Norderstedt. Die Stadt wollte mit der Schule dem Fachkräftemangel in den Kitas begegnen. Was Bernd Buchholz gegen diese Idee hat.

Es bleibt bei einem klaren Nein aus Kiel: Wirtschaftsminister Buchholz hat der Forderung aus Norderstedt und dem Kreis Segeberg nach einer zweiten Fachschule für Erzieherinnen und Erzieher in Norderstedt eine klare Absage erteilt. Das geht aus einer Antwort des Ministers auf einen offenen Brief der Norderstedter Politik an die Landesregierung und den Landtag hervor.

Der Brief war ein weiterer erfolgloser Versuch der Kommunalpolitik, die Landesregierung von der Notwendigkeit der Gründung einer zusätzlichen Fachschule für die Ausbildung von Erzieherinnen und Erziehern, neben der bestehenden Schule in Bad Segeberg, zu überzeugen. Im Norderstedter Jugendhilfeausschuss hatten sich Fachpolitiker über die Parteigrenzen hinweg für das Projekt und den offenen Brief nach Kiel ausgesprochen. Angeschrieben hatte die Ausschussvorsitzende Petra Müller-Schönemann Ministerpräsident Daniel Günther (CDU), Bildungsministerin Karin Prien (CDU), Wirtschafts- und Arbeitsminister Bernd Buchholz (FDP), Sozialminister Heiner Garg (FDP) und alle Fraktionen im Landtag.

„Die städtische Verwaltung, der Landrat und der Kreistag stehen geschlossen hinter unserer Forderung“, sagt Petra Müller-Schönemann, Vorsitzende des Jugendhilfeausschusses. Und auch Erzieherinnen und Erzieher hatten während des Kita-Streiks am vorigen Donnerstag Entlastung gefordert und sich für eine Fachschule in Norderstedt ausgesprochen. Doch vergebens.

In Norderstedt und Bad Segeberg ist man überzeugt, dass eine zusätzliche Erzieher-Fachschule in Norderstedt dringend nötig ist, um dem seit Jahren herrschenden Fachkräftemangel entgegenzuwirken. Und der Personalbedarf wachse stetig, zum einen durch die Qualitätsstandards, die das neue Kitagesetz in Schleswig-Holstein fordere, zum anderen durch den Ausbau der Kitaplätze wegen steigender Einwohnerzahlen.

Die Nachfrage nach Ausbildungsplätzen ist hoch

Die Betreuungskräfte in die Kita seien beruflich stark belastet, was zu Ausfällen führe. Der hohe Frauenanteil habe eine starke Fluktuation zur Folge. Die Lücken könnten nicht geschlossen werden. „In fast allen Norderstedter Kitas gibt es freie Stellen, die wir nicht besetzen können“, sagt Müller-Schönemann – für sie ein Indiz für die fehlende Fachschule.

Die Nachfrage nach diesen Ausbildungsplätzen sei hoch, das Angebot in Norderstedt gering, so Müller-Schönemann. Am Berufsbildungszentrum Norderstedt (BBZ) werden Sozialpädagogische Assistentinnen und Assistenten ausgebildet. Das BBZ Segeberg bietet in den Räumen des BBZ Norderstedt eine Klasse für die PIA-Ausbildung an und stellt die Lehrenden. Für junge Menschen aus der Umgebung, die sich für den Erzieherberuf interessieren, wäre eine Fachschule in Norderstedt auch wegen der guten Verkehrsanbindung deutlich attraktiver. Die Fahrt zur Fachschule in Bad Segeberg dauere 60 Minuten – zu lange und zu teuer für junge Leute in der Ausbildung, sagt Müller-Schönemann. Wer sich pädagogisch ausbilden lassen wolle, fahre also lieber nach Hamburg, spare Zeit und Geld und bleibe nach der Ausbildung gleich da, denn: Die Metropole zahlt besser. Deswegen sei zu befürchten, dass schon bald die gesetzlichen Anforderungen in der Betreuung nicht mehr erfüllt werden können, mit allen sich daraus ergebenden Konsequenzen, einschließlich möglicher Regressforderungen und Klagen enttäuschter Eltern sowie Verdrossenheit gegenüber Politik und Verwaltung.

In seinem Schreiben argumentiert Wirtschaftsminister Buchholz dagegen. Die Anmeldezahlen für Erzieherberufe seien laut Datenlage nicht mehr gravierend gestiegen, geeignete Bewerber und Bewerberinnen hätten ausreichend Ausbildungsplätze gefunden. Der Kreis Segeberg gehe zwar davon aus, dass auch wegen 1600 zusätzlicher Kitaplätze bis zum Jahr 2025 Fachkräfte fehlen würden. Aber: Die Kapazitäten an den bisherigen Schulstandorten reichten, um genügend Fachkräfte auszubilden. „Die Etablierung einer weiteren eigenständigen Fachschule wird nicht befürwortet“, schreibt Buchholz. Das Motto „eine Fachschule in jedem Kreis bzw. jeder kreisfreien Stadt“ trage dazu bei, dass die jeweilige Fachschule über hohe Expertise verfüge, vielfältige Profile und Ausbildungsschwerpunkte anbieten könne.

Kiel lehnt die Forderung aus Norderstedt weiterhin ab

Eine Fachschule in Norderstedt würde nicht verhindern, dass Fachkräfte nach Hamburg abwandern, da sie dort mehr verdienen. Ein weiteres Schulangebot führe nicht automatisch zu einer erhöhten Nachfrage.

Die Ausschussvorsitzende Petra Müller-Schönemann will das Veto von Ministe Buchholz nicht akzeptieren und weiter für eine sozialpädagogische Fachschule in Norderstedt kämpfen. Gemeinsam mit dem Jugendhilfeausschuss bleibt sie bei der Forderung an die Landesregierung: Kurzfristige Einrichtung einer PIA-Klasse in Trägerschaft des BBZ Norderstedt. Schleuniger Aufbau einer sozialpädagogischen Fachschule in Trägerschaft des BBZ Norderstedt. Und: Abweichung vom Grundsatz „ein Kreis = eine staatliche Fachschule für Sozialpädagogik“.