Norderstedt. 2020 war für den Reisemobilmarkt ein Rekordjahr. Auch 2021 boomt die Branche. Warum das für Vermieter nicht nur von Vorteil ist.
Reisemobil-Anbieter zählten 2020 zu den Gewinnern der Corona-Krise. Nach dem ersten Lockdown im Frühjahr gab es einen regelrechten Run auf die Fahrzeuge – auch Norderstedter Anbieter profitierten. „2020 ist definitiv sehr gut gelaufen“, sagt Tania Lencer, Geschäftsführerin von Lundberg Reisemobile. Nicole Samatin von MS Caravaning an der Segeberger Chaussee spricht sogar von einem der besten Jahre überhaupt.
Lange Wartezeiten für Neuzulassungen möglich
Auch Ansgar Matscheck will auf das „Erfolgsmobil“ aufspringen. Seit Ende 2020 vermietet der 40-Jährige in Norderstedt Wohnmobile. Bei „Alster Camper“ sollen die Kunden und Kundinnen bald zwischen drei Modellen wählen können.
Derzeit steht Matscheck allerdings nur ein Fahrzeug zur Verfügung. „Durch den Ansturm auf die Wohnmobilbranche kommen unsere bestellten Mobile verzögert bei uns an“, sagt er. Sein bisher einziges Wohnmobil habe er aber schon erfolgreich vermieten können – an einen Geschäftsreisenden, der kein Hotelzimmer an der Ostsee bekommen hatte.
Noch seien potenzielle Kunden und Kundinnen, die überwiegend aus Hamburg und Umgebung kommen, zögerlich. Etwa 30 Anfragen seien bereits eingegangen, deutlich weniger Buchungen seien jedoch abgeschlossen worden. „Für die Vermieter ist der Lockdown hart. Durch die Reisebeschränkungen stehen Mobile und verursachen dadurch Kosten.“ Die Wohnmobilbranche boome zwar, davon profitiere derzeit allerdings eher der Verkauf.
Fahrzeuge werden teils verspätet geliefert
Laut dem Caravaning Industrie Verband (CIVD) wurden im vergangenen Jahr 78.055 Reisemobile neu zugelassen. Gegenüber dem Vorjahr bedeutet das ein Wachstum von 44,8 Prozent. Für Januar liegen dem CIVD noch keine Zahlen vor, sagt dessen Sprecher Marc Dreckmeier. „Da warten wir noch selbst drauf. Wir müssen schauen, inwiefern Neuzulassungen überhaupt möglich sind“, so Dreckmeier. Denn Kunden müssen 2021 mit längeren Wartezeiten rechnen. „Letztes Jahr wurden viele Fahrzeuge verkauft, und die Auftragsbücher sind voll“, so Dreckmeier.
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Er rechnet jedoch damit, dass Interessenten nicht vergeblich auf ihre Fahrzeuge warten. Grundsätzlich laufe die Produktion gut. Das eine oder andere Mal könne es jedoch sein, dass Hersteller auf ihre Zulieferer warten müssten. Bestimmte Teile könnten im Lockdown nicht oder nur langsamer hergestellt werden.
Auch Tania Lencer bestätigt, dass Fahrzeuge derzeit teilweise verspätet geliefert werden. Für sie und ihr Team sei das weniger problematisch, da das neue Jahr nur schleppend anlaufe. „Es ist Anfang Februar, auf den Straßen liegt Schnee und es ist Lockdown. Das heißt, wir haben keinen persönlichen Kundenkontakt beziehungsweise nur über Telefon und E-Mail.“
Ein Verkauf ohne persönliche Gespräche ist schwierig
Die Mieter seien zum Teil verunsichert. „Sie wissen nicht, wann und ob sie so reisen können, wie sie sich das vorstellen“, sagt die Lundberg-Geschäftsführerin. Grundsätzlich sei das Interesse an der Vermietung aber vorhanden. Gleiches gelte für den Verkauf. Ohne persönlichen Kundenkontakt sei es jedoch schwierig, den Verkauf zum Abschluss zu bringen. „Sich das Fahrzeug vorher einmal anzuschauen, um sich ein eigenes Bild zu verschaffen, gehört natürlich eigentlich dazu.“
Lencer zeigt sich dennoch optimistisch. „Die individuelle Art zu reisen gibt den Leuten Sicherheit. Sie können in ihren eigenen vier Wänden unterwegs sein und müssen sich nicht in großen Menschenmengen bewegen. Wir warten auf den Tag, dass wir wieder Kundinnen empfangen dürfen.“
Das Team von MS Caravaning an der Segeberger Chaussee kann seine Fahrzeuge derzeit ebenfalls nur online verkaufen. Die Nachfrage sei jedoch ungebrochen hoch. Auch 2021 rechnen Nicole Samatin und ihre Kollegen daher mit guten Verkaufszahlen: „Die Leute wissen ja nicht, wann und ob sie wieder in den Flieger steigen können. Campen wird da eher möglich sein“.
Im Moment stehen nur ungefähr 20 Fahrzeuge am Firmensitz an der Segeberger Chaussee. „Wir sind schon gut ausverkauft“, sagt Samatin. In den kommenden Wochen sollen die neuen Wohnwagen und Reisemobile geliefert werden.
Ansgar Matscheck, der selbst gerne im Wohnmobil unterwegs ist, fiebert derweil dem Ende des Lockdowns entgegen: „Die Leute stehen in den Startlöchern. Jeder will eigentlich nur noch raus und weg!“