Norderstedt. Christian Leder, Betreiber der größten Einrichtungen im Kreis, sieht sich allein gelassen – er geht mit 450.000 Euro in Vorleistung.

Online buchen, vor Ort gratis den Abstrich nehmen lassen, 15 Minuten warten: Diese Abläufe kennen viele Menschen mittlerweile aus den Corona-Schnelltestzentren. Allein in den beiden Einrichtungen von First & Safe im Norderstedter Kulturwerk und am Kirchweg in Henstedt-Ulzburg nehmen pro Tag mehr als 1000 Personen das vorerst bis 30. Juni geltende Angebot wahr. Gerade zu Wochenenden oder vor Feiertagen sind oft alle Termine vergeben. Was die – sofern negativ getesteten – zufriedenen Besucher allerdings nicht mitbekommen: Das System der Abrechnung stellt Betreiber wie Christian Leder, den Geschäftsführer von First & Safe, vor erhebliche Probleme.

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Abrechnungen werden nicht einzeln bearbeitet

„Gemäß Testverordnung des Bundes dürfen wir im Folgemonat den letzten Monat abrechnen und haben dann ein Zahlungsziel von zwei Monaten“, sagt er. Das heißt in der Praxis: Die Zusammenstellung für den März haben Leder und sein Team Anfang April gemacht. Diese wird an die zuständige Kassenärztliche Vereinigung Schleswig-Holstein übermittelt, die wiederum als Dienstleister die Abrechnungen an das zuständige Bundesamt für Soziale Sicherung weiterleitet.

Allerdings erst Anfang Mai, vorher werden die Daten lediglich gesammelt, die Rechnungen werden nicht einzeln bearbeitet. Das Geld wird dann voraussichtlich Mitte Mai ausgezahlt – und zwar wieder an die KVSH. Erst im nächsten Schritt geht die Überweisung an die Betreiber der Zentren, der Rechnungslauf dauert also tatsächlich acht Wochen.

Leder hat aber eigene Lieferanten zu bezahlen, seine Mitarbeiter, die allesamt qualifiziertes medizinisches Personal sind, wollen ihre Gehälter bekommen. Er fühlt sich etwas allein gelassen. „Seit Anfang März, als wir mit den Bürgertests angefangen haben, müssen wir die drei Monate bis Juni überbrücken. Ich gehe dafür mit 450.000 Euro in Vorleistung. Das ist eine Herausforderung. Was schlimmer ist: Wir können keine weiteren Testzentren eröffnen.“ Anfragen gebe es einige.

Vor Corona bot First & Safe medizinische Schulungen an

Pro Schnelltest kann Leder zwölf Euro abrechnen, dazu bis zu sechs Euro brutto für das Material. Der PCR-Nachweis – bei vorherigem positiven Schnelltest ebenso umsonst für die Bevölkerung – hat einen Tarif von 50,50 Euro. „Davon zahlen wir 42 Euro an das Labor.“ Wirtschaftlich sinnvoll sind die Zentren nur über die Masse. Vor der Pandemie hatte First & Safe medizinische Schulungen, etwa für Erste Hilfe, durchgeführt. Das liegt weiterhin weitgehend brach, nur vereinzelt melden sich Unternehmen – doch solange die Impfquote in der Bevölkerung nicht deutlich höher ist, haben viele Firmen Angst vor Corona-Ausbrüchen, sollten sich mehrere Mitarbeiter zusammen in einem Raum aufhalten.

Zunehmend buchen Firmen mobile Testteams

Dafür nimmt die Zahl jener Unternehmen zu, die ihre Belegschaft testen lassen wollen. Anlass ist die bundesweit gültige, im Sinne des Infektionsschutzes geänderte Arbeitsschutzverordnung. „Wir fahren jetzt auch viel in die Firmen, die nun verpflichtet sind, Tests anzubieten. Es sind 50, 60 Unternehmen, vom kleinen Betrieb mit 20 Mitarbeitern bis hin zu welchen mit 200 Mitarbeitern. Die lassen dann um 9 Uhr mal die Arbeit ruhen, sind um 9.30 Uhr wieder fertig.“

Zuvor hatten mobile Teams von First & Safe vielerorts Beschäftigte von Kitas und Schulen getestet, ehe das Land hier die Strategie in Richtung der Selbsttests änderte. Dafür sieht Christian Leder vermehrt, dass Familien – gerade mit Grundschulkindern – in die Zentren kommen, dies also als Alternative zu häuslichen Tests oder jenen in den Schulen sehen. „Die wollen, dass wir das machen, und sie bringen ihre Kinder mit. Und soweit ich das weiß, sehen die Schulen das entspannt, wenn sie dann eine Bescheinigung mitbringen.“

Doch auch für diese Tests wird Christian Leder nur verzögert Geld erhalten. Wenigstens eine zeitnahe Abschlagszahlung in Höhe von vielleicht 50 Prozent, das würde ihm helfen. Und tatsächlich hatte Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) am 9. April in der Berliner Bundespressekonferenz von „monatlichen Abschlagszahlungen“ gesprochen.

Die KVSH sieht keine Chance auf ein schnelleres Verfahren

In der Realität findet das aber eben nicht statt. Delf Kröger, bei der KVSH Abteilungsleiter für gesundheitspolitische Fragen, sagt, dass sich die Vereinigung an die rechtlichen Vorgaben halte. Man sei nur der Dienstleister zwischen den Testzentren und dem Bundesamt. „Wir sind nicht für inhaltliche Fragen zuständig.“ Er verstehe das Anliegen des Betreibers. Aber: „Wenn man sagt, dass es Abschlagszahlungen geben soll, woher kommt dann dieses Geld? Wir haben dafür keine Eigenmittel.“ Das könnte nur durch eine Gesetzesänderung neu geregelt werden, so etwas sei aber nicht in Vorbereitung.

Hoffnung, dass sich kurzfristig etwas an dem Verfahren ändert, hat Christian Leder demnach nicht. Und dass sich Betreiber zusammenschließen und gemeinsam ihre Interessen vertreten, ist unwahrscheinlich. Die Branche ist dafür zu neu und auch zu heterogen. „Es ist tendenziell ja eher ein Gegeneinander, die Zentren stehen in Konkurrenz.“