch den Nachwuchs ausbildet. Er setzt auf die Jugendarbeit. „Die Jugendlichen sollen richtig Spaß haben und als Team zusammenwachsen. Wir unternehmen viel zusammen – Grillabende, Fahrrad- und Kanutouren. Wir sind eine richtig gute Gemeinschaft.“ Schmidt hat sich als 14-Jähriger der DLRG angeschlossen und gehört inzwischen seit 24 Jahren dazu.
Um ertrinkende Menschen professionell zu retten, sollte man mindestens 16 Jahre alt sein, das Rettungsschwimmabzeichen Silber und eine Erste-Hilfe-Ausbildung absolviert haben. Jüngere können bereits mitlaufen und andere Aufgaben übernehmen. Die Rettungsschwimmerausbildung dauert rund zehn Wochen und besteht aus einem theoretischen und praktischen Teil. „Wer Interesse hat, dem würden wir die Ausbildung finanzieren“, verspricht Stadtpark-Chef Kai Jörg Evers. Selbst eine Unterkunft würde das Team organisieren und sein Personal nach Tarif bezahlen. Von der Aushilfe bis zur Vollzeitkraft wird alles gesucht – allerdings erst ab 18 Jahren. „Wir haben eine gewisse Verantwortung“, sagt Evers. Deswegen ist es für die Parkbetreiber auch keine Option, das Strandbad in eine unbewachte Badestelle umzuwandeln, wie es die „Costa Kiesa“ in Tangstedt ist.
Gastronomische Versorgung der Badegäste muss noch geklärt werden
Evers gibt sich optimistisch, einen einigermaßen geregelten Betrieb für die Badesaison ab Mitte Juni bis voraussichtlich Ende August garantieren zu können. Eine weitere, nicht ganz unerhebliche Baustelle ist allerdings das gastronomische Angebot im Strandbad. Mit den Betreibern der anliegenden Strandhaus-Gastronomie tobt ein heftiger Streit (das Abendblatt berichtete). Sie haben sich bisher um die Versorgung der Badegäste gekümmert, ihren Hauptumsatz allerdings mit Veranstaltungen gemacht. Nun wurde es ihnen von den Stadtwerken Norderstedt untersagt, private Feiern wie Hochzeiten oder Geburtstage in ihren Räumlichkeiten zu veranstalten. Es ist kaum vorstellbar, dass die Gastronomen in der jetzigen Situation weiter Pommes und Cola im Kiosk verkaufen, während das Strandhaus größtenteils brachliegt. Aber auch dieses Problem will Evers lösen. „Unser Ziel ist es, ein gastronomisches Angebot zu haben“, sagt er.