Norderstedt. Die Stadt will dem mangel an Fachkräften begegnen und richtet mit Kreis Segeberg und Mitteln des Landes 20 bezahlte Plätze ein.

Der Markt ist leer gefegt, auch den Kita-Trägern in Norderstedt gelingt es nur schwer, Fachkräfte zu finden. „Bisher ist es uns mit Beharrlichkeit und guten Arbeitsbedingungen noch immer nach einer gewissen Zeit gelungen, freie Stellen zu besetzen“, sagt Sozialdezernentin Anette Reinders. Doch der Bedarf steigt, die Stadt baut neue Kitas, um die wachsende Zahl von Kindern betreuen zu können. Um dem Mangel entgegenzuwirken, ist die Stadt aktiv geworden und will selbst Fachpersonal ausbilden – ein Projekt, das schon zum nächsten Sommer starten soll.

Das Projekt wird besonders attraktiv sein für alle, die gern die Jüngsten auf die Zukunft vorbereiten würden, bisher aber davon abgeschreckt werden, dass sie während der meist zweijährigen Ausbildung an einer Fachschule keinen Cent verdienen oder sogar noch Schulgeld bezahlen müssen. Das soll mit dem neuen Ausbildungsmodell anders werden. Mit rund 1000 Euro pro Monat will die Stadt die Männer und Frauen vergüten, die sich für den Erzieherberuf entscheiden und in einer städtischen Kita eingestellt werden. „Es kann doch nicht sein und ist ungerecht, dass wir als öffentlicher Arbeitgeber unserem Verwaltungsnachwuchs vom ersten Tag der Ausbildung an eine Vergütung zahlen, den künftigen Erziehern und Erzieherinnen aber nicht“, sagt Reinders.

Da passt die Fachkräfteoffensive von Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD) prima in die Norderstedter Ausbildungsinitiative, könnte sie die Stadt doch bei der Finanzierung entlasten. Die Ministerin will den Ländern von 2019 bis 2022 insgesamt 300 Millionen Euro über ein Bundesprogramm zur Verfügung stellen, um dem Mangel an Fachkräften in den Kitas zu lindern. „Es muss attraktiver werden, eine Ausbildung anzufangen, sie abzuschließen und danach im Beruf zu bleiben“, sagte Giffey. Das Wirtschaftsforschungsinstitut Prognos habe ausgerechnet, dass bis zum Jahr 2025 bundesweit bis zu 191.000 Erzieher fehlen würden.

„Interessant ist, dass die Ministerin auch Geld zur Verfügung stellen will, damit Erzieher zu Anleitern qualifiziert werden, eine wesentliche Voraussetzung, damit die Ausbildung in den Kitas funktioniert“, sagt die Dezernentin. Außerdem will Giffey Aufstiegschancen für Erzieher schaffen und Fachkräfte finanziell fördern, die eine Zusatzqualifikation erworben haben und mit einer besonderen Aufgabe betraut werden können.

„Wir müssen mit dem Land noch Details der künftigen Ausbildung klären“, sagt die Dezernentin. Klar sei schon, dass die Berufsbildungszentren (BBZ) in Norderstedt und Bad Segeberg den Erziehernachwuchs in Kooperation ausbilden werden. Das BBZ in Norderstedt stellt die Räume, das Bildungspendant in der Kreisstadt die Lehrer.

Ihre Kompetenzen werden die künftigen Erzieher und Erzieherinnen nach dem Modell der praxisintegrierten Ausbildung erwerben – drei Tage Theorie in der Schule, zwei Tage Kita-Alltag in einer Einrichtung, und das drei Jahre lang. Das Betreuungspersonal in spe wird von einer Kita eingestellt und erlebt dort im Wesentlichen die berufliche Praxis.

„Dabei denken wir nicht nur an unsere städtischen Kitas, auch private Träger wie der „Verein der Kinder wegen“ können sich an der integrierten Ausbildung beteiligen und damit gleich ihren eigenen Personalnachwuchs heranziehen“, sagt die Sozialdezernentin, die ein Problem für die Ausbildungseinrichtungen aufzeigt: Es gebe keine Garantie, dass die Erzieher nach dem Examen in ihrer Ausbildungs-Kita bleiben und die Einrichtung von der Investition in den Nachwuchs auch tatsächlich profitiert. Hamburg ist der nahe und große Konkurrent, in der Metropole werden die Betreuungskräfte besser bezahlt. „Da können wir nur mit guten Arbeitsbedingungen gegenhalten“, sagt Reinders.

Die 20 Plätze, mit denen die praxisintegrierte Ausbildung starten wird, sollen aber nicht nur Kitas in Norderstedt vorbehalten bleiben. Auch die Städte und Gemeinden im Umland, die genauso wie Norderstedt vom Fachkräftemangel betroffen sind, können ihren Erziehernachwuchs in Norderstedt ausbilden lassen. „Henstedt-Ulzburg hat schon Interesse bekundet“, sagt Anette Reinders.