Norderstedt. Streit im Norderstedter Stadtpark erreicht nächste Eskalationsstufe: Pächter sehen „Sammelsurium an Straftaten“ und erstatten Anzeige.

Der Streit im Norderstedter Stadtpark erreicht die nächste Eskalationsstufe: Die Betreiber des Strandhauses haben Strafanzeige gegen Stadtwerke-Chef Jens Seedorff und Henning Kinkhorst, dem Geschäftsführer der PED Verwaltungsgesellschaft mbH, gestellt. „Wir haben den Verdacht, dass ein Sammelsurium an Straftaten begangen worden ist“, sagt Christoph Clauß, kaufmännischer Leiter des Strandhauses.

Der jüngste Beschluss des Oberlandesgerichts Schleswig bestärkte das Strandhaus-Team in seiner Ansicht. In den Anzeigen geht es unter anderem um den Verdacht der üblen Nachrede, versuchte Nötigung, Falschaussagen und Prozessbetrug. „Sie müssen zur Rechenschaft gezogen werden“, fordern die Pächter.

Hintergrund der Strafanzeige ist ein Rechtsstreit zwischen den Strandhaus-Betreibern und den Stadtwerken, der seit über einem Jahr läuft. Im Mai 2020 wurde der Pachtvertrag mit Janett und Aydin Farhadi von Ex-Arriba-Chef Ruud Swaen um 20 weitere Jahre verlängert – allerdings ohne Wissen seines Arbeitgebers, den Norderstedter Stadtwerken. Swaen musste daraufhin das Unternehmen verlassen. Seitdem setzen die Stadtwerke alles daran, den Vertrag ungültig zu machen. Bisher ohne Erfolg. Die mehr als zehn Kündigungen für die Pächter waren zivilrechtlich unwirksam.

Die Pächter sollten den Vertrag zerreißen

„Wir waren immer zu einer Einigung bereit“, betont Christoph Clauß. Sie hätten sich auch auf eine halbierte Vertragslaufzeit von zehn Jahren eingelassen. Doch das sei nicht gewollt gewesen. Stattdessen hätte Werkleiter Jens Seedorff nach Aussagen des Strandhauses in einem Gespräch im Oktober 2020 angedroht, es zu einem Nachprüfungsverfahren kommen zu lassen, sollten die Pächter den Vertrag nicht zerreißen.

Ausgelöst wird so ein Verfahren, wenn die öffentliche Hand Aufträge – in diesem Fall die Strandhaus-Pacht – nicht ausgeschrieben hat und sich andere Unternehmen ausgebootet fühlen. Mit der Androhung des Verfahrens bezichtigten sich die Stadtwerke also quasi selbst, einen Fehler gemacht zu haben. Tatsächlich tauchte plötzlich die PED Verwaltungsgesellschaft mbH auf, bekundete ihr Interesse an der Strandhaus-Gastronomie und klagte vor der Vergabekammer – und bekam recht. Der alte 20-Jahre-Vertrag der Farhadis wäre damit nichtig gewesen. „Die Stadtwerke haben jemanden gesucht, der sie verklagt“, ist sich das Strandhaus-Team sicher. „Woher wusste PED sonst von der Vertragsverlängerung?“

Die Farhadis legten Beschwerde beim Oberlandesgericht ein – und nun gab der Senat ihnen recht und kassierte den Beschluss der Vergabekammer. Zwar sprach das Gericht von der „möglicherweise nur eingeschränkten Glaubwürdigkeit“ der Zeugen Farhadi und Clauß, sah in ihnen aber auch „fähige und organisatorisch begabte Gastronomen“ und pflichtete ihren Vorbehalten gegen das Vorgehen der Stadtwerke und der Rolle von PED mit eindeutiger Begründung bei: Das Gericht bezeichnete die Firma PED als „verlängerten Arm“ der Stadtwerke. Der äußere Anschein spräche dafür, dass die Firma auf Initiative der Stadtwerke tätig geworden sei.

Jens Seedorff werfen die Pächter zudem den Verdacht der versuchten Nötigung vor. Anfang des Jahres sei dem Team der Zugang zu ihren Büroräumen im Strandhaus abgeschnitten worden, berichtet Christoph Clauß. „Wir haben vor dem Landgericht Kiel eine Einstweilige Verfügung erwirkt. Trotzdem konnten wir wochenlang nicht in unsere Geschäftsräume.“

Arriba-Chef Ruud Swaen sollte eine Lösung finden

Ein weiterer schwerer Vorwurf, der in der Anzeige erhoben wird: Steuergelder aus dem Arriba-Haushalt sollen an die Gastronomin Anne Rumpel gezahlt worden sein. Im Stadtpark Norderstedt existieren zwei sich widersprechende Verträge – zum einen der Pachtvertrag der Farhadis, zum anderen wird Anne Rumpel, die Betreiberin des „Spotz“ und der Wasserski-Anlage, das Recht zugesichert, über das gastronomische Angebot im Park zu bestimmen.

Nach Aussagen der Strandhaus-Pächter verlangte Rumpel nach Jahren der guten Co-Existenz plötzlich für jede öffentliche Veranstaltung im Strandhaus – Afterwork-Partys oder Lesungen – 350 Euro Umsatzbeteiligung und für jeden Monat „WinterWonderland“, das 2019 vom Strandhaus veranstaltet wurde, 7500 Euro. „Wir waren maximal irritiert, dass solche Forderungen gestellt wurden. Wir hatten keinen Vertrag mit Frau Rumpel. Warum sollten wir ihr Geld bezahlen?“, meint Christoph Clauß.

Um die Wogen zu glätten, soll Jens Seedorff den damaligen Arriba-Chef Ruud Swaen beauftragt haben, eine Lösung zu finden. Und die sah nach Angaben des Strandhauses so aus, dass das Arriba dem „Spotz“ eine Sponsoring-Leistung von 20.000 Euro gezahlt haben soll.

Die Stadtwerke möchten zu dieser Anschuldigung im Speziellen sowie der Strafanzeige keine Stellung nehmen.

Für den Vorsitzenden des Hauptausschusses der Stadtvertretung, Peter Holle, steht nun der Verdacht im Raum, dass Steuergelder verschwendet wurden. Auf seine umfangreiche Anfrage zum Thema hat er bislang von der Stadtverwaltung nur nichtöffentlich Antworten bekommen – mit Verweis auf personalrechtliche Zwänge. „Das Thema ist aber von großem öffentlichen Interesse. Deswegen werde ich nun der Verwaltung zeitnah Fragen stellen, die öffentlich beantwortet werden können. Die Affäre muss restlos aufgeklärt werden.“